Gut gebrüllt, Löwe!

Es muss nicht immer SUV sein. Der 408 beweist, dass die Kombination verschiedener Fahrzeugkonzepte auch zu einem gelungenen Gesamten führen kann.

Es ist eher selten geworden, dass ein neues Auto auf der Autobahn dafür sorgt, dass Vorbeifahrende extra abbremsen, um einen Blick darauf zu erhaschen, dass auf der Strasse Passanten anhalten und ihm hinterherstarren oder dass an der Tankstelle Wildfremde einen darauf ansprechen. Mit dem Peugeot 408 kann einem das durchaus passieren. Katzenartig nennt Peugeot die Form ihres Crossovers zwischen einem SUV und einer Limousine. Und in der Tat ist er kein Wagen wie die meisten SUV in seiner Klasse. Als Peugeot gibt er sich allein schon durch den Löwen im Kühlergrill zu erkennen. Äusserst bemerkenswert an unserem Testwagen waren zudem auch die Felgen, die nach Concept-Car aussehen, aber serienmässig gebaut sind und bereits bei den Händlern bereit stehen. Die Optik überzeugt, davon ist nicht nur das Testteam überzeugt.

Typisch untypisch

Stets aufs Neue bringt einen Peugeots i-Cockpit jeweils für einen kurzen Moment aus dem Konzept – mit dem Lenkrad zwischen den Knien. Faszinierend ist es aber, wie schnell man sich des Befremdens jeweils entledigt und sich Routine einstellt. Einige Kilometer später fühlt es sich mit einigen geänderten Einstellungen, einem gewählten Radiosender und dank der gewünschten Temperatur durch die Klimaanlage an wie eine Selbstverständlichkeit. Zwar sind die Klaviertasten früherer i-Cockpits verschwunden, aber noch immer gibt es per Knopfdruck eine direkte Abkürzung zu den wesentlichen Menüs des zentralen Bildschirms.

Erfreulich ist auch, dass er in seiner Grösse gemässigt ist und sich relativ treffsicher bedienen lässt. Was uns nach wie vor nicht sehr überzeugt, ist eine Etage darunter der als Schalter ausgeführte Wählhebel. Ein visueller Doppelcheck auf die Ganganzeige, ob die richtige Fahrtrichtung gewählt wurde, ist unabdingbar. Allerdings mögen jüngere Semester weniger Mühe damit haben als jene, die sich noch währschafte Schalt- oder eben Wählhebel gewöhnt sind. Dafür gibt es hinter dem Schalter ein so tief unter die Mittelkonsole führendes und schmales Fach, dass ein mit Hülle bewehrtes, etwas dicker aufliegendes Handy nach dem kontaktlosen Laden kaum mehr daraus herauszuholen ist. Die Idee wäre gut, die Umsetzung scheint aber von einigen unabdingbaren Notwendigkeiten kompromittiert worden zu sein.

Der Innenraum ist reichlich ungewöhnlich, aber der Peugeot 408 bleibt trotz einer gewissen Exotik in der Gestaltung immer haarscharf auf der vernünftigen, praktikablen Seite. Vor manchen Monden war Peugeot einmal die konservative Marke der damals noch PSA heissenden Gruppe. Nüchtern möchte man es nicht nennen, was der 408 in seinem Innern serviert. Aber es gibt keine filigran ausgeführten Ziselierungen auf Schaltern und Zierelementen wie etwa bei einigen Modellen der Schwestermarke DS Automobiles. Andererseits ist dieses Interieur ein Wohnraum, weniger ein pflegeleichter Aufenthaltsraum wie bei einigen, zugegebenermassen tiefer positionierten Citroën-­Modellen. Und zur Beantwortung der Kernfrage: Ja, es gibt reichlich Platz, vorne in jede Richtung, hinten ist der Beinraum geradezu generös. Für Grossgewachsene wird das abfallende Dach zum etwas limitierenden Faktor, allerdings nicht so stark, wie es die Form vermuten lässt, denn dank des langen Hecks sitzt der Dachschwung beim gestreckten Pavillon des 408 entsprechend weit hinten. Dasselbe Dach ist aber ein Handicap für den Kofferraum. Dieser ist selbst bei umgeklappter Rückbank relativ niedrig, die Dachkante sitzt hier wirklich tief. Tief ist auch das Gepäckfach. Kleinzeug, das ans vordere Ende gerutscht ist, muss mit einer weit ausgreifenden Hand herausgeholt werden. Bei ordentlich verstauter Ladung bietet das lange Heck einen gewissen Vorteil in Sachen Kofferraumvolumen. Und den Kühlschrank lässt man sich heute sowieso direkt nach Hause liefern.

