Die Freiheit der Wahl

KOMPAKTMODELL AUS SOCHAUX Mit einem aufwendigen Design und neuem Chassis lässt der Peugeot 208 die Wahl zwischen Verbrennermotoren und Elektroantrieb.

Der bekannte Designchef Gilles Vidal bekam von Peugeot die Carte blanche, als es darum ging, das Model 208 neu aufzulegen und damit auch wiederzubeleben. Den 208 gibt es seit 2012, im Sommer 2015 bekam er ein Facelift, ehe dieses Jahr in Genf die neue Version vorgestellt wurde. Der neue 208 kommt auch tatsächlich neu daher – bis hin zur Technik. Was bleibt und was ändert sich? Fester Bestandteil des Bestsellers 208 mit über sechs Millionen Stück in neun unterschiedlichen Modellen bleibt auch in der jüngsten Version das i-Cockpit. Leider wurden nicht alle Schwachstellen beseitigt, denn der Lenkradkranz gewährt noch immer keinen freien Ausblick auf alle Instrumente, welche bei den Topmodellen ab sofort mit einem gelungenen 3D-Look daherkommen. Ein weiterer Pluspunkt ist der dem Fahrer zugewandte zehn Zoll grosse Bildschirm, der über mehrere hochwertige Pianotasten bedient wird. Die einzelnen Menüs des Infotainments (Navigation, Medien, Telefon usw.) können über Touchscreen-Tasten direkt angewählt werden. Gut durchdacht! So schwindet der Unterschied zu den Premiummodellen immer mehr. Die Verarbeitung des 208 ist nicht nur ausgezeichnet, sondern sie umfasst auch hochwertige Materialien. Im Innenraum wiederholt sich die Schrumpfungskur des 508 SW, das Gepäckabteil des Citycars beträgt lediglich 311 Liter. Vergessen wir nicht, dass der E-208 dieselben Platzverhältnisse bietet wie die Benzin- und Dieselmodelle. In Anbetracht der zahlreichen Batteriemodule in der Bodengruppe ist das eine technische Meisterleistung (s. Interview rechts).

Neue Plattform
Obwohl jeder fünfte 208 mit E-Antrieb verkauft werden soll, wollte Peugeot nicht in eine Plattform für alternativen Antrieb investieren, weil man so flexibler auf die Nachfrage reagieren kann. So kommt die neue Common Modular Platform (CMP) in allen Versionen der PSA-Kompaktmodelle wie zum Beispiel dem ausgezeichneten Dreizylinder-Benziner 1.2 Puretech (75, 100 und 130 PS) sowie dem Vierzylinder-Diesel 1.5 Blue HDi (100 PS) zum Einsatz. Die Schaltgetriebe (5 Gänge für 75 PS, 6 Gänge für alle anderen Motoren) werden von Peugeot produziert. Aisin liefert die Achtgang-Wandlerautomaten. Den Dieselmotor gibt es ausschliesslich mit Handschaltung. Den E-208 gibt es mit einem 100-kW-Aggregat (136 PS) und 260 Nm. Mit einer Leistung von 50 kWh (entspricht gemäss WLTP 340 Kilometern Reichweite) kann die Batterie an jeder 220-Volt-Haushaltsteckdose sowie Wechselstrom- oder Gleichstrom-Wallbox aufgeladen werden. Der 100-kW-Gleichstrom-Schnelllader ist ebenfalls serienmässig und ermöglicht ein Nachladen von 80 Prozent innerhalb von 30 Minuten. Im E-208 brauchen keine Gänge mehr gewechselt werden.

Für Familien vorstellbar
Auf den unebenen portugiesischen Nebenstrassen zeigt sich der 208 ebenso komfortabel wie dynamisch, ein Verdienst des geringen Gewichts (1023 kg) bei 75 PS. Für die Familie bleibt das Fahrverhalten vernünftig und berechenbar. Der Dreizylinder Puretech mit manuellem Getriebe bietet gute Fahrleistungen als Benziner mit 100 oder 130 PS und überzeugt trotz hakeliger Schaltung. Genauso wie der Schalthebel missfällt aber auch die schwerfällige Lenkung ohne ausreichende Rückmeldung – unerwartet von einer Marke, die mit einer extrem präzisen Lenkung in der Limousine 508 glänzt! Peugeot legte die Dynamik des elektrischen 208 bewusst so aus wie jene der Verbrennermodelle. Laut Sylvain Chéreau, Produktmanager des E-208, sind die Fahrprogramme jedoch von grosser Bedeutung: «Wählen wir Eco, dann kommen wir auf 60 kW und 160 Nm. Im Fahrmodus Normal sind es 80 kW und 220 Nm. Und im Sport-Programm stehen 100 kW und 260 Nm zur Verfügung.» Für alle Fahrprogramme kann die Energierückgewinnung per Wahlhebel in zwei Stärken eingestellt werden: «In D für Drive beträgt die Verzögerung 0.06 g, und in B für Break sind es bereits 0.12 g», erklärt Chéreau. Auf der kurzen Teststrecke von 20 Kilometern gefiel uns der E-208 mit seiner satten und komfortablen Strassenlage. Das ist wohl auch auf sein hohes Gesamtgewicht von 1455 Kilogramm zurückzuführen.

