Fiat 1100 Familiare – Familienfreund

Gerne durchstöbern wir das Angebot der bekannten Auktionshäuser. Wenn uns etwas besonders gut gefällt, präsentieren wir es hier als «Pick of the Week». Heute ist es ein Fiat 1100 Familiare von 1959, gefunden in der Oldtimer Galerie in Toffen.

  • Eines der besten Autos der 50er Jahre
  • Von 1953 bis 1970 entstanden 1,8 Millionen Exemplare
  • Kommt am 25.3. in Toffen unter den Hammer

Einen Fiat 1100 gab es schon vor dem 2. Weltkrieg, ab 1937, gebaut wurde er bis 1953. Dann kam der «Nouva 1100» auf den Markt – und Fiat konnte sich auf einen Schlag unter den erfolgreichsten Herstellern der Welt etablieren. Es war ein feiner Wagen, in seinem Segment – heute wohl mit der Mittelklasse zu vergleichen – etwas vom Besten, was man relativ bescheidenes Geld kaufen konnte.

Als Kombis noch keine SUV sein mussten: Fiat 1100 Familiare von 1959 – Oldtimer Galerie Toffen

36 PS mussten zu Beginn reichen
In einem ersten Bericht vom 5. März 1953 nannte die AUTOMOBIL REVUE den Fiat 1100 ein «fahrendes Häuschen». Tatsächlich war der Innenraum des 3,78 Meter langen Italieners wahrlich grosszügig, hinten belief sich die Breite der Rücksitzbank auf 1,24 Meter – mehr als 30 Zentimeter mehr als beim Vorgänger. Der dabei ja auch noch 32,5 Zentimeter länger war. Auch direkte Konkurrenten wie der VW Käfer und der Renault 4 sahen im Vergleich mit dem Fiat alt aus.

Die AUTOMOBIL REVUE nannte den Fiat 1100 einst ein «fahrendes Häuschen» – Oldtimer Galerie Toffen

Als Motorisierung musste der 1,1-Liter-Vierzylinder aus dem Vorgänger ausreichen. Chefkonstrukteur Dante Giacosa und sein Team hatten ihn aber stark überarbeitet, mehr auf Langlebigkeit denn auf Leistung getrimmt. 36 PS sorgten aber trotzdem für ansprechende Fahrleistungen, denn der Fiat 1100 wog nur knapp über 800 Kilo.

Erstaunlich, dass man einst tatsächlich auch ohne Touchscreen ein Auto fahren konnte. Und das Ziel fand – Oldtimer Galerie Toffen

«Eine der bestkonstruierten Lenkungen überhaupt»
Beim Fahrwerk spendierte Fiat dem 1100er vorne eine Einzelradaufhängung mit Trapez-Dreieckslenkkern und Schraubenfedern, hinten gab es ein Starrachse, die an Halbelliptikfedern geführt und gefedert wurde. Die Lenkung konstruierten die Italiener mit Schnecke und Rolle, die AUTOMOBIL REVUE beurteilte sie als «eine der bestkonstruierten Lenkungen überhaupt». Gebremst wurde wie damals üblich mit Trommeln, doch die Gesamtbremsfläche entsprach jener des Porsche-356-Modelle.

36 PS mussten einst reichen. Doch Schweizer Autobahn-Tempi lagen trotzdem drin – Oldtimer Galerie Toffen

Die AUTOMOBIL REVUE war 1953 schon fast enthusiatisch: «Überraschend wirken besonders die geräuscharme, erschütterungsfreie Fahrweise sowie das rasche und weiche Ansprechen des Motors auf den geringsten Gaspedaldruck, die zusammen mit dem wesentlich gesteigerten Fahrkomfort vergessen lassen, dass man sich in einem Kleinwagen befindet». Kein Wunder, dass der «Nouva 1100» auch bald schon Rennsport-Karriere machte: Bei der Mille Miglia 1953 belegten die Fiat Platz 1 bis 21 in der Tourenwagenklasse.

Zur Not fand man auch zu dritt Platz vorne – Oldtimer Galerie Toffen

Heuballen auf der Autobahn?
Über die Jahre wurden die Fiat 1100 immer stärker und in vielen Bereichen verbessert, als die Produktion 1970 auslief, war der Italiener 48 PS stark und verfügte vorne über Scheibenbremsen. Es gab auch sportlichere Versionen, zumeist TV genannt, ein hübsches Coupé, diverse Spezialaufbauten der bekannten italienischen Carrozzieri. Aber schon ab 1954 war auch ein Kombi erhältlich, als «Familiare» bezeichnet.

Manchmal fragt man sich schon, wo denn bei den modernen Fahrzeugen die Beinfreiheit abgeblieben ist – Oldtimer Galerie Toffen

Es war ein wahrlich feiner Wagen mit richtig viel Platz. Das englische Fachmagazin «The Motor» verliebte sich auf Anhieb: «Im ersten Moment stellt man sich italienische Bauern vor, die mit einer Reisegeschwindigkeit von 120 km/h Heuballen auf der Ladefläche von einem Ende der Autostrada del Sole ans andere transportieren. Beim genauen Hinsehen fallen dann aber die umklappbaren Vordersitze, die Innenraumbeleuchtung mit drei Leuchten und der abblendbare Innenspiegel auf. Und schon kann man sich den Kombi vorstellen, wie er Familien in die Ferien fährt oder Freunde zum Angeln begleitet.»

Tiefe Ladekante? Klar. Vollkommen flache Ladebene? Klar. Sonst noch Fragen? – Oldtimer Galerie Toffen

Gepflegte Angelausflüge
Beim schönen Fiat 1100 Familiare, der am 25. März bei der Oldtimer Galerie in Toffen zur Versteigerung kommt, handelt es sich um ein Exemplar von 1959. Da war die Motorisierung noch nicht überbordend, wohl deshalb ist das Exemplar mit drei italienischen Vorbesitzern auch noch bestens erhalten. Einen Schätzpreis gibt es noch nicht, aber wirklich gepflegte Angelausflüge mit (vier) Freunden sind ja irgendwie auch nicht mit Geld zu «bewerten». Allein schon das macht diesen praktischen Kombi zu unseren «Pick of the Week».

Nur drei (italienische) Vorbesitzer, keine Rennen gefahren – dieser Fiat 1100 Familiare macht einen guten Eindruck – Oldtimer Galerie Toffen

Rund 1,8 Millionen Fiat 1100 wurden bis 1970 verkauft. Wobei, es waren viel mehr: In Indien wurde ein Lizenz-Fabrikat bis ins Jahr 2000 gebaut. In der monatlich erscheinenden Klassik-Beilage der AUTOMOBIL REVUE finden Sie immer wunderbare Geschichten von Old- und Youngtimern.

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