Das Zweistufenprinzip

Ob mit oder ohne, ein Plug-in-Hybrid ist dann besonders gelungen, wenn sein jeweiliger Ladezustand nicht allzu viel Einfluss auf seine Dynamik nimmt. Dem 408 hilft, dass er selbst ohne E-Rückenwind mit 132 kW (180 PS) aufwarten kann. Dazu gesellt sich ein E-Motor von nochmals 81 kW (110 PS), der im Achtgang-Automatikgetriebe integriert ist. Der Harmonie des Fahrens zuliebe beschränkt Peugeot die gesammelten Kräfte, die am Ende vom Fahrer auf die Vorderachse losgelassen werden können, auf 165 kW (225 PS). Damit bleibt der dynamische Eindruck vom jeweiligen Ladestand ziemlich unbeeinflusst. Im Stadtverkehr überzeugt zudem der sofortige Anzug nach kleinen Gaspedalbewegungen, mit welchem der Peugeot in kurze Lücken im Verkehr huscht. Bei dieser Gangart spielt natürlich der Elektromotor die rhythmusgebende Basslinie.

Aber auch wer sich auf einen flotten Fahrstil über Land einlässt, kommt mit dem Peugeot gut vorwärts. Der Vierzylindermotor läuft sehr kultiviert und schreit erst empört auf, wenn er zu sehr abrupten Tempoänderungen genötigt wird und der Automat entsprechend tief in den Keller hinuntersteigen muss, um dem Motor zu entsprechender Drehzahl zu verhelfen. Irgendwie fühlt sich das nach «Pfui» an und wird dem coolen Stil des Wagens nicht gerecht.

Französische Schule

Der 408 wird bei Mülhausen (F) gebaut, sein Charakter ist in der Tat erfreulich französisch. Das gilt insbesondere auch für die Fahrwerksabstimmung, die sich relativ weich gibt. Zusammen mit dem entspannten Charakter der Antriebseinheit glänzt der 408 mit ausgesprochenen Langstreckenqualitäten. Wer zunächst dem recht kleinen 40-Liter-­Tank misstraut, wird positiv überrascht. Zwar erreicht der coupéartige Viertüter keine Reichweiten eines Dieselfahrzeuges, aber für Strecken jenseits von 600 Kilometern ist er zu haben. Wie stets bei einem Plug-in-Hybrid erfüllt auch der 408 PHEV 225 die angegebenen Werte bei Weitem nicht. Mit etwas Sachverstand wird allerdings klar, das gemessen an der gebotenen Fahrleistungen und dem damit verbundenen Fahreindruck der Franzose kein Schluckspecht ist. Die rein elektrisch zu erzielenden Reichweiten sind zwar nicht überdurchschnittlich, dies ist bei einer Batteriekapazität von 12.4 kWh auch nicht zu erwarten. Realistisch sind etwa 35 Kilometer. Damit taugt der Reisewagen aber durchaus für den urbanen Pendlerverkehr.

Der Peugeot 408 mag von vielerlei Schulen etwas mitgenommen haben: SUV, Coupé, Limousine. Die Mischung hätte durchaus ins Auge gehen und der 408 sich als Auto präsentieren können, das nicht so recht weiss, was es ist. Aber er hat uns überrascht, der Franzose ist ein angenehmer Partner ohne wirkliche Schwächen. Als PHEV ist er vielleicht eine Zwischenlösung, füllt aber als Alltagsauto eine weite Spanne zwischen Kurz- und Langstreckenwagen, Grand Tourer – GT! – und sogar ein klein wenig Sportwagen. 

Testergebnis

Gesamtnote 69.5/100

Antrieb

Der Vierzylinder läuft kultiviert und macht sich selten wirklich bemerkbar. Nur bei hohen Drehzahlen wird er laut und rau. Elektro- und Benzinmotor wirken harmonisch abgestimmt, dasselbe gilt für das Getriebe.

Fahrwerk

Geschmeidig beim Abrollkomfort und präzise beim Umrunden von Kurven. Die Abstimmung gefällt, wenn Sport nicht an erster Stelle steht.

Innenraum

Obwohl in der Konzeption des Cockpits eigenständig, verzichtet der 408 auf Effekthaschereien. Das Platzangebot ist auch hinten grosszügig.

Sicherheit

Der 408 hält sich mit Hinweisen im Zaum, Interventionen sind kaum störend. Totwinkelwarner mit etwas knapper Erfassungsreichweite.

Budget

Im Konkurrenzkontext ist der 408 PHEV 225 ein gutes Angebot, ein Sonderangebot ist er aber nicht. Die überschaubare Aufpreispolitik gefällt.

Fazit 

Manch grösserer Peugeot der Vergangenheit wirkte etwas unsicher. Limousinen mit dem Löwen am Kühlergrill haben mittlerweile einen schweren Stand in der hiesigen Käufergunst. Der etwas schräge Vogel 408 wirkt dagegen frisch und selbstbewusst und alles andere als anbiedernd. Wem SUV ein Gräuel sind, mag mit dem ungewöhnlichen Crossover liebäugeln, einen Fehler macht man damit kaum. Und gut angezogen ist man mit ihm auf jeden Fall.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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