ROTE NASE, GROSSES HERZ

Sie bringen den angeheiterten und müden Fahrer sowie sein Auto sicher nach Hause: die guten Feen der Aktion «Nez Rouge».

Rudolf mit der roten Nase ist das Maskottchen der Freiwilligen-Fahrdienst-Organisation Nez Rouge. Gefahren wird mit durch lokale Garagenbetriebe und Importeure gesponserten Fahrzeugen. © zVg.

Steter Tropfen höhlt den Stein.» Dieses Sprichwort ist besonders treffend für wohltätige Aktivitäten. Nez Rouge, die Vereinigung, welche gratis Autofahrer nach Hause bringt, die nicht mehr fahrtüchtig sind, weiss das nur zu genau. Die Aktion ist nur dank der Mithilfe jeder und jedes einzelnen Freiwilligen auf unterschiedlichsten Niveaus realisierbar. Es gibt natürlich die Unterstützung vieler Unternehmen (siehe S. 7), die sich finanziell, mit Logistik oder Hilfsmitteln an Neu Rouge beteiligen. So hilft etwa das Transportunternehmen Planzer mit Geld aus, die Swisscom stellt grosszügigerweise die Gratisnummer 0800 802 208 zur Verfügung, und die Versicherungsgesellschaften Zürich sowie Helvetia verzichten auf die Versicherungsprämien für die Dez-Rouge-Fahrzeuge. Diese Autos, die dem «Kundenfahrzeug» folgen und die den Kunden-Chauffeur am Ende der Lotsenfahrt wieder aufnehmen, werden kostenlos durch örtliche Garagisten zur Verfügung gestellt. Dann tragen auch Restaurants und Bäckereien das Ihre bei und bieten warme Mahlzeiten und unverkauftes Gebäck zur Stärkung der Helferinnen und Helfer zwischen zwei Aufträgen. Und schliesslich sind da natürlich all die Freiwilligen, ohne die gar nichts ginge. 2015 waren es 8791 Leute, die 31 260 Personen nach Hause gebracht haben; seit 1990 haben 356 000 Personen von Nez Rouge profitieren können.

Dauernder Bedarf an Freiwilligen

1990 war das Jahr, als der Arzt Beierle im Jura die Idee «Nez Rouge» in die Schweiz einführte und zunächst in seiner Region geringen geografischen Ausbreitung eines der aktivsten Gebiete von Nez Rouge: Der Kanton macht allein 8.4 % der Fahrten aus, obwohl er nur 0.8 % der Schweizer Bevölkerung beherbergt. «Ich glaube gern, dass sich unsere Gegend so sehr an Neu Rouge gewöhnt hat, dass es zu einer Institution geworden ist», meint Christel Sommer, Organisationsdirektorin der Vereinigung. Aber das ist nicht nur im Jura der Fall, wenn man dem grossen Beliebtheitsgrad von Nez Rouge vertraut. Das Meinungsforschungsinstitut Link ermittelte 2016 eine positive Einstellung zur kostenlosen Organisation von 94 % aller Befragten. Doch die quasi einhellige Zustimmung ist nicht geschenkt, sie baut auf dem Engagement der Beteiligten auf, Jahr für Jahr. «Viele Leute meinen, wir hätten genug Freiwillige oder dass es zu spät sei, sich zu melden. Aber das ist nicht der Fall. Wir brauchen dauernd Leute», erklärt Nathalie Robatel, Helferin in der Sektion Broye-Lac. «Es sind häufig die gleichen Freiwilligen, die jedes Jahr zurückkommen, aber wir brauchen frisches Blut, um das Fortführen der Aktion sicherzustellen. » Christel Sommer äussert sich im gleichen Sinn, aber mit einer Nuance: «Von Sonntag bis Mittwoch können wir Anfragen rasch abdecken. Aber von Donnerstag bis Samstag haben wir eindeutig mehr Anrufe, als wir schaffen können. Und an Silvester ist es noch schlimmer, da können die Wartezeiten sehr lang werden.» Nach Angaben von Nez Rouge entfällt ein Viertel aller Fahrten der Saison auf den 31.12. Die Wartezeit, die dann auch locker eine Stunde überschreiten kann, hat manchen dazu verleitet, auf die Dienstleistung zu verzichten.

Keine Auswirkung der «Via sicura»

Ohne mehr Freiwillige lässt es sich nicht besser machen. Deshalb ist es auch illusorisch, an eine Ausweitung der Aktion über das ganze Jahr zu denken. «Es bräuchte riesige Mittel, unseren Dienst für jeden Tag des Jahres aufrechtzuerhalten», erklärt Christel Sommer. «Es ginge auch gegen unser Signal der Vorbeugung und gegen unser Ziel der Eigenverantwortung für die Autofahrer. Wir möchten diese dazu veranlassen, selbst über den Einfluss von Müdigkeit und Alkohol am Steuer nachzudenken, und sie dazu bringen, einen Bekannten um Hilfe zu bitten, wenn sie fahruntüchtig sind.» Sicher, die wohlwollende Nachricht von der Vorbeugung wirkt auf viele Autofahrer, aber die brachiale Strafandrohung der «Via sicura» hat auch ihren Einfluss auf viele. «Die Angst vor den Sanktionen hat zweifellos ihren Einfluss, aber wenn wir uns die Anfragenentwicklung über die Jahre ansehen, dann zeigt sich diese als sehr regelmässig», stellt Christel Sommer richtig. «Wir sehen kein Vorher/Nachher der Via sicura.» Welche Motivation die Leute auch immer zur Nez Rouge bringt, was für die Organisationsdirektorin zählt, ist das Resultat. «Zum 20. Jubiläum von Nez Rouge gab der Gründer, Doktor Beierle, der Hoffnung Ausdruck, dass es Nez Rouge eines Tages nicht mehr braucht. Das ist der Tag, an dem wir gewonnen haben. » Bis es so weit ist, zählt jeder Anruf auf 0800 802 208 als ein Sieg für Neu Rouge. Der Erfolg kommt täglich, zu Hunderten.

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