In der heutigen Zeit sorgen 122 Pferdestärken wahrlich für keine allzu grosse Euphorie. Vor allem, wenn sie in einer solch ansprechenden Aufmachung wie im neuen Mazda 3 daherkommen. Der 2.0 Liter grosse Benziner stellt demnach das einzig wirkliche Manko des kompakten Japaners dar – auch, wenn der Motor an und für sich nichts dafür kann. Der Sauger dreht schön hoch, arbeitet dabei erstaunlich leise und verrichtet seine Aufgaben im Alltag dank 213 Nm in beinahe allen Situationen äusserst souverän. Die Problematik liegt anderswo. Dadurch, dass die Lenkung rasiermesserscharf, das Getriebe inklusive Schaltknauf und Kupplungspedal knackig und das Feedback von der Strasse vergleichsweise unverzerrt daherkommt, lässt sich der Kompakte viel sportlicher bewegen, als es auf dem Papier den Anschein macht. Die Fahrwerksabstimmung, die Mazda trotz der Herabstufung der Hinterachse von Mehrlenker auf Verbundlenker im Vergleich zum Vorgänger gelungen ist, sucht in dieser Preisklasse nach ihresgleichen. Auf den ersten Metern als durchaus straff empfunden, schafft der Kompakte auch auf den unebenen Strassen im Hinterland von Lissabon den Spagat zwischen Komfort und Dynamik spielend. Überspitzt ausgedrückt ist es deshalb umso ärgerlicher, wenn der Japaner dann kaum den Berg hochkommt. Die nötige Abhilfe soll aber bereits diesen Herbst erfolgen. Spätestens dann, so die Überzeugung von Kota Beppu, Programmmanager des neuen Kompakten, wird der Mazda 3 ein neues Kapitel für den japanischen Hersteller schreiben.
En – Spiegelung der Sinnlichkeit
«Wir verfolgen eine auf den Menschen ausgerichtete Entwicklungsphilosophie, dank der sich der Fahrer entspannt auf das Fahren konzentrieren kann», erklärt Beppu. Die optionalen Ledersitze bezeichnet er gar als Revolution, sie unterstützen die physiologische S-Form der Wirbelsäule und sollen Ermüdung und unnatürlichen Sitzpositionen vorbeugen. Weiter wurden Chassis, Fahrwerk und Reifen auf die menschliche Kopfbewegung abgestimmt, der Weisswert der Innenraumausleuchtung optimiert und an der perfekten Positionierung des optionalen Bose-Soundsystems getüftelt. Insgesamt sticht der Kompakte mit seiner Verarbeitungsqualität im Interieur aus der Masse heraus. Da Mazda den 3er in der Non-Premium-Klasse positioniert, wird durch den Einsatz von viel Leder, Softtouch und der famosen Ergometrie durchaus ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Und das alles zu einem Kampfpreis von 27 990 Franken für die Ausstattungsvariante Ambition und 32 990 Franken für die Topvariante Revolution.
Rin – puristische Form
Der Mazda-Slogan «Kodo – Soul of Motion», der die Begriffe En, Rin und Dou umfasst, ist weit mehr als eine hübsche Marketingphrase, denn auch aussen verzichtet Mazda möglichst auf alles, was das Auge ablenken könnte. «Das Design basiert auf der japanischen Kultur, jedoch mit der Bewegung und Fahrdynamik im Zentrum», sagt Jo Stenuit, Designdirektor von Mazda Europa. Obschon die Linienführung der Karosserie schlicht und ohne wirklich harte Kanten gestaltet ist, mangelt es dem Mazda 3 (insgesamt in neun, teils eigens entwickelten Farben erhältlich) keineswegs an optischen Highlights. Die lange Haube, die tiefgezogene Schnauze und die serienmässigen Voll-LED-Scheinwerfer suggerieren ein ordentliches Selbstvertrauen. Hinten verlangt die abgerundete Heckklappe des Hatchback, der aktuell einzig angebotenen Version, nach Aufmerksamkeit. Das nach unten gewanderte Logo und die schwarzgehaltene Heckschürze samt serienmässiger, funktionstüchtiger Doppelauspuffanlage setzen den Japaner satt auf den Boden. Für den meisten Gesprächsstoff sorgte im Vorfeld die Seitenansicht. Nicht etwa wegen der optionalen 18-Zöller, sondern aufgrund der üppigen C-Säule. Zugegeben, sie ist etwas breit, doch zumindest für den Fahrer gerät sie dank allerhand modernster Sicherheitssysteme samt serienmässigem Totwinkelwarnsystem oder der optionalen 360-Grad-Kamera schnell in Vergessenheit. Für die Passagiere im Fond sieht die Sache schon etwas anders aus, weil sowohl die Sicht nach draussen durch die kleinen Fenster als auch die nur begrenzten Platzverhältnisse durch die abfallende Dachlinie doch etwas beklemmend wirken können. Je nach Sitzeinstellung wird es ab einer Körpergrösse von 1.85 Metern richtig eng. Gleiches gilt für den Kofferraum mit überschaubaren 334 bis 1026 Litern Volumen inklusive hoher Ladekante.
Dou – Darstellung der Bewegung
In der Schweiz gibt es den Mazda 3 nur als Benziner. Der im Ausland erhältliche 1.8 Liter grosse Selbstzünder wird nicht angeboten. «Der Diesel hatte in der Vergangenheit nur einen kleinen Marktanteil im C-Segment», sagt Jerome de Haan, Managing Director von Mazda Schweiz. Zur Auswahl stehen ein manuelles Sechsgang-Getriebe oder die korrespondierende Automatik. Dank Zylinderabschaltung wird ein Normverbrauch von 5.1 l/100 km respektive 5.5 l/100 km angegeben. Damit der 3er tatsächlich ein wie von Beppu beschriebenes neues Kapitel der Herstellergeschichte einläutet, hat ihm Mazda allerhand neue Features spendiert. Ein vertiefter Blick in die Ausstattungsliste lohnt sich allemal. Der Mazda 3 ist die Premiere der neuen, siebten Produktgeneration. Deshalb ist er mit der neuen Skyactiv-Vehicle-Architecture oder dem neuen Infotainmentsystem namens MZD-Connect ausgestattet. Zudem kommt er als erster Mazda in Europa als Mildhybrid (24V). Und – doch bis dahin dauert es noch etwas mehr als ein halbes Jahr – der Mazda 3 wird der erste der Marke sein, der mit dem neuen Motor ausgerüstet wird und dabei auch gleich noch einen Allradantrieb spendiert bekommt. Details sind noch nicht bekannt, ausser, dass der 2.0 Liter grosse Skyactiv-X (190 PS, 230 Nm) dank Kompressionszündung der weltweit erste serienmässige Benzinmotor mit Selbstzündung sein wird. Und damit, trotz oder gerade wegen mehrfacher Verneinung einer absehbaren MPS-Version, das letzte Puzzlestück der angestrebten Philosophie sein könnte. Auto und Fahrer in perfekter Harmonie – Jinba Ittai eben.
Text: Cedric Heer