Der französische PSA-Konzern und der italienisch-amerikanische Automobilhersteller FCA gehen künftig gemeinsame Wege. Angestrebt wird eine Fusion unter Gleichen mit einer Muttergesellschaft in den Niederlanden. Unter Gleichen heisst, dass beide Konzerne an der Börse ähnlich viel wert sind (PSA 25.5 Mrd., FCA 22 Mrd. Franken). Durch die Fusion entsteht der weltweit viertgrösste Hersteller hinter Volkswagen, Toyota und Hyundai mit einem Absatz von rund 8.7 Millionen Fahrzeugen pro Jahr und einem Umsatz von rund 190 Milliarden Franken. PSA-Chef Carlos Tavares wird den neuen Giganten als Vorstandsvorsitzender führen. Der FCA-Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann, Enkel des langjährigen Fiat-Bosses Giovanni Agnelli, übernimmt diese Rolle auch im neuen Unternehmen. Über die Modalitäten des Zusammenschlusses scheint Einigkeit zu herrschen, sodass die Trauung binnen weniger Wochen offiziell vollzogen werden sollte.
Flottenverbrauch senken
Unlängst noch hatte FCA mit der Renault-Gruppe angebandelt und auf eine Vereinigung hingewirkt. FCA braucht im Rahmen der exorbitant kostenaufwändigen Elektrifizierungs- und Digitalisierungswelle, die durch die Branche rauscht, einen Partner mit entsprechenden Kompetenzen und Modellen. Vor allem auch, um die zusehends strenger werdenden Abgasnormen einzuhalten respektive Bussen in Milliardenhöhe bei Nichteinhalten zu vermeiden. Als Teil von PSA ist FCA fortan Teil einer Flotte mit viel Elektrokompetenz und kommt dank der E-Modelle ungeschoren davon. Auf sich allein gestellt stünden die Italoamerikaner in dieser Hinsicht irgendwo im Nirgendwo.
Als Gegenleistung kann FCA vorab dank seiner Marken Jeep, Ram, Chrysler und Dodge ein dichtes Vertriebsnetz in den USA in die Ehe einbringen. Auf diese Weise wiederum kann PSA mit dieser Fusion eine eigene Schwäche eliminieren. Was indes die Modellpalette selbst angeht, gibt es bei Ram und Jeep bisher wenig erkennbare Synergieeffekte mit Peugeot, Citroën oder Opel. Insofern sind da noch reichlich Investitionen in neue Modelle zu erwarten.
Frankreich diesmal dabei
Nachdem die französische Regierung beim angepeilten Deal zwischen FCA und der Renault-Gruppe noch eine matchentscheidende Rolle beim finalen Scheitern gespielt hatte – weil etwa Arbeitsplatz- und Standortgarantien ausbedungen worden waren –, ist Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire dem Vorhaben diesmal betont wohlgesinnt. «Eine sehr schöne Fusion», sagt er. Und: «Das ist eine gute Nachricht für die französische Industrie, das ist eine gute Nachricht für die europäische Industrie.» Frankreich hielt bisher über eine Förderbank 12.23 Prozent der Anteile von PSA und 9.75 Prozent der Stimmrechte. Bei Renault beträgt der Staatsanteil 15 Prozent.
Durch den paritätischen Rahmen, innerhalb dessen sich dieser Zusammenschluss von FCA und PSA abwickeln soll, verändern sich auch die Besitzverhältnisse. Der Anteil der französischen Regierung am neuen FCA/PSA-Konzern – der Name steht noch nicht fest – verringert sich auf sechs Prozent. Genauso bei der Peugeot-Familie und beim chinesischen Hersteller und Miteigner Dongfeng, deren Anteile sich von rund zwölf auf ebenfalls rund sechs Prozent vermindern. Die Agnelli-Familie wahrt über ihre Finanzholding Exor 14.5 Prozent des Kapitals.
Hohe Synergieeffekte
Am Steuer des neuen Giganten am Autohimmel, der mit Peugeot, Opel, Citroën, DS, Abarth, Alfa Romeo, Dodge, Fiat, Jeep, Lancia, Maserati und Ram nicht weniger als zwölf Marken umfasst, sitzt wie erwähnt der 61-jährige Hobbyrennfahrer Carlos Tavares. Dieser verspricht sich Synergieeffekte von jährlich rund gut vier Milliarden Franken. Geld, das der Konzern in das viele Neue – zum Beispiel das autonome Fahren und alternative Antriebe – respektive dessen Entwicklung investieren kann. Freilich rechnen die Partner vorerst mit Kosten für die Hochzeitsfeier von rund drei Milliarden Franken. Allein: «Das Zusammengehen bringt einen bedeutenden Wert für alle Betroffenen und eröffnet dem kombinierten Unternehmen eine glänzende Zukunft», sagt Tavares. 80 Prozent der Synergien indes werde das fusionierte Unternehmen erst ab dem Ende des vierten Jahres nach Abschluss der Fusion erzielen.
Fabrikschliessungen sind keine vorgesehen. Dass es zu einem Personalabbau kommt, ist in solchen Fällen trotzdem nie ausgeschlossen. Nach der Fusion wären bei PSA/FCA rund 400 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angestellt. Experten gehen davon aus, dass eher auf PSA-Seite reduziert würde, da FCA weniger Personal beschäftigt. Zwar gibt es auch bei Fiat massive Überkapazitäten, freilich sind diese dank starker Gewerkschaften nur schwer abzubauen. Die italienische Metallgewerkschaft hat schon gefordert, dass keine Stellen gestrichen werden.
Nicht wirklich pessimistisch
Fast in jedem Auto der Welt finden sich Komponenten, die von einer Schweizer Firma produziert sind. In einem ohnehin schwierigen Umfeld, in dem der Handelskrieg zwischen den USA und China global auf die Absatzmärkte drückt und die neuen Elektromotoren viel weniger Teile benötigen als Verbrenner, sorgen Megafusionen wie die zwischen Fiat Chrysler Automobiles und der PSA-Gruppe immer auch für einen gewissen Kostendruck. Feintool mit Hauptsitz in Lyss BE beliefert sowohl FCA wie auch PSA mit verschiedenen Teilen für Motoren, Getriebe und Fahrwerke. Die Berner Seeländer sehen die Fusion indes nicht wirklich als eine Bedrohung, sondern durchaus auch als eine Chance. Ähnlich tönt es von anderen Zulieferunternehmen wie Ems oder Autoneum. In der Tat ist es ja nicht so, dass durch eine solche Fusion weniger Autos gebaut werden sollen – ganz im Gegenteil. Allein, es beeinflusst natürlich den Preis oder genauer gesagt die Marge, wenn ein Hersteller 100 Millionen Stück eines Teils für alle Konzernmarken ordert, als wenn zwei Hersteller je 50 Millionen bestellen. Andererseits kann es sich für die Zulieferer wirtschaftlich durchaus auch günstig auswirken, wenn von wenigen Teilen viel mehr bestellt werden als von vielen Teilen weniger.