Der Elektrosportwagen Piëch Mark Zero GT-2 heimste heuer am Salon allein schon seines Namens wegen viel Aufmerksamkeit ein. Anton Piëch, Chef von Piëch Automotive, ist der Sohn des langjährigen VW-Chefs Ferdinand Piëch und dessen Frau, Marlene Porsche. «Leider blieb in Genf nicht die Zeit, um vertieft auf Fragen einzugehen», erklärt Toni Piëch. Um das nachzuholen und potenziellen Interessenten, Investoren oder Partnern das Projekt Piëch Mark Zero näherzubringen, hat die Firma an der Uraniastrasse in der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofes jetzt einen Pop-up-Store eröffnet. Ein halbes Jahr mindestens will Piëch vis-à-vis des Warenhauses Jelmoli aller Welt, die mehr über das Super-E-Auto erfahren will, Red und Antwort stehen. Natürlich sind der Autobauer und sein Team auf das Feedbacks der Besucher gespannt.
Batterie ist gewaltig
Seit der Weltpremiere am Autosalon Genf laufen die Entwicklungsarbeiten
am Piëch Mark Zero GT-2 auf Hochtouren. Besonders die 70-kWh-Lithium-Ionen-Batterie
verblüfft. Der Kraftspeicher, der von der deutsch-chinesischen Cleantech-Firma
Desten mit einer speziellen Batteriezelle entwickelt wurde, soll bis zu 190 Ampère
vertragen und in 4:40 Minuten an der Schnellladesäule von Partner T Good (s. Box
rechts) zu 80 Prozent aufgeladen sein. An einer konventionellen Schnellladesäule
beträgt die Dauer für eine 80-Prozent-Ladung bei einer Systemspannung von 400 Volt
(350 kW) acht Minuten – auch diese Zeit ist im Vergleich mit Konkurrenten klar
besser.Wie ist so etwas möglich? Das Geheimnis der Batteriezelle will Klaus Schmidt,
Technologiechef des Unternehmens, nicht lüften. «Noch ist nicht alles patentiert»,
sagt der frühere BMW-Ingenieur. Aber: «Denken Sie an die Unterhaltungselektronik.»
Wenn man den Elektronen auf ihrem Weg Hindernisse in den Weg stelle, so Schmidt,
werde es heiss. Wenn die Elektronen jedoch ungehindert marschieren könnten, dann
bleibe es kühl. Die Piëch-Mark-Zero-Batterie wird deshalb
höchstens lauwarm. Schmidt sagt: «Bei unseren Versuchen hat sich die Batterie während
des Lade- und Entladevorgangs um maximal 15 Grad erwärmt.» Aufgrund der geringen
Erwärmung kann die Batterie des Piëch vollständig luftgekühlt werden, was zu einer
Gewichtsersparnis von rund 200 Kilogramm beiträgt. Lufteinlässe
befinden sich unter anderem im unteren Teil der Scheinwerfer. Das Problem bei dieser Art der Kühlung ist, den Staub draussen
zu halten und dafür zu sorgen, dass sich kein Kondenswasser bildet. Ein
Teil der Super-Batterie ist im Mitteltunnel untergebracht, der Rest an der Hinterachse.
Das ermöglicht im Gegensatz zur verbreiteten Unterflur-Anordnung eine sportwagentypische,
niedrige Sitzposition und einen filigranen Response an den Fahrer. Die Achslastverteilung
ist mit 40:60 der eines Sportwagens mit Verbrenner ähnlich. «Klassische, qualitativ
hochstehend und schöne Sportwagen gehören zu unserer Familie. Und dem wollen wir
auch mit diesem Auto gerecht werden», sagt Anton Piëch.Abgesehen von der Ladezeit
beeindruckt der neue Elektrosportler mit weiteren bemerkenswerten Werten: Rund
450 kW (611 PS) beschleunigen das Auto in 3.3 Sekunden von null auf hundert. An
der Vorderachse produziert ein Asynchronmotor 150 kW, an der Hinterachse sorgen
zwei Synchronmotoren für je 150 kW Schub. «Der Motor an der Vorderachse wird in
seinem Leben mehr Strom produzieren als verbrauchen, das garantiere ich ihnen»,
erklärt Klaus Schmidt. Der Motor helfe, Energie zu rekuperieren und rolle unter
wenig Last ohne Aufwand mit. Rein elektrisch angetrieben soll der GT auf eine
Reichweite (nach WLTP) von rund 500 Kilometern kommen.
