Trotz strahlend blauem Himmel, traumhaftem Neuschnee und goldener Wintersonne konnten die geplanten Starts am 41. Internationalen Ballonfestival in Château-d’OEx VD wegen zu starken Winden nicht stattfinden. So blieb auch der Asimo-Ballon von Honda, dem Hauptsponsor des Anlasses, am Boden, und wir konnten uns umso intensiver dem neusten CR-V Hybrid (s. Fahrbericht AR 51-52/2018) mit seinem raffinierten und auf den ersten Blick etwas kryptischen Antriebssystem widmen.
Kein Getriebe? – Kein Getriebe!
Man nehme einen Benzinmotor, einen Generator, einen Akku, einen Elektromotor, eine Kupplung und eine Handvoll Untersetzungsstufen – was bekommt man? Genau, den i-MMD, den intelligent Multi-Mode Drive des Honda CR-V Hybrid. «Moment!», werden Sie einwenden, «fehlt da nicht etwas, nämlich das Getriebe?» Nein, das ist genau das Raffinierte am Setup des hybridisierten CR-V: Er kommt ohne Getriebe aus, weil er in dem meisten Fahrsituationen nämlich rein elektrisch fährt und nur in ganz speziellen Momenten zusätzlich mit dem Verbrennungsmotor mechanisch angetrieben wird.
EV Drive, Engine Drive, Hybrid Drive
Schauen wir uns den Powertrain des CR-V Hybrid mal schematisch an (s. Grafik «i-MMD»): Der 2.0-Liter-i-VTEC-Benziner (ENG) treibt mit seinen 107 kW/145 PS den ebenfalls 107 kW liefernden Generator (GEN) mechanisch an. Der erzeugte Strom speist direkt den 135 kW/184 PS leistenden E-Motor (E-MOT), welcher seinerseits via Untersetzungsstufen die vorderen oder alle vier Räder antreibt (im Falle des CR-V Hybrid AWD werden bis zu 60 Prozent des Drehmoments via eine hydraulische Kupplung kardanisch auf die Hinterräder geleitet). Überschussstrom vom Generator lädt zudem den Lithium-Ionen-Akku (BAT). Dessen Kapazität von 1.4 kWh reicht für rund zwei Kilometer rein elektrischen Fahrens (Fahrmodus EV Drive) oder wird im Falle von erhöhtem Leistungsbedarf dem E-Motor zusätzlich zugeführt – dieser hat mit 135 kW ja eine höhere Maximalleistung, als sie der 107-kW-Generator zu liefern vermag. Beim Abbremsen des Autos wirkt der E-Motor dann auch als Generator und speist rekuperierten Strom in den Akku zurück. «Und wofür sind dann die Kupplung und die Untersetzungsstufen zwischen Verbrenner und Rädern? » Berechtigte Frage! Der Benzinmotor kann innerhalb seines verglichen mit dem E-Motor engen Drehzahlbandes bei Bedarf ebenfalls zum mechanischen Vortrieb herangezogen werden. Honda nennt diese Konfiguration Engine Drive. Im Geschwindigkeitsbereich von rund 80 bis 120 km/h schliesst die Motorsteuerung in Sekundenbruchteilen die Kupplung, sodass der Verbrenner innerhalb seines effizientesten Betriebsbereichs Drehmoment beisteuern kann. Damit dies ohne Ruckeln oder Knirschen geschieht, wirkt der Generator als Hilfsmotor für die exakte Synchronisierung der benzinmotorseitigen Kupplungsscheiben. Interessanter- und unerwarteterweise erreicht das kompakte Honda-Hybrid-SUV seine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h übrigens im Hybrid Drive, also ausschliesslich vom E-Motor angetrieben, während der Benzinmotor rein zur Stromerzeugung läuft, und nicht etwa im Engine Drive, wo beide Motoren an den Rädern drehen. «Würde man denn nicht besser ein Getriebe einbauen und den Benziner dauerhaft auch klassisch für den Antrieb einsetzen?» Nein! Die Grafik «Motoreffizienz» zeigt schön den Sweetspot, den effizientesten Bereich aus Motorlast und Drehzahl also, wo ein Verbrennungsmotor den besten Wirkungsgrad und Verbrauch hat (helles Oval). Die typischen Last-/Drehzahl-Verläufe eines Fünfganggetriebes (gestrichelte gelbe Linien) bewegen sich kaum je in der Nähe dieses Sweetspots. Der Benzinmotor im Honda CR-V wird deshalb mehrheitlich zur Stromproduktion via den Generator eingesetzt, damit er eben in weiten Bereichen innerhalb seines optimalen Wirkungsgrades läuft (grüne Linie). Dank des Verzichts auf ein Getriebe verringerten die Honda-Ingenieure Gewicht und Reibungsverluste und konnten so die Effizienz des gesamten Antriebs noch verbessern. Die NEFZ-Verbrauchswerte von 5.3 l/100 km beim FWD und 5.5 l/100 km beim AWD bestätigen die Wirksamkeit dieser Technologie. «Anlässlich der Fahrpräsentation des Honda CR-V Hybrid in Sevilla letzten Herbst fanden wir diese Zahlen sogar im realen Fahrbetrieb bestätigt», erläuterte Kotaro Yamamoto, ehemaliger Leiter der Antriebsstrangentwicklung bei Honda und nun selbstständiger Berater für Honda Europe.
