Wieso Diesel schlecht wird

Als Autofahrer macht man sich kaum Gedanken über die Haltbarkeit seines Tank­inhaltes. Aber gerade Diesel hat ein Ablaufdatum.

Es ist ein Thema, das mit dem Boom von privaten Notstromaggregaten im Licht der drohenden Stromknappheit an Bedeutung gewonnen hat: Wie lange ist Treibstoff eigentlich haltbar? Während Benzin als mehrheitlich unproblematisch gilt, was die Lebensdauer angeht, hat handelsüblicher Diesel ein Ablaufdatum. Wie eine grossangelegte Studie aus Deutschland bereits im Jahr 2015 gezeigt hat, ist das Problem der beschränkten Haltbarkeit von Diesel nicht bloss ein theoretisches. Im Auftrag des deutschen Staats hat das Institut für Wärme und Oeltechnik Hamburg (D, IWO) stichprobenartig die Qualität von Diesel in sogenannten Netzersatzanlagen getestet – also in den staatlichen deutschen Notstromaggregaten.

Das Resultat war eindeutig. Bei neun von zehn geprüften Anlagen war der Diesel entweder bereits nicht mehr verwendbar oder kurz davor, dass er nicht mehr verwendbar war. Der Grund: die sogenannte Dieselpest, eine Zersetzung und Verschmutzung von Dieselöl. Kann das auch im Auto passieren? Theoretisch schon, denn der Diesel im Autotank ist derselbe wie in einem Notstromaggregat. Allerdings dauert es einige Monate, bis der Diesel unbenutzbar wird. Die Lebensdauer hängt von verschiedenen Faktoren ab, als grober Richtwert gilt eine Haltbarkeit von rund sechs Monaten. Damit wird das Problem im Auto etwas weniger relevant, da diese üblicherweise nicht während Monaten unbenutzt herumstehen, zumal schöne Sportwagen und Oldtimer, die nur als Sommerfahrzeuge eingesetzt werden, in aller Regel nicht mit Diesel betankt sind, sondern Benzinmotoren haben. Eine Risiko besteht allenfalls für Wohnmobile, die nur während der Sommermonate zum Einsatz kommen.

Verunreinigungen als Ursache

Aber was ist überhaupt der Grund, dass Diesel unbrauchbar wird? Es ist der Biodiesel, der in handelsüblichem Dieselöl von der Tankstelle beigemischt ist. Gemäss der DIN-Norm EN 590 darf Diesel bis zu sieben Prozent Biodiesel enthalten. Dieser stammt üblicherweise aus Rapsöl, genauer gesagt aus einer Basis auf Rapsmethylester. Da der Raps beim Wachsen CO2 konsumiert, gilt Biodiesel als teilweise CO2-neutral. Durch die Beimischung zu fossilem Diesel wird die Klimabelastung des Verbrennungsmotors reduziert. Gemäss einer Untersuchung des Karlsruher Institutes für Technik (D, KIT) hat Biodiesel über den gesamten Lebenszyklus betrachtet eine um rund 37 Prozent tiefere CO2-Belastung als fossiler Diesel.

Technisch gesehen ist Biodiesel Fettsäureme­thylester, auch als Fatty Acid Methyl Ester (Fame) bezeichnet. Dieser ist nicht langzeitstabil und zerlegt sich mit der Zeit in Wasser und Säuren. Zusammen mit dem im Biodiesel gebundenen Sauerstoff (s. Grafik) führt das zum Wachstum von Mikroorganismen im Treibstoff, was diesen mit der Zeit unbenutzbar macht. Grundsätzlich können sich Mikroben wie Bakterien, Hefen und Pilze in jedem Treibstoff, auch fossilem, bilden. Die einzige Bedingung ist, dass Wasser vorhanden ist, was bei längerfristiger Lagerung der Treibstoffe aber so gut wie immer der Fall ist. Da aber bei Biodiesel die Ausscheidung von Wasser grundsätzlich ein grösseres Problem ist als bei fossilem Diesel, ist dieser deutlich stärker gefährdet, durch Mikroben verunreinigt zu werden. Das Problem tritt bevorzugt bei warmen Temperaturen von mehr als 30 Grad auf, bei Temperaturen unter zehn Grad findet kein Wachstum von Mikroorganismen statt, wie die Untersuchung des Institutes für Wärme und Öltechnik ergab.