Mehrfach getestet
Die revolutionäre Technologie, die im Piëch Mark Zero zum Einsatz kommt, wurde mehrfach von unabhängigen Stellen getestet, darunter Unternehmen wie Hofer Powertrain, die Universität Esslingen (D) oder der TÜV Süd. «Alle kamen zum gleichen Schluss: nämlich das alles so funktioniert, wie wir das hier sagen», erklärt Schmidt. Darüberhinaus hat sich Technolgiechef Schmidt bei mehreren Besuchen bei Batteriehersteller Desten in China immer wieder selbst stichprobenartig von der Qualität des Produktes überzeugt. Er benutzte dazu unter anderem einen mit der neuen Batteriezelle ausgerüsteten Erprobungsträger. «Ich freue mich schon, wenn wir in drei Jahren mit dem Piëch Mark Zero mit dieser innovativen Technologie auf den Markt kommen. Neben der kurzen Ladedauer bieten die Batterien dank ihres innovativen Thermo-Managements auch ein Höchstmass an Standfestigkeit», sagt Schmidt. Im Frühjahr 2020 soll der erste fahrbare Prototyp des Mark Zero auf der Nordschleife des Nürburgrings antreten.
Für alle da
«Wir möchten mit unserer Technologie einen Beitrag zum Durchbruch der E-Mobilität leisten», betont David Gerhard Demmer, CEO von Desten. «Wir haben seit mehr als einem Jahrzehnt an dieser neuen Batterietechnologie gearbeitet und sind stolz darauf, jetzt die Serienreife erlangt zu haben.» Desten bietet seine innovative Technologie auch in anderen, industriellen und Consumer-Electronic-Anwendungen an, bei denen schnelles Laden gefragt ist, beispielsweise bei Mobiltelefonen oder Notebooks. Piëch sagt: «Wir sind keine Elektroauto-Firma, wir sind ein technologie-agnostisches Unternehmen» – bloss ein Unternehmen also, dass diese Superzelle ideal zum Einsatz bringt. Gleichzeitig hilft Piëch als Technologieträger dem Produzenten, einen Markt zu erschliessen. «Unser Vorteil ist, dass wir schneller und beweglicher sind als andere.» Nebenbei erwähnt der Chef, dass vom zweisitzigen Sportler eine Auflage von rund 1000 Exemplaren geplant ist – zu einem Stückpreis von etwa 250 000 Franken. Auf der Plattform des Elektro-Supersportlers GT-2 soll eine ganze Modellpalette entstehen. Geplant sind bereits das viersitzige Sportcoupés GT-4 und das ebenso sportliche Elektro-SUV GT-X. «Unser modulares Konzept gibt uns nicht nur Freiheiten punkto Design, sondern auch die Option, verschiedene Karosserieformen zu bauen», sagt Toni Piëch. Das SUV soll für Volumen sorgen, Piëch peilt die Zahl von rund 10 000 Stück an. «Das macht uns zum Beispiel von Zulieferern viel weniger abhängig.» Aber nicht nur bei Design und Karosserie ist man flexibel. Je nach Marktsituation – «man weiss ja nie, wie sich die entwickelt», sagt Schmidt – ist für jedes Modell auch jede Antriebsform denkbar. Dank des modularen Aufbaus ist vom Vollstromer, wie er aktuell geplant ist, über Hybrid und Brennstoffzelle bis zum Verbrenner alles möglich. In Zusammenarbeit mit Königsegg soll so auch ein Sechszylinder-Verbrenner entwickelt werden.Frei wählbar wird die Antriebsform allerdings nicht sein. «Nein, das würde uns zerreissen», sagt Klaus Schmidt. Die Modularität gebe ihnen lediglich die Möglichkeit, auf Marktgegebenheiten zu reagieren – je nach dem, was im Trend liege.