Die SUV-Legende meldet sich zurück

FÜNFTE GENERATION Rechtzeitig zum 25-Jahr-Jubiläum bringt Toyota seine SUV-Legende zurück. Der RAV4 Hybrid überzeugt mit einem komplett neuen Design und innovativer Technologie – bewahrt sich aber seinen Pioniergeist.

Wenn es einen Begründer der heute herrschenden SUV-Kultur gibt, dann ist das unbestritten Toyota mit seinem RAV4 (Recreational Active Vehicle 4-Wheel Drive). 25 Jahre sind vergangen, seit der japanische Hersteller seine Kombination aus PW und Geländewagen erstmals der Welt präsentierte. Der RAV4 war bald ein begehrtes Life-stylefahrzeug. Weltweit wurden bis heute mehr als 8.5 Millionen Stück verkauft, in der Schweiz sind es mehr als 45 000. Das Erfolgsmodell von Toyota fand in den Jahren nach seiner Einführung schnell erste SUV-Nachahmer, von Honda und Land Ro-ver über Nissan bis Volkswagen. Toyota blieb selbstredend nicht stehen und präsentierte im letzten Vierteljahrhundert nebst diversen Faceliftings auch regelmässig eine neue Generation des RAV4. Nach 1994, 2000, 2006 und 2012 ist nun seit Januar das fünfte Modell der SUV-Ikone auf dem Markt. Der jüngste Wurf enttäuscht nicht – und das sagt der Autor, selbst ein begeisterter RAV4-Dauerfahrer der ersten Generation. Die-ses Auto – auf Holz klopfen! – fährt und fährt und fährt und bietet Komfort auch über lange Distanzen. Auch gebraucht holt sich der Klassiker auf dem Occasionsmarkt immer wieder sehr gute Noten. Böse Zungen behaupten, dass der Toyota RAV4 schon immer gut war – jetzt sei er aber auch schön anzusehen.

Kantig, kräftig, gross
Denn, zugegeben, beim Design hat sich Toyota über die Generationen des RAV4 nicht immer mit Ruhm bekleckert. Dafür kommt die neuste Aufl age optisch umso leckerer daher: kantig, bullig, kräftig. Geschuldet ist das auch der neuen TNGA-Fahrzeugplattform (Toyota New Global Architecture), weshalb das meistverkaufte SUV der Welt im Vergleich zu seinem Vorgänger der vierten Generation grösser wirkt, tatsächlich aber um fünf Millimeter kürzer ist. Da kommt das SUV-Gefühl der ersten Generation wieder zurück, als man noch über den anderen Verkehrsteilnehmern thronte, weil diese in der Regel noch nicht hinter dem Lenkrad einer solchen Geländelimousine sassen. Kürzere Überhänge und der längere Radstand tragen zur, sagen wir, optischen Täuschung bei. Langjährigen RAV4-Fahrern kommt zwangsläufig auch ei-ne andere Toyota-Legende in den Sinn, der Land Cruiser.
TNGA, so schreibt Toyota, erlaubt die Produktion einer neuen Art Autos, die Vorteile wie Attraktivität, Fahrspass und Sicherheit für Fahrer bieten, aber ebenso für die Umwelt und den Hersteller. Beim jüngsten Toyota RAV4 ist die Bodenfreiheit erhöht, die Motorhaube dagegen ist flacher gehalten. Letzteres erweitert das Sichtfeld des Fahrers, auch dank der schlankeren A-Säulen und der tiefer angebrachten Aussenspiegel.

Spartanisch gut
Auch im Cockpit hat man bald die Übersicht, wes-halb auch der grosse Bildschirm und der noch grössere Touchscreen dominieren – was man aber kurzum übersieht. Denn im Vergleich mit Konkurrenten kommt das SUV fast spartanisch daher. In diesem dunkel gehaltenen, mehrheitlich aus Kunststoff bestehenden Cockpit verirrt man sich nicht im Knöpfe-, Hebel-, Schalter- und Anzeigen-Wirrwarr – und trotzdem vermisst der Fahrer nichts. Was es braucht, das ist vorhanden. So gibt es auch mehr Platz im Cockpit und im Fondbereich, das Resultat von TNGA und eines cleveren Raumkonzepts. Sehr viel mehr Platz gibt es vor allem im Kofferraum: Klappt man die hintere Sitzreihe he-runter, können bis zu 1690 Liter Freiraum, also fast 80 Liter mehr als bisher, gefüllt werden. Da hat auch ein 29-Zoll-Mountainbike Platz, verspricht Toyota. Ist dem Fahrer mit vollgepacktem RAV4 die Sicht nach hinten versperrt, schafft die integrierte Kamerafunktion im Innenspiegel Abhilfe. Der neue Toyota RAV4 mutet mit seinen Dimensionen zwar riesig an und gibt sich optisch aggressiv – trotzdem ist er ein sanfter Riese. Das Familien- und Freizeitauto rollt bei der Anfahrt auf sehr leisen Sohlen davon. Hingegen röhrt es, wenn man im Sportmodus aufs Gaspedal steht. Sprach-nachrichten vom Smartphone abhören wird da schon schwierig. Nötig ist dieses Sportprogramm aber ohnehin nicht, weil die Höchstgeschwindigkeit bei bescheidenen 180 km/h liegt. Der RAV4 glänzt mit seiner Bequemlichkeit. Wer sich von A nach B bewegt, der kann sich getrost zurücklehnen. Eine ohnehin eintönige Fahrt auf dem grau-en Band einer Autobahn lässt sich entspannt geniessen, wenn Tempomat, Abstandsmesser mit Bremsfunktion (Pre Collision System) und Spurhalteassistent zugeschaltet sind.

