Mobilität im Wandel – alles in Bewegung» war das Motto des diesjährigen Nutzfahrzeugsalons. Als Gastreferent zugegen war der Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra), der zur Situation auf den Schweizer Strassen einige Gedanken äusserte und die Zuhörer mit aufschlussreichen Zahlen vertraut machte. 1990 lag der gesamte Motorfahrzeugbestand bei knapp 4 Mio. und der PW-Bestand bei gegen 3 Mio. Einheiten. Ende 2016 lagen die Vergleichszahlen bei 6.4 Mio. bzw. 4.5 Mio. Einheiten. Im Strassenverkehr (motorisierter Individualverkehr MIV) werde bis 2040 ein Zuwachs von 18 % erwartet. Das bedeute, dass die Effizienz der Strassen gesteigert werden müsse. Angesichts des Staus, der auf unseren Strassen täglich herrsche, sei das unabdingbar, wollen wir nicht im Verkehr ersticken. So waren 2016 allein auf den Nationalstrassen über 24 000 Staustunden zu verzeichnen, wobei der grösste Teil seinen Ursprung nicht in Unfällen oder Baustellen hatte, sondern in der Überlastung des Strassennetzes.
Verschiedene Szenarien
Röthlisberger sieht zwei zukunftsträchtige Trends in der Mobilität: die intelligente Mobilität und die E-Mobilität. Angesichts der Tatsache, dass heute ein Auto, das auf der Fahrt zur Arbeit im Durchschnitt mit nur 1.2 Personen ausgelastet sei, eröffneten sich hier verschiedene Möglichkeiten. Etwa durch Carsharing. Darunter wird die Nutzung eines oder mehrerer Fahrzeuge verstanden. Anders als bei der konventionellen Autovermietung erlaubt Carsharing ein kurzzeitiges Anmieten von Fahrzeugen. Oder durch Carpooling, also das gemeinsame Benutzen eines Fahrzeugs für eine gewisse Strecke. Damit könnte gleichzeitig auch die NOx-(Stickoxid-)Belastung beträchtlich gesenkt werden.
Eine weitere Möglichkeit wäre das Platooning, das Fahren in der Kolonne. Dabei werden Fahrzeuge mit einem einheitlichen Kommunikationsstandard durch Vernetzung untereinander zu einem virtuellen Gespann gekoppelt. Alle im Platoon fahrenden Fahrzeuge folgen einander in minimalem Abstand. Gesteuert werden sie vom Fahrzeug an der Spitze. Aus wirtschaftlichen Überlegungen dürfte diese Entwicklung vor allem für den Güterverkehr von Interesse sein. Fahrzeuge, die in automatisierten Platoons unterwegs sind, brauchen aufgrund des geringeren Luftwiderstandes (Windschatten) bis zu 20 Prozent weniger Treibstoff.
Röthlisberger ortete als weiteres Mittel zur Erhöhung der Strassenkapazität die Vergrösserung der Verkehrsfläche durch die Inbetriebnahme der Standspuren dort, wo dies möglich ist, sowie durch die Erlaubnis des Rechtsvorbeifahrens. Aber auch Wechseltextanzeigen hätten den Verkehrsfluss erhöht. Auf die Kurzformel gebracht: «Wir müssen das, was wir schon haben, besser nutzen», erklärte der Astra-Direktor. Zur intelligenten Mobilität zählte der Referent auch die Entwicklung von Fahrzeugen, die dereinst voll automatisiert fahren. Eine voll automatisierte Mobilität könne zu einer markanten Steigerung der Verkehrssicherheit beitragen. Allerdings werden bis dahin gemäss Röthlisberger noch Jahre vergehen. Auf die Schnelle sei das nicht zu machen.
Förderung der E-Mobilität
Die E-Mobilität als zweite grosse Schiene verdiene es, stark gefördert zu werden. Dazu bräuchte es eine merkliche Verbesserung der Reichweiten sowie Kaufanreize für E-Fahrzeuge, das heisst eine Verbilligung. Im Weiteren müssten Flottenbetreiber dazu gebracht werden, ihre Flotte vermehrt auf E-Fahrzeuge umzurüsten. Darüber hinaus sei die Errichtung von Schnellladestationen zu intensivieren. Dies alles würde dazu führen, dass immer mehr Fahrzeuge der Euro-6-Norm in Verkehr kämen. Heute bilden Fahrzeuge der Euro-5- und Euro-4-Norm den grössten Teil des Wagenparks. Im Durchschnitt ist der Personenwagenpark in der Schweiz rund achteinhalb Jahre alt.
Bei den Brummis sollte die Ver- und Entsorgung in Städten zunehmend mit E-Nutzfahrzeugen bewältigt werden, was auch wieder der Umwelt zugute kommt. Die Befreiung der E-Nutzfahrzeuge von der LSVA (leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe) beizubehalten, sei deshalb richtig.
Ganz allgemein sei es wichtig, nicht nur auf eine Antriebsart zu setzen. Es gelte, das Fahrzeug mit derjenigen Antriebsart dort einzusetzen, wo es seine Stärken ausspielen könne.
Strassen müssen verlässlich sein
Oberstes Ziel müsse die Verlässlichkeit der Strasse sein, damit man innert nützlicher Frist ans Ziel gelange und nicht im Stau stecken bleibe. Bei aller Vernunft dürfen schliesslich auch die Emotionen, die ein Auto weckt, nicht ganz ausser Acht gelassen werden. Sie gehörten eben auch dazu.
AO