Weichgespült

Die 3er-Reihe wurde neu gestylt. Als Plug-in-Hybrid mit Allradantrieb präsentiert sich das Auto zwar schick, aber nicht ganz so dynamisch wie ein typischer BMW.

Zwei Dinge stehen im Kern der Marke BMW: Der Slogan «Freude am Fahren», und als Baureihe die 3er-Reihe. Diese, und darauf weist der bayerische Hersteller mit dem weiss-blauen Propeller im Logo bei jeder sich bietenden Gelegenheit gerne hin, verkörpert so etwas wie die DNA der Marke.

Obwohl BMW seinen Slogan nicht geändert hat, sind die Philosophie des Unternehmens und auch die 3er-Reihe heute nicht mehr dieselbe wie vor Jahren. Der Anspruch, immer sicherere Autos anzubieten, neue Umweltstandards und eine sich verändernde technologische Welt haben dazu geführt, dass die Autos grösser, schwerer, erwachsener wurden. Ein Beispiel für diesen Paradigmenwechsel ist der 330E, der gerade ein dezentes Facelifting erhalten hat. Diese Auffrischung erstreckt sich nicht nur auf das Äussere (schmalere Scheinwerfer und neue Stossfänger), sondern auch auf das Innere (neues Armaturenbrett).

Dass die Bezeichnung auf der Rückseite eines BMW schon lange nichts mehr über den Hubraum des Motors unter der Motorhaube aussagt, ist nicht neu. Im Fall des 330E ist es ein Zweiliter-Vierzylinder, der im Motorraum arbeitet. Er ist in Längsrichtung angeordnet und liefert eine Höchstleistung von 135 kW (184 PS) und ein maximales Drehmoment von 300 Newtonmetern. Am Ausgang der Kurbelwelle ist das Schwungrad mit ­einer Kupplung verbunden. Diese ermöglicht das Ein- und Auskuppeln eines Elektromotors, der sich direkt hinter der Kupplung befindet und eine Leistung von 80 kW (109 PS) und ein Drehmoment von 265 Nm hat. Danach kommt das eigentliche Getriebe. Es stammt von ZF und ist ein Achtgang-Wandler­automat.

Der Allradantrieb wird durch ein klassisches, mechanisches System gewährleistet. So kann die Kraft am Ausgang des Getriebes in zwei Richtungen fliessen. In den meisten Fällen geht sie über ­eine im Mitteltunnel verlaufende Antriebswelle an die Hinterräder. Unter bestimmten Bedingungen kann sie auch an die Vorderräder geleitet werden, um Traktion an den Vorderrädern zu nutzen und damit das Fahrzeug zum Beispiel auf rutschiger Strasse zu stabilisieren. Wenn Verbrennungs- und Elektromotor zusammenarbeiten, beträgt die Leistung dieses Antriebsstrangs 215 kW (292 PS).

Geringe Reichweite

Dank der parallelen Hybridarchitektur kann der BMW rein elektrisch fahren. Die Energie wird dabei von einer Batterie mit einer Bruttokapazität von elf Kilowattstunden geliefert, was nach Norm eine rein elektrische Reichweite von 47 Kilometern ermöglicht, bei der AR-Messung waren es 42 Kilometer. Das ist deutlich weniger als beim stärksten Konkurrentem, dem Mercedes-Benz C 300E. Der hat eine Batterie mit 25.4 kWh und erreicht so eine theo­retische Reichweite von 110 Kilometern. 

Die geringe Kapazität des BMW macht es unmöglich, den Normverbrauch von 1.5 l/100 km in der Praxis zu erreichen. Selbst auf der 125 Kilometer langen AR-Normrunde, zu der mit voller Batterie gestartet wurde, ermittelten die Tester einen Wert von 4.7 l/100 km. Im Praxisalltag wird man sich mit deutlich höheren Verbrauchswerten anfreunden müssen. Am Ende des über zehn Tage dauernden Tests, zu dem auch einige Langstrecken gehörten, stand ein Testverbrauch von 7.8 l/100 km. Dabei wurde ein weiterer Nachteil des 330E deutlich: seine Verbrenner-Reichweite. Aufgrund des nur 40 Liter kleinen Benzintanks muss der BMW alle 400 bis 500 Kilometer an die Tankstelle. Natürlich ist der Kauf eines solchen Plug-in-Hybrids nur dann sinnvoll, wenn das Auto oft elektrisch fährt, aber ein Fahrzeug in diesem Segment müsste auch für lange Strecken ohne grosse Zwischenstopps konzipiert werden.

Die geringe Leistung des bordeigenen Ladegeräts (3.7 kW) erfordert eine Ladezeit von fast vier Stunden, um die Batterie wieder zu füllen. Das ist ausreichend, wenn man den BMW am Arbeitsplatz oder zu Hause an den Strom hängen kann. Unterwegs an einer Ladesäule gewinnt man nur ein paar Kilometer neue elektrische Reichweite.

Allradantrieb, Touringkarosserie und vor allem der Hybridantrieb machen den 330E xDrive sehr schwer: Auf der AR-Waage zeigte das Display 1920 Kilogramm an. Dieses Gewicht beeinträchtigt zwar die «Freude am Fahren», aber spassfrei ist der Dreier deshalb nicht. Man muss dem BMW ein stabiles, ausgewogenes Kurvenverhalten attestieren. Auch die Traktion durch den Allradantrieb ist hervorragend, zumal das Antriebsdrehmoment überwiegend auf die Hinterachse geht. Es besteht kein Zweifel, dass es sich um einen BMW handelt. 

