Es gab eine Zeit, da folgte das Autodesign ganz der Funktion. Doch das ist lange her. Spätestens seit dem Ende der Sechzigerjahre koppelte sich das Autodesign immer mehr von den Aufgaben ab, für die das Auto eigentlich gedacht war.
Ein vorerst letzter Höhepunkt war mit dem Audi TT erreicht: 1998 kam der Roadster auf den Markt. Damals noch ohne Heckspoilerchen und ohne ESP. Die Konstrukteure hatten einen Heckspoiler gefordert, die Designer winkten ab – er würde das Design beeinträchtigen. In der Tat: Der ursprüngliche TT ohne Heckspoiler wirkte sehr viel cleaner. Leider brauchte es diesen dringend bei Kurvenfahrten im Grenzbereich (hohe Tempi) – Audi musste nachbessern.
Doch solche kleinen Episoden haben das Autodesign nur kurzfristig zurückgeworfen. Heute ist das Design neben dem Markenimage, der Karosserieform und natürlich dem Fahrzeugpreis eines der wichtigsten Kaufkriterien.
Beim Media-get-together-Anlass von Seat hatten wir die Möglichkeit, dem Spanier Joaquin Garcia (Chef-Designer beim spanischen Automobilhersteller) beim Skizzieren eines Ateca-Rohentwurfes über die Schultern gucken zu können.
Auf einem kleinen iPad skizzierte der Spanier in Windeseile einen Grundentwurf für den neuen Seat Ateca. Fasziniert folgten die Journalisten den schnellen Strichen des Designmeisters, der seine ersten Autos schon im Alter von fünf Jahren zu zeichnen begonnen hatte.
Was ist die DNA des Autos?
«Wir fangen immer damit an, dass wir uns fragen, was für einen Charakter das Fahrzeug haben soll und was die DNA des Autos ist.» Im Fall des Ateca ist es der Leon, denn Teile des Kompaktwagens Leon wurden auch auf den SUV Ateca übertragen.
Danach wurde mit der Front begonnen. Bestimmte Elemente, die Dynamik oder Robustheit symbolisieren sollen, wurden dabei vom ersten Entwurf an immer beibehalten (siehe Skizze). Beim Design kam es laut Garcia vor allem auf eine gute Silhouette an: «Die ausgewogenen Proportionen sind überaus wichtig, daran arbeiten wir wochenlang. Das Fahrzeug darf nicht zu lang oder zu flächig wirken.» Absolut tabu sind übrigens vertikale Linien. Garcia: «Linien am Auto müssen horizontal sein oder noch besser: sie müssen schräg sein. Und immer von vorne nach hinten ansteigen.»
Dynamik in die Karosserie
So fällt beim Ateca auf, dass die Gürtellinie von hinten nach vorne abfällt – das sorgt für mehr Dynamik nach vorne und wirkt weniger statisch.
Ganz wichtig war auch die sogenannte «blister line», die lange Knickkante, die von den LED-Scheinwerfern bis zu den Heckleuchten führt. Sie gibt Länge in die Karosserieform und hat laut Garcia einen «Streamline»-Effekt.
Im 21. Jahrhundert wird das Innendesign immer wichtiger, denn wir verbringen immer mehr Zeit im Auto (die Staus lassen grüssen). Speziell in einem SUV wie dem Ateca wird der «Cocooning»-Effekt ange strebt, was übersetzt so viel wie «sich einspinnen» bedeutet. Man soll sich also im Auto wie zu Hause fühlen, dazu zählt heute auch ein modernes Infotainmentsystem. Garcia: «Allein am Display arbeiten bei uns 25 Leute, was zeigt, wie enorm wichtig die Displays heute schon sind … und sie werden noch viel wichtiger in der Zukunft werden.»
Haptik sehr wichtig
Interessant zu wissen ist auch, dass die Innenraummaterialien schon in der Designabteilung ausgewählt werden. Denn die beiden Sinneswahrnehmungen Sehen und Fühlen sind im Innenraum gleichsam gefordert. Stimmt es für die Finger nicht, kann auch das Auge den fehlenden Qualitätseindruck nicht mehr ausgleichen.
Drei bis vier Jahre dauert der Prozess zwischen den ersten Skizzen bis zum Rollout des Serienfahrzeugs, ein Prozess, in den viele Menschen, Entscheidungen und viel Geld eingebunden sind. Beim Seat Ateca scheint er sich gelohnt zu haben: Seat Schweiz hat schon über 600 Bestellungen für den neuen Spanien-SUV notieren dürfen. Die Markteinführung erfolgt in der zweiten Juliwoche.