Ferrari 340 MM – das Monster

1953 wurde die erste Sportwagen-Weltmeisterschaft ausgetragen. Und Ferrari hatte mit dem 340 MM das passende Fahrzeug dazu.

  • Nur 1953 gebaut
  • Ursprünglich zehn Exemplare produziert
  • Sieger der Mille Miglia 1953

Es war ein Streit zwischen zwei Genies: Ferrari-Chefingenieur Gioacchino Colombo wollte eine aufgeladene Version seines bewährten 1,5-Liter-V-12 in die Formel 1 schicken, die ab 1950 ausgetragen wurde. Aurelio Lampredi hatte einen anderen Vorschlag: Er wollte mit einem Saugmotor mit grossem Hubraum antreten. Seine Konstruktion verfügte über eine völlig andere Architektur, die einen längeren und höheren Motorblock, einfache Einlasskanäle und eine Doppelzündung vorsah. Dieser Motor mit einem Hubraum von anfangs 3,3 Litern wurde dann sehr erfolgreich und führte zur Beförderung von Lampredi zum Chefingenieur von Ferrari im zarten Alter von 30 Jahren. Colombo wanderte genervt zu Alfa Romeo ab.

Was für ein grossartiger Rennwagen: Ferrari 340 MM – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Der 3,3-Liter-Lampredi-Motor wurde zuerst an der Mille Miglia 1950 eingesetzt. Getriebeschäden führten bei beiden Fahrzeugen zum Ausfall, aber die Maschine war sehr vielversprechend. Auf dem Pariser Salon im Oktober 1950 stellte Ferrari eine 4,1-Liter-Version vor, die den Namen 340 America trug. Ausgestattet mit Weber40-DCF3-Vergasern mit zwei Drosselklappen und Marelli-ST66-Zündverteilern, schaffte der Lampredi-Motor etwa 280 PS. Der 340 America hatte bald Erfolg und gewann 1951 die Mille Miglia, zudem erwies er sich bei SCCA-Rennen in den USA als sehr konkurrenzfähig. Trotz des Potenzials des 340 America blieb der Erfolg in Le Mans jedoch aus, und Ferrari versuchte, einen leistungsstärkeren Nachfolger zu bauen, um den Sieg des 250 Sport bei der Mille Miglia 1952 zu verteidigen.

Auch Pininfarina zeichnete einige Aufbauten, dieses Exemplar hier stammt aber von Vignale – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Anfang 1953 wurde der Ferrari 340 MM vorgestellt. Zu den Modifikationen gehörten die Vergrösserung des Radstands von 2420 auf 2500 Millimeter sowie die Montage breiterer Räder. Mechanisch wurde der Lampredi-Motor mit leichteren Pleueln und 3fach-Weber-Vergasern auf den neuesten Stand gebracht. Der Verteiler des Vorgängermodells wurde nun durch einen Magneten ersetzt, und in Kombination mit der erhöhten Verdichtung kam der Motor auf deutlich über 300 PS, ein Leistungszuwachs, der besonders bei Drehzahlen über 5000/min deutlich wurde. Mit einem größeren 177-Liter-Kraftstofftank im Vergleich zum 140-Liter-Tank des America war der MM perfekt für den harten Wettbewerb bei Langstreckenrennen geeignet.

Ein 340 MM mit Vignale-Karosserie gewann auch die Mille Miglia 1953 – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Ursprünglich wurden zehn Fahrzeuge gebaut, von denen aber einige schon im Sommer 1953 zum 375 MM weiter entwickelt wurden. Siege bei der Mille Miglia, den 24 Stunden von Spa (dies dann schon mit dem 375 MM) und den 1000 Kilometern auf dem Nürburgring verhalfen Ferrari zum Sieg in der Sportwagenmeisterschaft 1953. Der 4,1-Liter-Lampredi-Motor zeigte bei der Carrera Panamericana Potenzial und wurde zudem zu 4,5- und 4,9-Liter-Konfigurationen weiterentwickelt, von denen letztere die Grundlage für den beeindruckenden Sieg in Le Mans 1954 bildete. Aber die Saison 1953, die von den attraktiven 340 MM/375MM dominiert wurde, sollte als die erste anhaltende Erfolgsphase von Ferrari im Rennsport in Erinnerung bleiben und machte diese beiden Modelle zu den am höchsten eingeschätzten frühen Sportwagen aus Maranello.

Konzentration auf das Wesentliche – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Zu den ganz grossen Siegen trug der hier gezeigte Ferrari 340 MM mit der Chassisnummer #0350AM, das letzte gebaute Exemplar, nichts bei. Und doch ist er ein ausgesprochen wichtiges Fahrzeug in der Geschichte von Ferrari. Denn mit seinen Siegen bei den SCCA-Läufen trug er entscheidend zum guten Ruf der Italiener in den USA bei. Der Ferrari wurde über Luigi Chinetti bestellt von Sterling Edwards, einem prominenten kalifornischen Geschäftsmann, Flieger und Rennfahrer (der später seinen eigenen europäisch geprägten Sportwagen, den Edwards America, konstruierte). Edwards kam im September 1953 mit seiner neuen Gattin in Europa an. Er muss von der einzigartigen Vignale-Karosserie des Wagens begeistert gewesen sein. Der Vignale Spider folgte im Wesentlichen der Form früherer Ferrari-Barchettas und wies die für den Karosseriebauer charakteristischen dreifachen, ovalen Bullaugen an den vorderen Kotflügeln, dreieckige Kühlluftöffnungen an den hinteren Kotflügeln, fünf Abgasschlitze auf jeder Seite und aussenliegende Scheinwerfer auf. Die auffällige Karosserie war damals in einer Kombination aus Dunkelblau und Weiss lackiert.

Der Lampreid-V12 machte aus dem Ferrari 340 MM ein wahres Monster – ©Courtesy of RM Sotheby’s

Nachdem er mit seinem neuen Ferrari Flitterwochen hinter sich gebracht hatte, eine Reise, die der Route der Mille Miglia sehr nahe kam, brachte Edwards den Wagen nach San Francisco und begann sofort, ihn bei einer Reihe von SCCA-Rennen an der Westküste zu fahren. Der Erfolg stellte sich sofort ein, denn der 340er gewann bei seinem ersten Auftritt auf der Stead Air Force Base in Reno, Nevada, im Oktober 1953. Es folgten Siege bei der Veranstaltung in Palm Springs im Februar 1954 und bei den 5th Annual Pebble Beach Road Races zwei Monate später. Auch die Del Monte Trophy holte er ab, und Edwards‘ Triumph über mehrere amerikanische V-8-Rennwagen kam zusammen mit einer Rekordrunde, die nie unterboten wurde. 1955 verkaufte Edwards seinen geliebten Ferrari, seither ging er durch viele Hände.

Der Ferrari wog knapp 800 Kilo – ©Courtesy of RM Sotheby’s

In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer schöne Old- und Youngtimer. Abos gibt es: hier. Ansonsten entsteht hier eine sonntägliche Reihe von Ferrari, da haben wir eine Liste mit diesen schönen Geschichten erstellt, zu bewundern: hier. Wenn Sie mehr wissen wollen zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1953: hier.

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