Die Lenkung erweist sich jedoch als etwas schwergängig. Und das Fahrgefühl ist nicht so gut, wie man es von BMW gewohnt ist. Auch die Bremsen sind nicht perfekt. Während sie bei hoher Geschwindigkeit gut funktionieren, sind sie auf den letzten Metern schwer zu dosieren, sodass es manchmal schwierig war, den richtigen Fussdruck auf dem linken Pedal zu finden, um das Fahrzeug zum Stehen zu bringen. Der Antriebsstrang ist zwar schnell, aber nicht sehr reaktionsschnell und linear. Das Hochfahren des Verbrennungsmotors bei starker Beanspruchung und das Herunterschalten des Getriebes dauern oft etwas zu lange und sind oft von nicht gerade willkommenen Rucklern begleitet. Das Ergebnis ist eine unangenehme Verzögerung beim Beschleunigen und Lichtjahre entfernt von den grossartigen Reihensechszylindern, die BMW früher für den 330i anbot und die heute den exklusiveren Versionen (M340i und M3) vorbehalten sind.

Der Hybridantrieb lässt sich durch eine Vielzahl an Funktionen steuern. So lässt sich der Ladestand der Batterie per manueller Einstellung auf einem gewünschten Niveau erhalten. Nach Eingabe des Ziels im Navigationssystem berechnet das Auto anschliessend, wie die Batterie bestmöglich genutzt wird. Darüberhinaus ist es in der Lage, beim Einfahren in eine Umweltzone automatisch in den vollelektrischen Modus zu wechseln.

Neue Bildschirme

Für die Bedienung aller Funktionen hat der Fahrer die spektakulärste Neuerung dieses Facelifts direkt vor der Nase: die neuen Displays. Bislang bestand das Armaturenbrett aus einem digitalen Kombiinstrument, das mit einem Visier abgeschirmt war, und einem separaten Instrumentendisplay. Jetzt ist es mit einem doppelten, durchgehenden und frei stehenden digitalen Tablet ausgestattet, das aus dem Elektro-SUV iX bekannt ist. Die Bedienung des neuen Systems ist relativ einfach, da der Drehdrücksteller (iDrive) auf dem Mitteltunnel ebenso wie diverse Tasten und andere nützliche Schnellzugriffe beibehalten wurde. Leider führt diese neue Benutzeroberfläche bei nächtlichem Gebrauch zu eher gemischten Gefühlen. Denn selbst bei korrekter Einstellung der Helligkeit erzeugen beide Monitore einen zu starken Lichtkontrast zu den anderen Bedienelementen im Innenraum, sodass diese bei Dunkelheit weniger gut sichtbar sind.

Die Verarbeitungsqualität ist zweifellos eine der besten im D-Segment. Der Begriff Premium wird hier nicht überstrapaziert. Die Materialien sind durchwegs hochwertig, kein Kunststoff ist zu beanstanden, die Verarbeitungsqualität ist tadellos. Die für BMW typische Sitzposition (niedrige Sitzhöhe und waagerechte Beine) ist nicht so ausgeprägt wie üblich, aber nicht schlecht. Das Platzangebot im Fond ist angemessen, aber nicht mehr, und die Beinfreiheit der Fondpassagiere ist durchschnittlich. Wie bei allen Touringmodellen kann der Kofferraum entweder über das Klappfenster der Heckklappe (das über einen kleinen Knopf unter dem Scheibenwischer entriegelt wird) oder auf klassische Weise über die Heckklappe erreicht werden. Die Heckklappe schwenkt allerdings nicht sehr hoch auf, wer grösser gewachsen ist, muss auf seinen Kopf achten. Da sich die Batterie unter den Sitzen und der Benzintank unter dem Boden befinden, ist der Kofferraum um 90 Liter kleiner als bei den Versionen mit Verbrennungsmotor. So bleiben nur 410 Liter unter der Gepäckraumabdeckung und bis zu 1420 Liter, wenn die Sitzbank umgeklappt wird. Ein nettes Extra sind die elek­trischen Tasten, mit denen die Rücksitzlehnen umgeklappt werden können.

Der 330E xDrive, den BMW in München baut, kostet knapp über 70 000 Franken. Das ist nicht viel teurer als der 330i xDrive mit reinem Verbrennungsmotor (67 600 Fr.), der allerdings mehr Fahrspass bietet. 

Testergebnis

Gesamtnote 71/100

Antrieb

Der Parallelhybrid-Antriebsstrang sorgt im 330E für eine gute Leistung. Bei hoher Beanspruchung kommt es jedoch zu leichtem Ruckeln und ungewolltem Herunterschalten.

Fahrwerk

Der BMW verfügt über ein stabiles und ausgewogenes Fahrverhalten in Kurven. Lenkung und Bremsen dürften ein besseres Gefühl vermitteln.

Innenraum

Die Verarbeitung ist makellos, und die Materialien sind von hoher Qualität, aber das Platzangebot im Kofferraum lässt zu wünschen übrig. 

Sicherheit

Der 3er ist ein Premiumfahrzeug und verfügt über zahlreiche Fahrhilfen, darunter einen intelligenten Geschwindigkeitsregler, der für Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern sorgt.

Budget

Mit einem Preis von 70 900 Franken ist der BMW-Hybrid nicht viel teurer als die Variante mit Verbrennungsmotor, die 67 600 Franken kostet. Allerdings muss man fleissig an die Ladestation gehen, um diese Differenz wieder hereinzuholen.

Fazit 

Der BMW 330E ist sicherlich einer der am wenigsten überzeugenden 3er im Angebot, einfach weil er nicht so viel Spass beim Fahren macht wie die Varianten mit konventionellem Motor. Trotzdem ist er ein gutes Auto mit sehr hohem Qualitätsstandard, angefangen bei der hervorragenden Verarbeitung.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.