RENAULT: DER MASTER IST GELADEN

Renault erweitert mit dem Master Z.E. sein Elektroangebot bei den Nutzfahrzeugen bis zur Spitze. Der Toplieferant für die Citys bekommt den Zoé-Motor.

©RENAULT

Mit 540 000 Verkäufen seit 2010 ist die Rhombusmarke Europameister bei den Elek­troautos und will den Titel verteidigen. Nach Twizy, Zoé und Kangoo zielt die Re-nault-Offensive nun kompromisslos auf die Speditionsprofis. Noch vor einem Trafic mit «zéro émissions» gibt es nun den Stromer-Master. Der Master Z.E. kostet ab 69 400 Franken und wird in drei Längen und mit zwei Dachhöhen angeboten. Er ist für die «letzte Meile» der Lieferungen in den Städten gedacht, wo Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verboten sein können. Der Master begnügt sich mit diesem eng definierten Einsatzzweck und verzichtet auf PS-Protzerei. Der vom Zoé und Kangoo Z.E. übernommene Antrieb bietet nur 57 kW (76 PS) und 225 Nm Drehmoment. Ist das genug? Um uns davon zu überzeugen, lud Renault zum Selbstversuch des Neuen auf den Strassen von Lissabon ein.

Laderaum blieb erhalten

Der NEF-Zyklus verspricht 200 km Reichweite, aber Renault schätzt die realistische Strecke mit häufigen Stopps auf 120 km. Unter schlimmsten Bedingungen versprechen die Franzosen mindestens 80 km mit heftigem Beschleunigen und bei tiefen Temperaturen, jedenfalls wenn man es auf der Autobahn nicht übertreibt.

Mit einem limitierten Topspeed von 100 km/h will der Master Z.E. keine Rennen fahren, zumal man so die Energiereserven rasch vernichtet. Auch die Batterien mit 33 kWh sind vom Zoé, wurden aber von der chemischen Zusammensetzung her modifiziert. Sie schränken den Laderaum von 8 bis 13 m³ nicht ein; die Zuladung reicht von 975 bis 1128 kg. Das Laden benötigt über die Wallbox mit 32A/7.4 kW mindestens sechs Stunden.

Absoluter Leisetreter

Beim Losfahren fallen zunächst einmal die Laufruhe und die Vibrationsarmut auf. Die Geräuschdämmungsmassnahmen sind eindrücklich, Windgeräusche vernimmt man kaum, und nur ein leichtes Surren vom Elektromotor verrät die Verwandtschaft des französischen Lademeisters mit seinen kleinen Brüdern. Der Wählhebel verzichtet auf die Position «P»; der Master Z.E. kennt nur «vorwärts», «rückwärts» und «neu-tral»  und ist somit kinderleicht zu bedienen. Ganz einfach sind auch die grossen Analog­anzeigen im Armaturenbrett, die zuverlässig über die Energiereserven und den Momentanverbrauch Auskunft geben. Bei unseren Fahrten kreuz und quer durch Lissabon und auf der Steigung nach Cascais zerstreute der Master Z.E. alle Bedenken. Das Elektronen-Nutzfahrzeug fährt sich in den Staus und durch die Kreuzungen so problemlos wie ein Diesel und profitiert beim Beschleunigen vom ab der ersten Umdrehung anstehenden Maximaldrehmoment, um unerwartet zügig an Tempo zuzulegen. Unser Testwagen war mit etwa 400 kg Zuladung bepackt, also knapp der Hälfte des Höchstwertes. Angesichts der offensichtlichen Reserven ist anzunehmen, dass der Master Z.E. selbst bei voller Ladung und an steilen Rampen nicht an den Anschlag käme. Auf Gefällestrecken zeigt sich die Energierückgewinnung effizient genug, sodass man meist auf den Einsatz der Bremsen verzichten kann. Das ist eine der bemerkenswerten Stärken bei einem Fahrzeug dieser Grösse.

Der Preis der Ruhe

Die angenehmen Fahreindrücke wurden vom aufpreispflichtigen, im Dachhimmel untergebrachten Navigationssystem «R-Link Evolution» noch unterstrichen. Diese Platzierung ist eine gute Idee, aber die Anzeige der Streckenführung war wegen der dunklen Anzeige des Bildschirms nicht immer leicht ablesbar, vor allem wenn das Zoom gelegentlich praxisfremd ausfiel. Im Vergleich zur Konkurrenz zeigt das Interieur des Master sein Alter, sowohl beim Qualitätseindruck als auch bei den vielen unschmeichelhaften Kunststoffoberflächen. Schade auch, dass das Lenkrad noch immer nicht in der Tiefe verstellbar ist. Was die Ablagen betrifft, braucht sich der Lieferwagen nicht zu verstecken, und auch die Modularität gefällt mit einem Beifahrersitz, den man in ein mobiles Büro verwandeln kann.

Wer sich nun mit dem Kauf befasst, sollte wissen, dass die Preise gesalzen sein können. Schon der Grundpreis ist gegenüber dem Master mit Verbrennungsmotor sehr ansehnlich (je nach Version 28 400 bis 47 600 Fr.). Dazu kommen Extras wie der Tempomat (400 Fr.), die hintere Parkierhilfe mit Rückfahrkamera (1000 Fr.) oder dem «R-Link Evolution» (1100 Fr.), die nicht inklusive sind. Am Ende muss jeder Interessent seine spezifischen Einsatzkosten zwischen dem Diesel, der nach Werksangaben im Stadtverkehr 7.8 bis 8.9 l/100 km verbraucht, und der abgasfreien Version ohne Einschränkungen bei Zuladung oder Ladevolumen individuell vergleichen.

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