FRONTANTRIEB IM QUATTRO

Mit dem neuen «quattro ultra» verabschiedet sich Audi vom permanenten Allrad. Dank verschiedenen Massnahmen soll das Quattro-Feeling für die Fahrer erhalten bleiben und der Verbrauch trotzdem sinken.

Auch der quattro entkoppelt nun die Hinterachse am Getriebeausgang und am Hinterachsdifferential.

Audi heisst quattro, quattro heisst Audi. Wohl nur wenige Hersteller haben einen so starken und allgegenwärtigen Namen für ihre Allradsysteme geschaffen wie Audi.

Seit einige Ingolstädter Ingenieure im Winter 1976 bei Erprobungsfahrten im verschneiten Schweden die Vorteile des Allradantriebs entdeckten und diesen anschliessend bis 1980 zur Serienreife entwickelten, hat der quattro seinen festen Platz im Line-up der vier Ringe. Mit dem neuen A4 allroad führt Audi den quattro ultra ein. Doch was bedeutet der kryptische Zusatz «ultra»?

Zwei statt vier

Allradsysteme haben neben den offensichtlichen Vorteilen auch diverse Nachteile. Beim permanenten Allrad werden konstant alle Räder angetrieben. Gegenüber einem Zweiradantrieb bedeutet dies, dass mehr rotierende Masse vorhanden ist, mehr Reibung verursacht wird und zusätzliches Gewicht mitgetragen wird. Dies alles sind tödliche Eigenschaften, wenn gleichzeitig der Verbrauch und der CO2- Ausstoss der Fahrzeuge immer weiter reduziert werden soll oder werden muss.

Im allergrössten Teil der Fahrsituationen und bei normalen Strassenverhältnissen bietet ein Allradantrieb wenig bis gar keine Vorteile, weshalb es Sinn macht, die nicht benötigte Achse dann vom Antriebsstrang loszulösen. Mit quattro ultra bietet nun auch Audi ein System an, das genau dies tut – die Hinterachse entkoppeln. Wann immer die Bedingungen es zulassen, ist das Fahrzeug dann als reiner Fronttriebler unterwegs.

Strategische Entscheidung

Um im Bedarfsfall den Allradantrieb rasch und sinnvoll zuschalten zu können, verfolgen Quattro-Ultra-Fahrzeuge drei verschiedene Betriebsstrategien: proaktiv, prädiktiv und reaktiv. Die Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung diverser Parameter, die bei Bedarf alle 10 ms neu erfasst werden können. Dazu gehören neben Lenkwinkel und Motormoment auch Quer- und Längsbeschleunigung des Fahrzeuges, der Neigungswinkel sowie Drehzahl und Schlupf der einzelnen Räder. Zusätzlich kommuniziert das Allradsteuergerät mit Motor- und Getriebesteuerung und ESC. Im proaktiven Betriebsmodus schaut das Allradsystem rund eine halbe Sekunde in die Zukunft und versucht vorherzusagen, was mit dem Fahrzeug als nächstes geschieht und ob Antriebsmoment auf der Hinterachse benötigt wird. So kann beispielsweise bei Kurvenfahrt unter Berücksichtigung von Lenkwinkel, Beschleunigung und Geschwindigkeit der Punkt berechnet werden, an welchem die Haftgrenze erreicht ist. Die Hinterachse wird kurz davor gekoppelt und die physikalischen Grenzen ein wenig weiter hinausgeschoben.

Im prädiktiven Modus orientiert sich die Allradsteuerung hauptsächlich am gewählten Fahrprogramm und am Verhalten des Fahrers. Wenn dieser konstant aggressiv unterwegs ist, schaltet sich der Allrad viel früher zu, als wenn er ökologisch bedacht fährt.

Der reaktive Zustand schliesslich stellt sozusagen das Fangnetz dar. Wenn bei plötzlich wechselnden Bedingungen – z. B. sprunghaft abnehmendem Haftwert beim Auffahren auf eine Eisfläche – die Vorhersage des Systems falsch wird, so erfolgt eine rasche Anpassung des Systems an die tatsächlichen Gegebenheiten.

Um eine möglichst grosse Treibstoffersparnis zu erzielen, erfolgt eine Trennung zwischen Getriebe und Kardanwelle, um die gesamte Hinterachse vom Antriebsstrang zu entkoppeln.
Um eine möglichst grosse Treibstoffersparnis zu erzielen, erfolgt eine Trennung zwischen Getriebe und Kardanwelle, um die gesamte Hinterachse vom Antriebsstrang zu entkoppeln.

Komplett entkoppelt

Um eine möglichst grosse Treibstoffersparnis zu erzielen, erfolgt eine Trennung zwischen Getriebe und Kardanwelle, um die gesamte Hinterachse vom Antriebsstrang zu entkoppeln. Um auch Schleppmomente so gut wie möglich verhindern zu können, wird ausserdem zusätzlich die Verbindung an der Hinterachse getrennt, sodass die Räder frei drehen können.

Die Trennung getriebeseitig geschieht über eine variable Lamellenkupplung mit fünf oder sieben Scheiben, die im Ölbad laufen. Angetrieben wird mechanisch über einen im Steuergerät integrierten Elektromotor und eine Spindel. So kann nicht nur die Entkoppelung, sondern auch eine stufenlose Verteilung des Drehmoments zwischen den beiden Achsen erfolgen.

Für die Entbindung an der Hinterachse wurde zwischen dem Differenzialgetriebe und einer Achsewelle eine Klauenkupplung verbaut. Sobald diese öffnet, drehen an der Hinterachse bloss noch die Antriebswellen und Zahnräder im Differenzial mit.

Bei Aktivierung schliessen zuerst die Lamellen und bringen die Kardanwelle auf Drehzahl. Sobald Raddrehzahl und Kardanwelle synchronisiert sind, schliesst auch die Klauenkupplung. So kann die Kupplung, unabhängig von Lastzustand und Drehzahl, für die Insassen unmerklich arbeiten.

Da die Klauen mittels Federn vorgespannt sind, dauert das Einkuppeln bloss Sekundenbruchteile. Das Öffnen dauert dafür deutlich länger, da dies kein zeitkritischer Vorgang ist.

Leichter geworden

Um Gewicht einzusparen, musste das neue System an diversen Orten abspecken, sodass es zum Schluss trotz aufwendigerer Bauweise rund 4 kg leichter ist als der permanente Allradantrieb im Vorgängermodell. So sollen laut Audi auf der getesteten Strecke rund um Ingolstadt im Alltagsverkehr eine Treibstoffersparnis von rund 0,3 l/ 100 km möglich sein.

Das System ist für Fahrzeuge mit längs eingebautem Frontmotor konzipiert. Vorerst kommt es im A4 allroad zum Einsatz, später erfolgt dann eine Ausdehnung auf weitere Modelle.

Im Video wird gezeigt, wie das Quattro-Prinzip bisher funktioniert:



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