Der gemeine Hobbyschrauber wird sich unter dem Begriff «Werkzeugbau» wohl eine Art Presse vorstellen, die im Sekundentakt neue Hämmer oder Schraubenzieher ausspuckt.
Im Industriebereich wird unter dem Begriff jedoch ein grosses Werkzeug verstanden, das beispielsweise in der Lage ist, Zehntausende von Karosserieblechen in die gewünschte Form zu pressen.
Bei diesem Prozess kommen gewaltige Kräfte zum Einsatz – mit bis zu 2500 Tonnen Druck werden die Karosserieteile gepresst. Weil zudem die Qualität der Karosserieteile gleichbleibend hoch bleiben muss (egal, ob zum Beispiel die Kühlerhaube zum 1. oder zum 35 000. Mal gepresst wird), versteht sich von selbst, dass die Werkzeuge höchsten Qualitätsansprüchen genügen müssen. Dementsprechend aufwendig und kostenintensiv ist die Herstellung dieser Werkzeuge.
Audi hat nun bekannt gegeben, dass es gelungen sei, eine neue, hocheffiziente Werkzeuggeneration zu entwickeln. Die neue Generation unterscheide sich von der alten dadurch, dass sie 20 % leichter sei (anstatt 45 Tonnen noch 36 Tonnen). Gleichzeitig sei die neue Werkzeuggeneration aber auch stabiler, was es erlaube, Blechteile schneller, präziser und mit weniger Verschleiss zu produzieren. Zudem werde Energie (also Strom) eingespart – rund 10 %.
Und wie haben dies die Ingolstädter geschafft? Indem sie über den Tellerrand hinausgeblickt haben und den «Formenbau in der Natur» studiert haben (unter anderem Blätter und die Knochen eines menschlichen Skeletts). Diese Wissenschaft nennt sich Bionik und wurde schon von Leonardo da Vinci praktiziert (Übertrag des Vogelflugs auf einen menschlichen Flugapparat).
Mittels CAD-Konstruktionen (Computer- Aided Design) stellt der moderne Werkzeugmacher 3-D-Modelle am Bildschirm her, danach werden die Werkzeuge hergestellt. Als Materialien werden dabei Gusseisen, Aluminium, aber auch Kunststoffe verwendet. Die Maxime dabei lautet: das richtige Material an der richtigen Stelle in der richigen Menge. Vor allem dadurch, dass nicht mehr nur senkrechte Grundstrukturen zum Einsatz kommen, sondern auch Bogenformen, bekommt die neue Werkzeuggeneration eben ihre zusätzliche Stabilität.
Zum Schmunzeln ist allerdings, dass es so lange gedauert hat, bis sich die Bogenform auch im Werkzeugbau durchgesetzt hat – dass der Bogen gewaltige Belastungskräfte am effizientesten ableitet, wussten schon die alten Römer.