Genau 200 Exemplare der manuell geschalteten Variante des über 300 km/h schnellen Vantage hat Aston Martin für den Markt weltweit aufgelegt – plus sieben Stück für Fahrpräsentationen. Und genau diese sieben standen im Aston Martin Performance Centre am Nürburgring in der Eifel (D) zu Testfahrten bereit – auf sorgfältig ausgewählten Routen, die sämtliche sportwagentauglichen Strassenarten umfassten, ausser Feldwegen, versteht sich. Aston Martin dokumentiert mit diesem Auto, dass es noch Fans gibt, die einen so exklusiven Edelsportwagen auch im Zeitalter präziser Automatikgetriebe, in denen die Elektronik entscheidet, was zu geschehen hat, handgeschaltet bewegen wollen. Oder gerade darum. Denn die Elektronik erleichtert das Beherrschen eines Boliden wie des Vantage ungemein. Und deshalb ist das Fahren damit keine Herausforderung mehr. Könnte man meinen. Andererseits ist für viele Autofahrer heutzutage das manuelle Schalten durchaus eine Herausforderung, denn sie beginnen bereits zu vergessen, dass es so etwas dereinst gab. Ausschlaggebend sind das Graziano-Getriebe und der damit verbundene Schaltknüppel, mit dem sieben Gänge in ihre Gassen geschoben werden müssen. Der erste Gang liegt unterhalb des Rückwärtsganges ganz links, weiter folgen im Doppel-H Gang zwei oben und drei unten usw. bis zum siebten Gang rechts unten. Das Getriebe, erklärte der AM-Techniker, sei im Vergleich zum Automatikgetriebe um 70 Kilogramm leichter, zudem sei das Drehmoment etwas verringert worden (auf 625 Nm), um der Kupplung und dem Getriebe nicht zu viel Gewalteinwirkung zuzumuten. Und der erste Gang sei zusätzlich drehzahlbegrenzt.
Interieur und Exterieur
Von aussen, wie könnte es anders sein, ist der Vantage elegant-sportlich anzusehen, breite hintere Kotflügel über den geschmiedeten 20-Zoll-Rädern signalisieren Sprintbereitschaft. Am schönsten fanden wir die dezent dunkelblaue Ausführung mit weissen Applikationen unterhalb des Frontspoilers und des Diffusors am Heck, beide aus gewichts-sparendem Karbon. In der Hyper-Red-Variante dienten dagegen rote Bremssättel hinter grossen Speichenrädern als Blickfang. Mit anderen Worten: Mit einer Reihe von insgesamt fünf Ausstattungspaketen kann man sich seinen individuellen Vantage aufhübschen. Am liebsten aber hätten wir einen in Stirling-Grün gehabt, den ein hellgrüner Lime-Streifen in der Mitte der Kühlerhaube ziert – weil englische Sportwagen eben irgendwie immer racinggrün sein müssen. Den gabs aber nicht zum Probefahren. Exakt 59 Exemplare bilden im Gedenken an den Sieg eines AM DBR1 an den 24 Stunden von Le Mans (F) im Jahr 1959 eine Sonderserie innerhalb der 200er-Auflage (s. Kasten rechts oben). Innen herrschen (im Testfahrzeug in Sabiro Blue) die Farbe Schwarz, viel Alcantara und etwas Karbon vor. Was die Instrumentierung anbelangt, beschränkt sich Aston Martin auf das Nötigste, auch das Navi ist eher bescheiden, aber funktional und gut ablesbar. Die Sitze sind tief, mit genügend Seitenhalt und ebenso elektrisch einstellbar wie das Multifunktionslenkrad. Kurz: Die Bedienbarkeit ist in Ordnung, aussen ist der Vantage schick, innen sportlich-spartanisch.
Also: Fahren!
Um den Achtzylinder anzuwerfen, was per Startknopf geschieht, sind Kupplung und Bremse gleichzeitig zu treten – ja, natürlich hat dieser Vantage ein Kupplungspedal. Kennt man noch von früher. Das sofort einsetzende Motorengeräusch liegt irgendwo zwischen Grummeln und verhaltenem Brüllen. Musik in den Ohren eines Sportwagenfahrers. Zwei winzige Wippen am Lenkrad dienen der Einstellung der Fahrprogramme Sport, Sport+ und Track beziehungsweise der dazugehörigen Stossdämpfer-Einstellungen. So weit, so gut. Um die Fahrbedingungen gleich mal klarzustellen: Ein englischer Sportwagen verlangt englisches Wetter, also Regen und Nebel. Das gibt es in der Eifel gratis. Aber: Das würde auch die Fahrbedingungen entsprechend verändern. «Schade», sagte der Mitfahrer auf der regennassen, aber nicht geschwindigkeitsbegrenzten Autobahn A1, «ich wäre gerne mal 300 km/h mit ihm gefahren.» Das befanden wir beide denn doch zu riskant. Dafür war die Agilität auf den Bundes- und Landstrassen mehr oder weniger guter Qualität gut zu testen, und schnell war klar: Dieses Auto kann auch wild sein. Erst ist keine Heckschleuder, weil die dynamische Stabilitätskontrolle schnell eingreift, bevor es kritisch wird. Aber Andeutungen kleiner Bocksprünge beim Herausbeschleunigen aus der Kurve trotz fast optimaler Lastenverteilung von 50:50 reichten als Warnung, dass man es im öffentlichen Strassenverkehr gemässigter angehen sollte. Und das bereits beim Sport-Modus. Ein Vorteil?
