Der Dieselmotor ist drehmomentorientiert und vorbildlich verbrauchsgünstig, benötigt aber wegen seiner beträchtlichen Partikel- und Stickoxidemissionen eine aufwendige und entsprechend teure Abgasreinigungsanlage. Der Benziner dagegen ist leistungsstärker und durstiger, erleichtert aber den Abgastechnikern die Aufgabe, weil sich die Schadstoffe im Abgas mit Dreiwegekatalysator und Partikelfilter vergleichsweise einfach und kostengünstig minimieren lassen. Da wundert es nicht, dass Motorentwickler seit Jahrzehnten versuchen, die Vorteile der beiden Verbrennungsprinzipien zu vereinen und gleichzeitig deren Nachteile auszumerzen. Zumindest theoretisch ist der Weg dahin gar nicht so kompliziert: Man lässt den Ottomotor statt mit durchgehend stöchiometrischem weitgehend mit magerem Ge-misch arbeiten. Dabei sollte auch auf den Einsatz einer Zündkerze verzichtet werden, denn die Benzin-Luft-Zylinderfüllung kann allein durch hohe Kompression gezündet werden. Die vielen Versuchsmotoren der vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass dieser Technik in der Praxis eben doch grosse Hürden im Weg stehen. Zum einen ist ein mageres Benzin-Luft-Gemisch nicht einfach zu zünden, zum anderen droht bei hoher Verdichtung im Benziner bald die klopfen-de Verbrennung. Ausserdem kann der Luftüberschuss bei Magerbetrieb zu neuen Abgasproblemen führen.
Mercedes in der Pionierrolle
Während viele Entwicklungsunternehmen der Automobilbranche noch immer im Forschungs- und Versuchsstadium sind, haben sich zwei Autohersteller etwas weiter aus dem Fenster gelehnt und sind mit einschlägigen HCCI-Projekten (Homogeneous Charge Compression Ignition, dt.: homogene Kompressionszündung) an die Öffentlichkeit getreten: Schon 2007 überraschten Mercedes-Techniker mit ihrem Benzin-Diesel-Zwitter, den sie Diesotto nannten. Allerdings blieb der Last-Drehzahl-Bereich mit Magerbetrieb zu beschränkt, und Mercedes verzichtete auf eine Weiterentwicklung.
Mazda mit erstem Serienmodell
Erstmals in einem Serienauto tauchte ein HCCI-System bei Mazda auf. Entscheidend beim neuen Konzept ist die Mithilfe einer konventionellen Zündkerze. Daher sprechen die Japaner von SPCCI (Spark Plug Controlled Compression Ignition, dt.: zündkerzengesteuerte Kompressionszündung). Der Hersteller, der schon in der Vergangenheit mit unkonventionellen Techniklösungen von sich reden machte, lancierte vor Kurzem im CX-30 den Vierzylindermotor Skyactiv-X (AR 34/2019), der in einem bisher nicht erreichten Last- und Drehzahlbereich mit Magergemisch von bis zu Lambda 3 auskommt und für die Warmlaufphase und hohe Leistungsansprüche im oberen Last- und Drehzahlbereich mit stöchiometrischem Gemisch und konventioneller Zündung fährt. Mazda gelang damit als erstem Hersteller der zuverlässige Wechsel zwischen Fremd- und Kompressionszündung. Obwohl Benzin getankt wird, orientiert sich der Motor stark am Diesel. Sein Verdichtungsverhältnis ist mit 16.3:1 weit höher als in allen anderen Ottomotoren, und der maximale Einspritzdruck von 700 bar übertrifft konventionelle Benziner um mindestens den Faktor zwei. Die Hochdrucksysteme mit Mehrfacheinspritzung durch Piezo-Injektoren wurde denn auch mit dem japanischen Dieselspezialisten Denso entwickelt. Weil aber wie beim Ottomotor die NOX-Bildung aufgrund des homogenen Gemischs und der niedrigen Verbrennungstemperatur gering bleibt, kommt der Skyactiv-X im Gegensatz zum Diesel trotz häufigen Betriebs mit Luftüberschuss ohne NOX-Speicherkat und Harnstoffeinspritzung aus. Für eine zusätzliche Senkung der NOX-Rohemissionen sorgt ausserdem eine spezielle Abgasrückführung. Um den Verbrauch weiter zu senken, kombiniert Mazda den SPCCI-Motor mit einem 24-Volt-Mildhybridsystem mit riemengetriebenem Starter-Generator.
Vorkammerzündung funktioniert ähnlich
Ähnlich wie das SPCCI-System von Mazda funktioniert ein Verbrennungskonzept, das derzeit vom deutschen Entwicklungsunternehmen IAV perfek-tioniert wird. Mit diesem kommt eine rund 100-jährige Idee zu neuen Ehren: die Vorkammerzündung.
Zwar arbeiten schon heute grosse Gasmotoren und Formel-1-Aggregate mit der Vorkammerzündung, doch für den Personenwagenbereich steht diesem Verbrennungsprinzip der Serienstart erst noch bevor. Gute Gründe dafür gibt es: Zum einen lässt sich so der Wirkungsgrad des Verbrennungsmotor steigern, zum anderen kann die Technik vergleichsweise kostengünstig integriert werden. Ergebnisse aus Tests mit einem Einzylindermotor mit Vorkammerzündung ergaben, dass im WLTP-Zyklus Verbrauchseinsparungen von bis zu acht Prozent möglich sind.
Bei der Vorkammerzündung sorgt ein spezielles Einspritzventil in der kleinen Vorkammer vor der Zündkerze für ein stöchiometrisches Gemisch, das problemlos gezündet werden kann. Der schnelle Druckanstieg in der Kammer bewirkt, dass Feuerstrahlen durch kleine Löcher in den Hauptbrennraum schiessen und dort sehr mageres Ge-misch schnell und sicher abbrennen lassen. Weil sich die Verdichtung im Vorkammermotor weiter erhöhen und der Zündzeitpunkt nach vorne verschieben lässt, resultiert ein Wirkungsgradgewinn, der entweder zur zusätzlichen Treibstoffeinsparung oder zur Anhebung der Maximalleistung genutzt werden kann. Der thermische Wirkungsgrad soll sich auf bis zu 45 Prozent steigern lassen. Eine der-artig hohe Effizienz wurde bisher nur in Dieselmotoren erreicht. Ein weiterer Vorteil des Otto-Vorkammerkonzeptes ist der niedrige Stickoxidausstoss in den Rohemissionen und damit der bescheidene Aufwand für die Abgasentgiftung.
Skyactiv-X im Mazda 3
Der Skyactiv-X-Motor passt gut zum neuen Mazda 3. Auffallend ist das doppelte Gesicht des Triebwerks. Im niedrigen Drehzahlbereich läuft
es sehr ruhig und vibrationsarm. Es lässt sich ruckfrei beschleunigen – allerdings mit eher bescheidenem Drehmoment, da das Gemisch mager ist und ein Turbolader fehlt. Aber so bleibt der Benzinverbrauch auf tiefen Niveau. Soll es sportlicher zur Sache gehen, sind höhere Drehzahlen unbedingt nötig. Dabei zeigt sich der Motor hohen Drehzahlen nicht
abgeneigt und unterstreicht sein doch beträchtliches Leistungspotenzial von maximal 180 PS bei 6000 Touren/min. Wie nahe der Skyactiv-X dem Diesel oder dem Ottomotor ist, hängt also auch stark vom Fahrer ab.