Ist ein Treibstoffvorrat von der Dieselpest befallen, macht sich das durch Ausscheidungen und schwarze Ablagerungen bemerkbar. In einem Tank sieht man diese üblicherweise nicht, sie können aber Treibstofffilter, Leitungen und Einspritzdüsen verstopfen und damit zerstören. Das Problem der Dieselpest ist also nicht so sehr der befallene Treibstoff selbst, sondern es sind die Pilze und Bakterien, die die Bauteile beschädigen können. Auch die Wasserablagerungen unten im Tank können sich als problematisch erweisen, sind aber keine Eigenheit von Biodiesel, sondern können auch bei fossilem Dieselöl auftreten.

Bereits an der Tankstelle

Die Verunreinigungen können aber auch direkt an der Tankstelle eingefangen werden, wie ein Fall aus dem deutschen Neckarsulm aus dem Jahr 2014 beweist. Damals war ein Grosstank einer Tankstelle verunreinigt, vermutlich weil der Diesel deutlich mehr als sieben Prozent Biodiesel enthielt. Mehr als 60 Fahrzeuge fingen sich die Dieselpest ein und blieben teilweise schon nach wenigen Kilometern liegen. Üblicherweise sind die Verunreinigungen aber für Tankstellen kein Problem, denn der Durchsatz von Tankstellen ist normalerweise so gross, dass die Dieselpest kein Problem darstellt für einen Tankstellenbetreiber.

Für den Einsatz in Notstromaggregaten empfiehlt das IWO Heizöl als Alternative zum handelsüblichen Diesel. Dieses unterscheidet sich chemisch kaum vom Tankstellendiesel, allerdings gibt es keine Beimischung von Biodiesel, damit die Haltbarkeit nicht übermässig beeinträchtig wird und in Heizöltank und Brenner keine Defekte entstehen. Inzwischen gibt es auch Additive zur Beimischung, die eine Verschmutzung verhindern sollen. Und bei Autos hilft vor allem eines: regelmässiges Fahren. 

Ein Problem für Plug-in-Fahrer?

Auch Benzin kann schlecht werden, allerdings ist das Risiko deutlich geringer als bei Diesel (s.Haupttext). Das grösste Problem beim Benzin ist allenfalls Kondenswasser, das sich am Boden des Tanks ablagern kann. Damit Benzin möglichst lange haltbar bleibt, sollte der Tank bei längeren Standzeiten deshalb so voll wie möglich betankt werden. Dadurch kann sich weniger Kondenswasser bilden, das aus der Luft im Tank an den Tankwänden ausfällt. Wer einen Oldtimer fährt und diesen im Winter einstellt oder ein schönes Sommerauto hat, kennt deshalb die Regel: Wenn das Auto nicht gefahren wird, immer voll tanken. Neuerdings ist das Thema auch noch für eine andere Gruppe von Autofahrern relevant, die PHEV-Fahrer. Wer seinen Plug-in-Hybrid fast wie ein Elektroauto nutzt und den Verbrennungsmotor nur in Ausnahmefällen benötigt, sollte den Tank immer so voll wie möglich halten, weil dadurch die Haltbarkeit des Benzins verbessert wird.

Genau wie beim Diesel kann auch handelsüblichem Benzin ein Anteil Biotreibstoff beigemischt sein. Solches Benzin trägt dann die Bezeichnung E5, E10 oder E85 – die Zahl gibt den prozentualen Anteil Bioethanol im Benzin an. Das Risiko ­einer Benzinpest analog zur Dieselpest besteht dabei aber selbst bei hohem Bioanteil nicht. Denn der natürliche Teil des Treibstoffes ist Bioethanol, also ein Alkohol – und der wirkt antimikrobiell und tötet Mikroorganismen im Benzin ab.

Wer seinen Plug-in-Hybrid nur selten tankt, sollte den Tank immer
so voll wie möglich halten, um Kondenswasser zu vermeiden.

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