Wieder in der Vorreiterrolle
Toyota ist ein Pionier der SUV-Kultur, der seiner Vorreiterrolle treu bleiben will. Die fünfte Generation des RAV4 ist in ihrem Segment auch eine der ersten, die beim Motor auf eine Dieselversion verzichtet. Im Angebot stehen ein 2.0-Liter-Benziner (ab 31 400 Fr.) und ein 2.5-Liter-Hybrid (ab 36 900 Fr.), beide sind mit Front- oder Allradantrieb erhältlich. Die AR durfte den Hybrid-AWD probefahren, ein Benziner, welcher Vorder- und Hinterräder mit drei zusätzlichen Motoren elektrisch unterstützt. Toyota hat mit Hybridtechnik zuletzt die Langstrecken-Weltmeisterschaft dominiert, entsprechend setzen die Japaner auch konsequenter auf diese Antriebstechnik, schenken aber der Plug-in-Technik weniger Beachtung als die Konkurrenz. Mit 4.4 l/100 km gibt Toyota den Energieverbrauch an – ein Wert, den die AR auf seiner Normrunde schaffte, bei Fahrten auf Auto-bahnen oder Landstrassen aber deutlich übertraf und so über die gesamte Testdauer einen Durchschnittswert von 6.0 l/100 km erreichte. Hybrid hin oder her: Lange und reine Elektrofahrten sind nicht möglich, sonderlich spektakulär ist der Verbrauch auch nicht.

Die Legende lebt
Und doch ist der neue Toyota RAV4 eine solide Wahl, trotz der zunehmenden Kritik am SUV-Segment. Die hochgebauten Personenwagen im Geländewagendesign werden in Zeiten von Umweltgesprächen und Ökobilanzen zunehmend zur Zielscheibe. Doch der gutmütige RAV4 mit seinem sparsamen Hybridantrieb ist durchaus eine saubere SUV-Variante. Toyota bleibt an seiner Legende dran – und hat ihr zum wiederholten Mal neues Leben eingehaucht.


STÄRKEN

  • Design, innen wie aussen
  • Fahrkomfort
  • Lenkung
  • Preis konkurrenzfähig

SCHWÄCHEN

  • Beschleunigung
  • Höchstgeschwindigkeit
  • Grosser Bildschirm und noch grösserer Touchscreen

Fazit – Werner J. Haller, Tester

Als langjähriger Fahrer der RAV4-Reihe habe ich im In- und Ausland zig Kilometer Autobahn und Strasse mit dem Japaner hinter mir. Probleme hatte ich mit dieser SUV-Legende in den letzten 25 Jahren kaum. Der Gedanke ans Umsteigen in ein kleineres, sportlicheres Auto kam mir einige Male. Mit der jüngsten, der fünften Generation des RAV4, hat mich Toyota jedoch wieder auf seine Seite geholt. Das Design ist ein Quantensprung. Keine Spur mehr vom unscheinbaren Vorgänger. Kantig und bullig kommt der Neue daher, und innendrin stimmt der Komfort. Dank des verlängerten Radstands gibt es mehr Beinfreiheit, und der Kofferraum ist auch gewachsen. Das Cockpit ist schnörkellos, aber hochwertig, und der Hybrid lässt sich einfach entspannt fahren – ob in der Stadt, auf der Autobahn oder im Gelände. Die Assistenzsysteme wurden aufgewertet. Auf der Autobahn kommt mit adaptivem Tempomat und Fahrspur assistent keine Hektik auf. Neu gehört ein Notbremseassistent, der bis 80 km/h Fussgänger und Velofahrer erkennt, zur Serienausstattung. Kurz: Beim Toyota RAV4 sind Stil, Sicherheit und Raum ausgewogen.

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