Genug der Theorie
Endlich durften wir dem innovativen Antrieb des Honda CR-V Hybrid im Raum Château-d’OEx– Col des Mosses–Les Diablerets VD–Col du Pillon– Gstaad BE ausgiebig auf den Zahn fühlen. Auf unterschiedlichsten Untergründen agierte das System souverän, und das Schalten zwischen all den Antriebskomponenten ging glatt und absolut unmerklich vonstatten. Die Beschleunigung ist dank des E-Antriebs quasi linear, während der Benzinmotor brav seinen Teil zum Vortriebsorchester beisteuert. Dabei fiel uns immer mal wieder eine gewisse Asynchronität zwischen Geschwindigkeit und Motorgeräusch auf. Diese lässt sich mit dem nun vertieften Verständnis um die Funktionsweise des i-MMD aber leicht erklären, indem ja der Benzinmotor einfach im Sweetspot dreht, um effizient den Antriebsstrom zu erzeugen, was kaum von der Gaspedalstellung abhängt, da Überschussstrom einfach in die Batterie gespeist wird. Dennoch hat Honda – übrigens ausschliesslich für die Kunden in Europa – den Motorsound mit dem Ansprechverhalten direkter in Einklang gebracht, indem der Benziner manchmal künstlich höher dreht und zusätzlich sogar mittels aktiver Klangsteuerung (ASC) via Lautsprecher künstlich ein natürliches Klangbild verpasst erhält.
Ab in den Schnee!
Auf der TCS-Schneepiste bei Les Diablerets gings schliesslich so richtig zur Sache. Die ersten paar Runden liessen wir uns das gekonnte Driften mit dem CR-V Hybrid vom Vollprofi zeigen: Kein geringerer als Honda- Werkspilot und WTCC-Champion Tiago Monteiro sass anfangs selbst am Steuer, um uns dann vom Beifahrersitz aus durch die Drifts zu coachen. Auch wenn nicht alles auf Anhieb perfekt gelang und manch ein Rempler gegen die Wälle am Pistenrand den Schnee meterhoch aufstieben liess, verlor der Rennprofi auf den Nebensitz nie seine blendende Laune, sondern gluckste nur so vor Vergnügen. Eindrücklich zu erleben, wie das Auto bei aktiviertem ESC kaum zum Ausbrechen zu bringen war. Erst als wir die elektronischen Helferlein auf die Strafbank geschickt, den Sport-Modus eingerastet und die regenerative Bremswirkung mittels linkem Lenkradpaddle auf Maximum gepusht hatten, gelangen saubere Drifts um die Schneekurven. Die Buckel auf der Gegengeraden liessen uns zeitweilen mit allen vier Rädern abheben, sodass das ausgefeilte Fahrwerk aus McPherson-Federbeinen mit unteren Querlenkern vorne plus der neuen Multilenkerachse mit Kurvenstabilisator hinten alle Federn voll damit zu tun hatte, die Landung sauber abzudämpfen. Die dank hoch- und ultrafester Stählen 35 Prozent biege- und 25 Prozent torsionssteifere Karosserie sowie die um 27 Millimeter grössere Bodenfreiheit der neuen Hybrid-Version kamen uns auf dem anspruchsvollen Schneeparcours definitiv entgegen. Kotaro Yamamoto liess es sich denn auch nicht nehmen, persönlich das eindrücklich das Potenzial des Honda CR-V Hybrid zu demonstrieren. Er hatte dauerhaft ein breites Grinsen im Gesicht (s. grosses Bild links) und machte so der Bedeutung seines Vornamens, der glückliche Bursche, alle Ehre.