«Ich werde immer mit der Messewelt verbunden bleiben»

LETZTE SHOW André Hefti hat seinen letzten Autosalon organisiert. Der Zürcher ist überzeugt, dass seine Nachfolger das Rezept fi nden, um die Geneva International Motor Show in der Spur zu halten.

GIMS 2018 Geneva International Motor Show PALEXPO - President's Cocktail

Wer weiss, ob er dem letzten Besucher seines letzten Genfer Salons am Sonntagabend eine Träne nachweinte? André Heft hat neun Autosalons als OK-Präsident ausgerichtet und übergibt jetzt sein Amt an Olivier Rihs, seinen Nachfolger. André Hefti zieht Bilanz des 89. Salson, dessen Besucherzahl von 662 000 im letzten Jahr auf heuer 602 000, also um neun Prozent, zurückgegangen ist. Der 72-jährige Zürcher macht sich keine Sorgen, denn er weiss, dass Genf genug Asse im Ärmel hat, um wieder durchzustarten.

Automobil Revue: Was fühlen Sie, jetzt wo ihr letzter Salon vorbei ist?
André Hefti: Ich denke, es war ein guter Salon. Nicht wir sagen das, es ist das Feedback der Aussteller. Sicher, die Besucherzahlen gingen um neun Prozent zurück, aber wir liegen immer noch über der Schwelle von 600 000 Personen. Die Besucher, die gekommen sind, waren interessierter als früher. Es wurden zahlreiche Geschäfte abgeschlossen, haben mir die Aussteller berichtet.

Und persönlich?
Voilà, jetzt ist es vorbei! Diese Entscheidung war schon lange gefallen, ich war vorbereitet. Ich habe kein Problem damit. Wissen Sie, ich werde immer mit der Messewelt in Verbindung bleiben.

Sind Sie eher erleichtert oder traurig?
Weder noch. Am wichtigsten ist, dass die Salonführung die richtige Strategie wählt, um die Messe langfristig am Leben zu erhalten. Es liegen keine leichten Jahre vor ihr – die richtige Strategie ist entscheidend. Die Mobilität steht immer mehr im Mittelpunkt, aber ich meine, dass der Genfer Salon über die richtigen Trümpfe verfügt, um seine Bedeutung in Europa zu erhalten.

Waren die sinkenden Besucherzahlen abzusehen?
In Tat und Wahrheit waren es weniger, als wir erwartet hatten. Wir werden darum jetzt die Gründe dafür suchen. Es fehlten mehrere bedeutende Aussteller, was den Publikumsaufmarsch beeinträchtigt hat. Es ist wichtig festzustellen, welche Besuchergruppen nicht gekommen sind. Waren es die Franzosen oder die Deutschschweizer? Das werden wir jetzt alles analysieren.

2019-GIMS-Geneva

Macht Ihnen der Besucherrückgang Sorgen?
Selbstverständlich muss man sich Sorgen machen. Ein Aussteller oder ein Besucher, der nicht kommt, bedeutet Verlust. Da kann man nicht tatenlos zuschauen, sondern muss sich überlegen, was man dagegen machen kann. Ich meine, dass der Salon mehr Unterhaltung anbieten und mehr als nur Autos zeigen muss. Es muss etwas auf einem Stand passieren. Müssen folglich die Hersteller oder die Veranstalter mehr Unterhaltung bieten? Beides. Wir beabsichtigen schon ab 2020, Testfahrten für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb auf einer definierten Strecke anzubieten. Das gehört zur Unterhaltung, welche man den Besuchern anbieten muss.

Sind sinkende Besucherzahlen auf die derzeitige besondere Situation der Messen oder das Fehlen bestimmter Hersteller zurückzuführen?
Das hat schon mit der besonderen Situation der Messen zu tun. Schauen Sie sich die IAA Frankfurt an: Dort sank die Besucherzahl zuletzt von 930 000 auf 810 000 – mal sehen wie es 2019 aussieht. Auch in Detroit kamen dieses Jahr nur 774 000 statt 809 000 Zuschauer ein Jahr davor. Dort zählt man indes jeden ausgestellten Badge und nicht die effektiven Besucher. Paris sprach von einer Millionen Besucher, wobei ich das kaum glauben kann. Ich zweifle an deren Zählmethode. Fehlende Hersteller beeinflussen das Ganze ganz gewiss, aber es ist schwer zu sagen, inwiefern sich das auf die Besucherzahlen auswirkt.

Soll der Salon zum Mobilitätssalon werden, um mehr junge Besucher anzulocken?
Ich meine ja. Man redet bei den Herstellern sehr viel über Mobilitätsdienste, die den Markt erobern. Der Salon muss sich darum kümmern, wie die jungen Menschen sich in Zukunft bewegen wollen. Schade, dass die Jugend sich nicht mehr an dieser Diskussion beteiligt, es wäre zu befürworten, dass junge Leute das Wort zu diesem Thema ergreifen

GIMS 2018 Geneva International Motor Show Palexpo Car Of The Year

Was glauben Sie, was wird aus Ihrer Zeit überleben?
Gute Frage. Aus meiner Sicht ist es wichtig, den Salon in alle Richtungen weiterzuentwickeln. Das gilt insbesondere für die Regelwerke, die mit der technologischen Entwicklung Schritt halten müssen. Wir haben uns sukzessive Kategorien geöffnet, die vorher nicht in den Salon durften – Motorräder zum Beispiel. Ich wollte sie haben, denn viele Autofahrer haben auch ein Motorrad. Wichtig ist, dass der Salon für die Zukunft gewappnet ist, und ich meine, ihm die Mittel gegeben zu haben, mit der Zeit schrittzuhalten. Was möchten Sie 2020 auf dem Genfer Salon sehen? Ich hoffe, dass ein Schritt voran gemacht wird und Autos getestet werden können und dass man noch mehr über Mobilität redet. Heute sind wir der Salon für Autos und Zubehör, in Zukunft können wir der Salon für Autos und Mobilität sein. Mobilität im breiten Sinne. Warum zum Beispiel nicht die E-Bike-Branche integrieren?

Welche Aufgabe wird Ihnen am meisten fehlen?
Der Kontakt, sprich der Dialog mit den Ausstellern. Wir reden viel miteinander, einige kenne ich schon seit vielen Jahren. Aber die Personen rotieren immer häufiger, es gibt keine grosse Stabilität mehr in den Unternehmen. Was wird Ihnen nicht fehlen? Die Zwänge. Ab dem 30. Juni werde ich viel mehr Freizeit haben und tun, was ich will. Zum ersten Mal seit fünfzig Jahren. Ich kann dann meinen Tagesablauf planen, wie ich will.

Wissen Sie schon, was Sie am 1. Juli, dem ersten Tag Ihres Ruhestandes, machen werden?
Eine Spritztour mit dem Motorrad, das liebe ich! Ich werde mir ganz sicher auch zahlreiche Autorennen auf der ganzen Welt ansehen.

Was möchten Sie Ihrem Nachfolger Olivier Rihs noch mit auf den Weg geben?
Ich wünsche ihm, dass es ihm gelingt, den richtigen Weg einzuschlagen, damit der Genfer Salon auf Dauer fortbestehen kann. Eigentlich bin ich mir sicher, dass er ihn findet.

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