EDITORIAL: PROBLEMATISCHES KLUMPENRISIKO BEI VOLKSWAGEN-ZULIEFERERN

Betroffen ist auch die Passat-Fertigung im Werk Emden, im Detail hier die Sitzmontage. © zVg

Martin Mäder, Redaktor

Dass der vorliegende Rechtsstreit (vergleiche Artikel auf Seite 3) mit den Zulieferern Car Trim GmbH und ES Automobilguss GmbH, sowie der daraus resultierende Lieferboykott und die entsprechenden Produktionsausfälle, die Volkswagen-Gruppe im denkbar ungünstigsten Moment treffen, dürfte eine glatte Untertreibung sein. Gerade ist man dabei, die Folgen des Abgas-Skandals zu bewältigen, was nebst der Investition von horrenden Summen insbesondere die Wiederherstellung des entsprechend ramponierten Renommees mit sich brachte. Nun ist man erneut in einem unschönen Zusammenhang im Rampenlicht. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass man zumindest in der VW-Zentrale in Wolfsburg diesen Rechtsstreit nicht an die berühmte «Grosse Glocke» hängen wollte. Nicht einmal innerhalb des Konzerns erfolgte eine so genannt zeitnahe Information. Zumindest erreichte eine solche dem Vernehmen nach offenbar nicht die VW-Kommunikation der Schweizer Importeurin Amag.
Dass man nicht allzu offensiv über die Probleme mit diesen Zulieferfirmen informierte, liegt aber wohl nicht nur bei der Bewältigung von «Diesel-Gate», sondern auch in der zeitlich unerwünschten Nähe zu einem anderen Ereignis. So hatte VW-Vorstandschef Matthias Müller doch erst gerade im Juni eine neue Strategie für den Konzern kommuniziert. Diese hat den überaus sinnigen Namen «TOGETHER – Strategie 2025» und bedeutet nach eigener Lesensart nichts weniger als den grössten Veränderungsprozess in der Geschichte des VW-Konzerns. Mit dieser Strategie soll Volkswagen laut CEO Müller «konsequent auf profitables Wachstum ausgerichtet werden». Nun scheint dieses noch einträglichere Wachstum, sowie das im Titel der Strategie betonte «Gemeinsame», diese zwei Lieferanten auszuschliessen.
Dass die Aufkündigung der Lieferverträge in einem Stillstand der Autoproduktion münden konnte, ist verhängnisvoll. Denn mit jedem Tag, an welchem ein Montageband stillsteht, entstehen neue Kosten. Diese Abhängigkeit von den zwei Firmen könnte sich für VW als teures und gefährliches Klumpenrisiko erweisen. Wie teuer diese «unschöne Geschichte» die Wolfsburger zu stehen kommt, lässt sich natürlich noch nicht abschätzen. Es hängt von aktuell (am Montagabend) noch laufenden Verhandlungen ab, wann die Fertigung in den betroffenen Werken weitergeht und die Angestellten an ihre Arbeitsplätze zurückkehren können. Die deutsche Nachrichtenagentur dpa hatte berechnet, dass alleine eine Woche Produktionsausfall den operativen Gewinn um knapp sieben Millionen Euro schmälern wird. Und das kann VW angesichts der Milliardenklagen wegen dem Dieseldebakel gar nicht gebrauchen.

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