Subtile Revolution

Viel offensichtlich Neues bringt das Facelift des Toyota Corolla nicht. Die Änderungen sind fast ­ausschliesslich technischer Natur – aber sie sind tiefgreifend.

Nach vier Jahren auf dem Markt unterzieht Toyota sein Volumenmodell im Kompaktsegment, den Corolla, einer Modellpflege. Optisch ändert sich nicht viel, trotzdem ist das Update viel mehr als bloss ein Facelift. Denn mit der Modellpflege führt Toyota die «fünfte Generation des Hybridantriebs» ein. Dieser bringt mehr Leistung und weniger Verbrauch mit sich. Da die Marke beim vollelektrischen Antrieb noch auf den Durchbruch hinarbeitet, muss der Hybrid vorerst den Erfolg bringen. Dieser ist seit dem Prius Teil der Markenidentität und bietet sich besonders für die vielen Kunden an, die keine Möglichkeit haben, ein Auto zu laden – oder einfach keine Lust dazu.

Die gestalterischen Anpassungen gegenüber dem bisherigen Corolla sind schnell erklärt. Nur Details wie die Leuchtkonturen, die Felgen und der Kühlergrill sind neu. Im Grunde also nicht viel mehr als bei einem kleinen Facelift, wären da nicht die erwähnten Änderungen unter der Haube. Toyota hat den Hybridantrieb grundlegend überarbeitet und das Leistungsverhältnis zwischen Verbrennungs- und Elektromotor zugunsten von Letzterem verschoben. Damit konnten der Verbrauch gesenkt, die Leistung gesteigert und das Ansprechverhalten verbessert werden – wobei Letzteres eher in der Theorie gilt. Denn geblieben ist das E-CVT, das Motordrehzahl und Fahrzeuggeschwindigkeit voneinander entkoppelt.

An den Verbrennungsmotoren hat Toyota nicht viel verändert. Es gibt weiterhin einen 1.8-Liter- und einen Zweiliter-Hybrid. Dank einiger Anpassungen erhält der kleine Motor ein Leistungsplus von 18 PS auf neu 103 kW (140 PS) und der grössere ein Plus von 12 PS auf neu 144 kW (196 PS), gleichzeitig werden die CO2-Emissionen um zwei beziehungsweise zwölf Gramm pro Kilometer gesenkt. Was erst einmal nach wenig klingt, ist unter dem Strich eine Einsparung von bis zu zehn Prozent im Vergleich zum Vorgänger bei gleichzeitig deutlich mehr Leistung. Massgeblich dafür verantwortlich sind die neuen, kleineren Elektromotoren, von denen es weiterhin zwei Stück gibt, die im Getriebe integriert sind. Hinzu kommt eine neue Motorsteuerung, bei der nicht nur die Software, sondern auch die Hardware überarbeitet wurde. Eine neue Hochvoltelektronik reduziert die elektrischen Verluste und verbessert den Wirkungsgrad des gesamten Antriebsstranges auch noch einmal.

Und: Die bisherige Nickel-Metallhydrid-Batterie hat ausgedient. An ihre Stelle tritt jetzt eine Lithium-Ionen-Batterie, die um 14 Prozent kleiner ist, komplett unter der Rückbank Platz findet und so den Kofferraum nicht mehr beeinträchtigt. Mit einem Kofferraumvolumen von 313 Litern (1004 bei umgeklappter Rückbank) ist der Corolla kein Platzwunder, sodass der zusätzliche Laderaum willkommen ist. Auch im Fond ist der Platz eher eingeschränkt, gerade grosse Menschen werden an ihre Grenzen beziehungsweise ans Dach stossen. Wer mehr Laderaum benötigt, dem sei der Corolla Sports Tourer empfohlen.

Sparsamer Hybrid

Im Test hatten wir den Toyota Corolla mit Zwei­litermotor in der Variante GR Sport, was im ersten Moment etwas irreführend sein mag, denn der Corolla GR Sport hat nichts zu tun mit dem 304 PS starken GR Corolla, den es unter anderem in den USA gibt. Und auch nichts mit den übrigen GR-Modellen, die hierzulande erhältlich sind. Nein, GR Sport ist im Corolla eine Ausstattungslinie, die vor allem mit ihren sportlich gestalteten Felgen und den roten Ziernähten im Innenraum hervorsticht. Wer GR erwartet, wird also enttäuscht. Wer sich aber auf einen soliden und sparsamen Kompaktwagen einstellt, wird zufrieden sein mit dem Corolla. 4.8 l/100 km betrug der Verbrauch auf der AR-Normrunde, was als sehr sparsam taxiert werden kann. Der Tank fasst 43 Liter, was unter dem Strich fast 900 Kilometer Reichweite mit einer einzigen Tankfüllung möglich macht.

