AUTOMOBILE HAUTE COUTURE IM PANTHEON

Das Pantheon Basel, Forum für Oldtimer, hat in einer einzigartigen Sonderschau rund 25 Fabrikate des Designstudios Zagato vereinigt. Sie zeigt die Klassiker ebenso wie die Autos der Neuzeit.

Zagato. Als vor fast 100 Jahren, im Jahre 1919, Ugo Zagato die «Carrozzeria Zagato» gründete, konnte noch niemand wissen, dass die Karosseriebaufirma im Mailänder Stadtteil Terrazzano di Rho einst ein Design- und Entwicklungsstudio von Weltruhm werden würde. Doch Zagato und seine Crew verstanden es, im Flugzeugbau gewonnene Erkenntnisse auf das Auto zu übertragen, wodurch sich die Zagato-Schöpfungen immer durch ihre Leichtigkeit sowie Windschlüpfigkeit auszeichnen.

Zagato hatte sein Unternehmen in guter Nachbarschaft zu Alfa Romeo angesiedelt und somit war es nur logisch, dass es im Laufe der Jahre zu vielen gemeinsamen Entwicklungen gekommen war. Und weil sich die Zagato-Fabrikate aufgrund ihrer besonderen baulichen Vor-aussetzungen vortrefflich für den Rennsport eignen, feierte man auch gemeinsam zahlreiche Rennerfolge. Der Alfa Romeo 6C 1750 Zagato machte 1929 auf den Pisten Europas Furore, der Alfa Romeo 8C 2300 Zagato wurde zur Legende.

Gespür für Tradition

Seit seiner Eröffnung im Jahr 2008 organisiert das Pantheon Basel, Forum für Oldtimer, regelmässig Sonderausstellungen. Diese Schauen sind jeweils Teil des in den Räumlichkeiten an der Hofackerstrasse 72 in Muttenz angesiedelten Museums für Mobilität und werden im oberen Gebäudebereich gezeigt. Die mehrere Wochen dauernden Sonderausstellungen sind jeweils einzelnen Themen, wie etwa Automarken, gewidmet. Ausstellungsthemen waren aber auch schon andere Bereiche, insbesondere aus der Welt der Oldtimer, so etwa das Klausenrennen, Scheunenfunde oder Schweizer Autos und Carrossiers.

Seit dem vergangenen 24. Oktober widmet sich die bereits 19. Sonderausstellung des von Stephan Musfeld umsichtig geleiteten Pantheons dem Werk der «Carrozzeria Zagato». Sie vereinigt rund 25 Exponate aus der Küche der Designschmiede, welche heute in dritter Generation von Andrea Zagato und dessen Frau Marella Rivolta geleitet wird und bislang an die 300 Kreationen hervorbrachte. In den nun beinahe zehn Jahrzehnten des Schaffens hat Zagato Mailand mit den meisten Automarken zusammengearbeitet. So entstanden Prototypen und Kleinserien für Marken wie Aston Martin, Bentley, BMW, Bristol, Ferrari, Fiat, Jaguar, Lancia, Nissan, Toyota oder Volvo.

Erstmalig und einzigartig

Darauf, dass nun in Muttenz eine derartige Ausstellung zu Zagato – sie vereint Exponate über einen Zeitraum von rund 80 Jahren – gelungen ist, kann Stephan Musfeld zu Recht stolz sein. Es ist die erste solche umfassende Ausstellung zum Thema Zagato überhaupt. «Die Idee dazu entstand etwa im März oder April 2016. Ich wendete mich an den Automobilhistoriker Urs Paul Ramseier des Swiss Car Registers, welcher den Kontakt zu Zagato herstellte», erklärt Musfeld. Laut dem Hauspatron wurde die Konzeption der Ausstellung inklusive der Beleuchtung und der Selektion der Fahrzeuge in Mailand erarbeitet. «Obwohl gewisse Unterlagen und Materialien sehr knapp angeliefert wurden, hat alles geklappt und ich bin glücklich über diese Ausstellung. Eine Schau von Zagato-Fabrikaten mit dieser Vielfalt und während einer solch langen Zeit ist meines Wissens einmalig», ergänzt Stephan Musfeld.

Die Autos sind Leihgaben und stammen fast ausschliesslich aus Schweizer Besitz. Unter ihnen befinden sich etwa auch Fahrzeuge von Axel Marx und Heini Rutz, deren Sammlungen in der AR jüngst porträtiert wurden. Ihre und die anderen Wagen sind aber im Pantheon nicht einfach nur ausgestellt, sondern sie werden im Rundbau regelrecht inszeniert (s. auch das Interview mit Zagato-Designdirektor Stephane Schwarz). Eine Empfehlung zum Schluss: Wer die Ausstellung besucht, was man unbedingt tun muss, sollte sich die rot-weissen Curbs genauer ansehen. Auch sie sind Haute-Couture!