Der Sport+-Modus sorgte neben einer härteren Federung (falls das überhaupt noch geht) für noch aggressivere Beschleunigung. Ein bisschen schwergängig erwies sich die direkte Lenkung, die wenig von der Strasse zurückgab, andererseits aber half, das Auto in den wechselnden Kurven ruhig zu halten. Schnelles Kurvenwedeln verlangte flinke Schaltarbeit, die erst nach etwa einer Dreiviertelstunde Umgang mit der ungewohnten Schaltkulisse zur Routine werden wollten. Ach, und der Sound des AMG V8 dazu: Einfach bombastisch! Man kann zu den supersensiblen Automatikschaltungen stehen, wie man will. Aber das manuelle Fahren bietet schlicht und einfach viel, viel mehr Spass. Ein ganz grosser Vorteil. Man fährt mit dem Auto, und nicht umgekehrt. Da ist es auch egal, wenn am Ende das Hemd durchgeschwitzt ist. Fahren auf dem Trockenen kann jeder! Fest steht, dass der Aston Martin Vantage AMR beherrscht werden will und keine Fehler verzeiht, alternativ aber auch zahm wie ein Lämmchen durch die Landschaft galoppieren kann. Auch das ein Vorteil. Und wen der Benzinverbrauch interessieren sollte: Auf der Teststrecke von rund 300 Kilometern verbrannte der Aston Martin Vantage AMR knapp 15 Liter auf 100 Kilometer.
Sonderedition 59 bereits ausverkauft
«Die letzten 59 Exemplare der AMR-200er- Serie wurden anlässlich des 60. Jahrestags des Triumphs von Aston Martin bei den 24 Stunden von Le Mans im Jahr 1959 (mit dem DBR1) als Sonderedition hergestellt», schreibt Aston Martin. Sie wird passend Vantage 59 genannt und zeichnet sich durch eine Aussenlackierung in den Farben Stirling Green und Lime sowie ein Interieur in Dark-Knight-Leder und -Alcantara mit Lime-Streifen und -Stickerei aus. Das Paket war für Kunden weltweit auf einer First-come-first-serve-Basis erhältlich. «Da der Vantage GTE im Juni bei den 24 Stunden von Le Mans erneut am Start sein wird, hoffe ich, dass diejenigen Kunden, die das Glück haben, einen Vantage 59 zu erwerben, jetzt noch mehr Grund haben, uns dabei anzufeuern», sagte Andy Palmer, Präsident und CEO von Aston Martin Lagonda noch vor der Präsentation des handgeschalteten AMR. Die Ausstattung der Serie 59 ist standesgemäss exklusiv – abgesehen vom edlen Lack Stirling Green – und schon bei der Standardvariante sehr umfangreich. Alles hier aufzuführen führte zu weit, zumal dazu noch eine ganze Reihe Optionen zur Verfügung stünden. Fenstereinfassungen, Kühlergrill und Auspuffanlage sind mattschwarz, die AMR-20-Zoll-Felgen in strukturiertem Schwarz gehalten. Über die unendlich lange Kühlerhaube und das Dach bis zum Heck zieht sich mittig ein zitronengelber Streifen (Lime), an dessen Spitze oberhalb des Aston-Martin-Logos in Emaille dezent die Zahl 59 prangt. Diese Zahl ist an vielen Stellen zu finden, so etwa in Form eines gestickten, silberfarbenen Logos auf den Sports-Plus-Sitzen. Einen neckischen Kontrast zu den schwarzen Felgen bilden die Lime-gelb lackierten Bremssättel auf den Keramik-Brems-scheiben, aber auch die Lime-gelbe Kühlergrilleinfassung oder die Diffusoren am Heck. Letzteres werden wohl die meisten Autofahrer auf der Autobahn häufiger zu sehen bekommen als das Haufischmaul des AMR. Ach ja, zum Schluss vielleicht doch noch ein paar optionale Funktionen: Wer es wünschte, bekam gegen Aufpreis ein Premium-Audiosystem, beheizte Sitze mit 16-fach-Verstellung, geschlossene Stauräume und Armlehnen und zu guter Letzt einen Garagentüröffner.