Hier beweist Toyota seine Kompetenz in Sachen Hybridantrieb. Den haben die Japaner, mit tatkräftiger Unterstützung von Toyota Motors Europe übrigens, immer weiter perfektioniert. So bleibt nicht nur der Verbrauch tief, auch die Übergänge zwischen Verbrennungs- und Elektromotor sind kaum mehr wahrnehmbar. Einzige Ausnahme: Unter hoher Last oder im Sport-Modus drückt die Charakteristik des CVT-Getriebes durch und der Verbrennungsmotor dreht hoch. Da Toyota bei der Lärmdämmung eher auf der zurückhaltenden Seite agierte, ist das auch klar hörbar. Im Stadtverkehr jedoch ist der Elektroanteil hoch, und das unangenehme Verhalten des E-CVT fällt weniger ins Gewicht. Bei tiefer Last ist auch rein elektrisches Fahren möglich, es wird über den EV-Knopf auf der Mittelkonsole aktiviert. Sobald das Gaspedal etwas stark betätigt wird, wird jedoch sofort wieder der Verbrennungsmotor zugeschaltet, und das Auto wechselt in den Hybridmodus.

Es ist ein subtiles Detail, das aufmerksame Fahrer im ersten Moment überrascht. Hat man sich aber einmal daran gewöhnt, funktioniert es ganz entspannt. Anders als gewisse Sicherheitssysteme, die durchaus intrusiv agieren, fällt dieses Prozedere nicht negativ auf. Was hingegen auffällt: Auch wenn der GR Sport nichts mit einem echten GR zu tun hat, gibt es doch wenigstens ansatzweise sportliche Elemente. Dazu gehört das Fahrwerk. Es ist gut abgestimmt und eher straff ausgelegt, sodass es gut mit Lastwechseln klarkommt. Die Lenkung ist präzise und relativ direkt. Tendenziell schiebt der Corolla etwas gar schnell über die Vorderachse. Das Fahrwerk in sich ist stimmig, allerdings passt es weder richtig zu GR Sport noch zur zurückhaltenden Abstimmung des Antriebs.

Umfangreiche Assistenzsysteme

Mit dem Facelift hat Toyota auch den Innenraum überarbeitet. Zu den Neuerungen gehört das 10.5-Zoll-Infotainment, das man bereits aus anderen Modellen kennt. Es überzeugt mit einem hoch auflösenden Bildschirm, ist klar strukturiert und leicht zu bedienen – mit Ausnahme der Lautstärke. Dass Toyota hier auf den Drehregler verzichtet und stattdessen zwei einzelne Knöpfe verbaut, ist aus ergonomischer Sicht unverständlich. Noch etwas schwieriger wird es bei allen Funktionen, die nicht im Infotainment enthalten sind, sondern nur im Kombiinstrument. Das sind einige, und sie sind über das Lenkrad hinweg mühsam zu bedienen. Dazu kommt, dass die Bezeichnungen und Abkürzungen nicht immer selbsterklärend und teilweise sogar unverständlich sind.

Die erwähnten neuen Sensoren an Bord ermöglichen auch neue Assistenzsysteme, die alle sehr gut funktionieren. Da die vordere Sensorik für die ­Motorsteuerung benötigt wird und somit sowieso an Bord ist, sind auch der Frontkollisionswarner, der Nothaltassistent für Kreuzungen und der ­adaptive Tempomat serienmässig dabei. Diverse weitere Systeme sind optional erhältlich, so auch der Spurfolgeassistent, der zuverlässig arbeitet, und der Frontkollisionswarner, der aber ge­legentlich (zu) früh vor potenziellen Gefahren­situationen warnt.

Der neue Corolla kostet in der Basisvariante etwas über 30 000 Franken. Damit platziert Toyota den Kompaktwagen im Mittelfeld, ein Hyundai i30 ist klar günstiger, ein vergleichbarer VW Golf klar teurer. Der Toyota macht seinen Mehrpreis gegenüber dem Koreaner mit seinem sparsamen Motor wett, verliert gegen den Deutschen aber bezüglich Qualitätsanmutung. Gerade im Innenraum gibt es bei Toyota noch immer viel geringwertiges Plastik. Und das, obwohl das Modell mit dem Facelift preislich noch einmal deutlich zugelegt hat. 

Testergebnis

Gesamtnote 69.5/100

Antrieb

Der Hybridantrieb des Toyota Corolla ist sparsam und das Zusammenspiel zwischen Elektro- und Verbrennungsmotor einwandfrei. Mit GR Sport hat das alles aber nicht viel am Hut.

Fahrwerk

Das Fahrwerk ist ausgewogen, allerdings etwas straff abgestimmt. Zum Sport-Badge am Heck würde es an sich passen, allerdings erfüllt der Rest des Autos dieses Versprechen nicht.

Innenraum

Die Bedienung des Fahrzeugs gelingt, mit wenigen Ausnahmen, gut. Das Platzangebot im Hatchback ist etwas beschränkt, allerdings schafft hier der Kombi Abhilfe.

Sicherheit

Die Ausstattung an Assistenzsystemen ist umfangreich, vieles davon ist bereits serienmässig an Bord. Die Bremsen sind stark.

Budget

Preislich bewegt sich der Toyota Corolla im Mittelfeld der Kompaktwagen. Er hat den sparsamen Antrieb und ganze zehn Jahre Garantie auf seiner Seite. Die Qualitätsanmutung dürfte noch etwas besser sein.

Fazit 

Die Modellpflege des Corolla ist viel mehr als nur ein kleines Facelift. Die technischen Neuerungen haben es in sich und machen den Kompakt­wagen deutlich sparsamer und fahraktiver. So bleibt der Corolla ein solides Fahrzeug mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Der sparsame Antrieb und zehn Jahre Garantie sprechen für den Japaner.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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