«Autos für die Strasse»

Interview mit Stephane Schwarz, Designdirektor Zagato.

 

Der schweizerisch-französische Doppelbürger machte von 1986 bis 1989 am Art Center College of Design in La Tour-de-Peilz VD den Bachelor of Science in Transportation Design. Er arbeitete von 1990 bis 1994 als Designer bei Pinin­farina in Turin (I) und wechselte dann zu Nissan (1994–2003) nach München (D), 2003–2004 war er in Atsugi (JAP) tätig und war 2004–2007 Direktor des Nissan Design Center Europe in London (GB). Seit Januar 2013 ist Schwarz Zagato-Design-Direktor.
Der schweizerisch-französische Doppelbürger machte von 1986 bis 1989 am Art Center College of Design in La Tour-de-Peilz VD den Bachelor of Science in Transportation Design. Er arbeitete von 1990 bis 1994 als Designer bei Pinin­farina in Turin (I) und wechselte dann zu Nissan (1994–2003) nach München (D), 2003–2004 war er in Atsugi (JAP) tätig und war 2004–2007 Direktor des Nissan Design Center Europe in London (GB). Seit Januar 2013 ist Schwarz Zagato-Design-Direktor.

 

AR: Wie kam es zu dieser einzigartigen Zagato-Ausstellung im Pantheon Basel?

Stephane Schwarz: Es gab einen ersten Kontakt zwischen Stephan Musfeld und Andrea Zagato bereits vor ein paar Monaten. Zagato stand der Idee für eine solche Ausstellung sofort aufgeschlossen gegenüber, denn unser Studio hat eine enge Beziehung zur Schweiz. So gibt es natürlich viele Sammler in der Schweiz mit Zagato-Fahrzeugen. Wir sahen in einer solchen Schau auch die Möglichkeit, die Zagato-Besitzer zu einer Art Community zu vereinen.

War auch die Location ein Argument?

Absolut. Dies ist ein einzigartiger Raum und seine Kreisbahn erinnerte uns sofort an die Kurven aus dem Gran-Turismo-Rennsport. Es fielen Namen wie Parabolica oder Lesmo, die berühmten Monza-Kurven. Schliesslich hatte ja Zagato in der Vergangenheit immer wieder erfolgreiche Rennwagen entwickelt.

Deshalb diese Anordnung der Exponate wie in einem Starting-Grid?

Genau, denn wir wollten die Autos nicht einfach traditionell parken, sondern sie sollten wie in einer Startaufstellung aufgereiht sein, um so etwas wie Racing-Spirit zu vermitteln.

Hatten Sie Mühe, all diese Exponate zusammenzukriegen?

Im Gegenteil. Alle, wirklich alle, wollten uns helfen und ihr Auto zur Verfügung stellen. Wir mussten sogar viele Fahrzeuge abweisen. Doch weil die Ausstellung bis zum 17. April 2017 dauert, wird es wohl die Gelegenheit geben, den einen oder anderen Wagen auszutauschen.

Die unvermeidliche Frage: Welches Auto ist für Sie das Highlight der Ausstellung?

Diese Frage ist natürlich nicht so einfach zu beantworten. Es gibt da verschiedene Kriterien, die eine Rolle spielen. Ist es nun der seltenste Wagen? Oder der technisch aufwendigste? Oder dann doch der wirtschaftlich erfolgreichste? Und was ist mit der Ästhetik?

Sie sind der Designer. Also welcher in der Schau gefällt Ihnen am besten?

Hier schlägt mein Herz für den Lancia Flaminia Sport von 1959 sowie auch für den 1964er-Alfa Romeo Giulia TZ. Oder ist es doch der Lancia Aprilia Sport von 1937?

Welches Fabrikat hat wohl die grösste Bedeutung?

Das ist wohl die Giulia TZ. Denn dieses Sportcoupé war seiner Zeit voraus. Sein Design ist eigentlich sehr simpel und klar, doch extrem effizient. Es verkörpert regelrecht die Losung «Form follows Function», ohne banal zu sein. Seine Proportionen sind absolut herausragend. Dann ist es natürlich auch sinnbildlich für Zagato, denn unser Design stand schon immer für Einfachheit – mit wenigen Linien und ohne Schnörkel. Dazu passt dann auch, dass alle unsere Autos homologiert sind und gefahren werden können. Eigentlich sind es Autos für die Strasse oder die Rennpiste und nicht fürs Museum.

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