Der neue Peugeot 208 profitiert ästhetisch von den neuesten Stilrichtlinien der Firma aus Sochaux (F). Auf der Rückseite des Autos entsteht so ein schwarzes Band, das die Scheinwerfer verbindet und sich über die i-Cockpit-Schnittstelle fortsetzt.

Langzeitrechnung
Der Elektro-Peugeot kostet im Minimum 34 350 Franken, den 208 mit Verbrennermotor gibt es ab 18 300 Franken. Bei Letzterem betragen aber die Kosten über die gesamte Besitzdauer inklusive Erwerb und Betriebskosten, die Total Cost of Ownership also, genauso viel wie beim E-208, sagt der Hersteller.


«Der Kunde merkt nichts»

Sylvain Chéreau
Sylvain Chéreau, Produktmanager des Peugeot E-208.

Automobil Revue: Wann wurde mit der Entwicklung der aktuellen Common Modular Platform begonnen?
Sylvain Chéreau: Plattformen benötigen eine Entwicklungszeit von ungefähr fünf Jahren. Die Überlegungen begannen 2014. Ein Jahr danach sollte sie auch für den Elektroantrieb ausgelegt werden. Die CMP wird bei allen vier Marken des PSA-Konzerns eingesetzt. Ausschlaggebend für die-se Plattform ist aber nicht der 208, sondern der DS3 Crossback.

Es handelt sich also um eine Multienergie-Platt-form für Elektro- und Verbrennermotoren. Sie schaffen es aber, die Batterien ohne Einbussen im Innenraum unterzubringen. Wie funktioniert das?
Es gibt schon eine Reihe von Unterschieden wie zum Beispiel die spezifische Panhardstab-Hinterachse des E-208. Der Stab wurde weiter hinten platziert, damit die Batterien unter die Rücksitze passen. Dazu kommt der verfügbare Platz im unveränderten Mitteltunnel. Unter den Vordersitzen haben wir für die Unterbringung der Module in Querrichtung den Befestigungsbereich der Sitze erweitert. Der Kunde merkt von alledem aber nichts im Vergleich zu einem Modell mit Verbrennungsmotor. Der Verstellbereich der Sitze bleibt unverändert.

Welchen Beitrag leistete Opel als viertes und jüngstes Mitglied der PSA-Gruppe bei der Entwicklung dieser neuen Plattform? Auch in Sachen Elektroantrieb konnte Opel in der Vergangenheit schon Erfahrungen sammeln.
Opel hat mit dem Ampera-E Erfahrung gesammelt und stellte uns das Know-how in Bezug auf Nutzung, Vermarktung und Ladegeräte zur Verfügung. Dabei geht es aber weniger um die Technik des Ampera-E.
Ist es technisch möglich, eine grössere Batterie in den E-208 einzubauen?
Daran arbeiten wir bisher noch nicht. Batteriegrösse und Reichweite werden unter Berücksichtigung der uns gut bekannten Daten über die Kundennutzung festgelegt. Wir sind zuversichtlich, dass der E-208 den Bedarf der meisten Benutzer abdeckt. Mit der derzeitigen Reichweite erfüllt das Modell rund 50 Prozent der Erwartungen der Kunden aus dem B-Segment. Auch technisch bleibt nicht mehr Platz für den Einbau zusätzlicher Batteriemodule. In Zukunft wird die Energiedichte einer Batterie aber steigen, und so bekommt man in demselben Volumen mehr kWh verstaut.

Beabsichtigt PSA, sich an der Entwicklung des europäischen Stromnetzes für E-Mobilität zu beteiligen?
Ganz klar nein, wir werden bei dieser Entwicklung nicht mitmachen. Es ist nicht unser Metier, wes-halb wir uns nicht an der Entwicklung beteiligen und auch nicht in Ladesysteme und -standorte investieren. Die Investitionen erfordern grundsätzlich viel Geld. Einige Mineralölkonzerne machen mit, dies jedoch unter den Vorzeichen des Energiewandels.


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