Man braucht im Sport oft und im Motorsport vielleicht noch etwas öfter das nötige Glück, um Champion zu werden. «Eine Runde mehr und das Auto hätte auf keinen Fall mehr durchgehalten», blickt Kris Richard auf den zweiten Lauf der Tourenwagen-EM in Vila Real zurück. Die Hitze habe dem Honda eingeheizt und nicht wirklich gut getan. «Ich konnte kaum noch runterschalten.» Von seinen zeitweise 10 Sekunden Vorsprung blieben so nach Überqueren der Ziellinie noch mickrige drei Zehntel übrig. Mit diesem Sieg freilich übernahm der zweite Rikli-Honda-Fahrer die Führung im EM-Zwischenklassement. Zwei Punkte vor dem tschechischen Titelverteidiger Petr Fulin. Hinsichtlich der beiden noch ausstehenden Renn-Weekends in Magny-Cours am Wochenende und dem Finale Anfang Oktober in Imola lässt sich der Mann aus den Bergen, sprich Gwatt bei Thun, nicht verrückt machen. «Nein, ich schiele nicht auf das Gesamtklassement oder mache mir Gedanken zu einem möglichen Titel. Ich fahre Rennen für Rennen. Das hat bisher ganz gut geklappt.» In der Tat …
Dem Chef voraus
Was sich Teamchef Peter Rikli seit Jahren vergeblich wünscht, den EM-Titel, könnte nun heuer just seinem Teamkollegen vergönnt sein. «Wir sprechen nicht wirklich über diese Situation. Er hat nur einmal gesagt, dass das in der Art ziemlich neu für ihn ist und in den letzten Jahren nie vorgekommen sei.» Die Gastfahrer, die zuletzt jeweils den zweiten Rikli-Honda pilotierten, hielten sich dezent hinter dem Chef zurück. Da dieser Chef bis dato indes, als höchstes der Gefühle diverse zweite und dritte Plätze herausfuhr, war Rikli-Motorsport noch nie Europameister. Das könnte sich nun bald ändern. Rikli liegt bereits 25 Punkte hinter seinem 26 Jahre jüngeren Compagnon zurück. Man darf davon ausgehen, dass Richard im finalen Titelrennen sowieso auf allfällige Schützenhilfe seines «Boss» bauen könnte. Schliesslich ist man ja zusammen mit Rikli-Motorsport unterwegs. Ob dies freilich überhaupt nötig sein wird, bleibt abzuwarten.
Die Post geht voll ab
Kris Richard ist derzeit so schnell, dass er ohne technische Pannen die Pace bestimmen kann. Dies ist umso erstaunlicher, als dass er heuer erstmals im Tourenwagen sitzt und die letzten zwei Jahre gar nicht, oder nur sehr wenig, Motorsport betrieb. Die Lehrabschlussprüfung stand unter anderem an. Richards Vater war es dann, der seinen rasenden Bub ankickte und animierte, es doch heuer wieder Mal mit «Racen» zu probieren. Ergo klopfte der Filius bei Riklis an und konnte die Wangener von sich überzeugen. «Offenbar habe ich noch nicht alles verlernt», meint der frühere Kart- und Formel-BMW Pilot augenzwinkernd …
Um die Erfolgswelle auf der er derzeit surft auszureiten, hat Richard inzwischen den Job gewechselt. «Wenn Du Vollzeit als LKW-Chauffeur auf Achse bist, wird es schwer alles zu organisieren.» Derlei arbeitet er jetzt zu 60 – 70 Prozent bei «fastlink», einem seiner Sponsoren, und schraubt da unter anderen an Swisscom-Boxen rum. Ausserdem hilft er seinem Vater in der Garage aus. Derlei ist der begabte Jungpilot flexibel, wenns am Auto was zu Schrauben gibt oder, wie diese Woche, jemand schnell nach Mailand muss, um Ersatzteile zu shoppen. Flexibiliät und Zeit helfen sehr, sich als Motorsportler zu Managen. Dank dem Preisgeld, das Richard zuletzt einfuhr, reicht es ihm inzwischen — ohne gröbere Einschläge — die Saison fertig zu fahren. Das war zu Saisonbeginn noch keineswegs gewiss. «Aber man kann sich ja nicht nur auf das Jetzt konzentrieren», sagt der Berner. Insofern seien Sponsoren nach wie vor herzlich willkommen (s. Box). Wäre ja jammerschade, wenn er sich nächste Saison als möglicher Europameister kein Cockpit leisten könnte.
In der Migros
Vom 2. bis 13.8. werden die beiden Rikli-Hondas und deren Fahrer im Gäupark in Egerkingen SO stehen. Peter Rikli, dessen Garage in Wangen steht, wird wie sein Teamkollege, Kris Richard, zugegen sein, und vor Ort Fragen beantworten. Vom 15.8. bis am 27.8 findet dasselbe im Shoppyland Schönbühl BE statt. «Dazu wirds Simualtoren und Rennbahnen und so weiter geben», sagt Richard. Und: Es gibt auch einen Wettbewerb, an dem Mann oder Frau ein VIP-Package für sechs Personen ans Saisonfinale in Imola gewinnen können. Sollte dann ein Schweizer Namens Richard den Titel gewinnen, wäre die dazugehörende Party gewiss inklusive.