Innere Schönheit

Mit dem CX-60 lanciert Mazda seinen ersten Plug-in-Hybrid. Das Auto hat vieles zu bieten, unter anderem den schönen Innenraum, patzt aber in entscheidenden Punkten.

Es hat lange gedauert, aber jetzt ist er endlich da. Mazda bringt mit dem CX-60 seinen ersten Plug-in-Hybrid auf den Markt, lange nach der Konkurrenz. Vor zwölf Jahren brachte Chevrolet seinen Volt auf den Markt und vor elf Jahren Toyota den Prius PHEV. Aber auch wenn man diese wenig repräsentativen Pioniere aussen vor lässt, gehört Mazda zu den Spätzündern, schliesslich hat sich die Zahl der PHEV in den letzten Jahren vervielfacht. Mazda wehrt sich gegen die Behauptung, man habe die Dinge verschleppt, und ist der Meinung, die Zeit sei nun reif für einen Plug-in-Hybrid. Und das, obwohl deren Verkaufszahlen nicht mehr stark zunehmen oder sogar bereits wieder rückläufig sind. 

Um die Herausforderung anzunehmen und gegen die im Markt gefestigte Konkurrenz anzutreten, braucht es starke Schultern. Der CX-60 präsentiert sich deshalb mit einer imposanten Statur, die durch seine massiven Abmessungen erreicht wird: Das japanische SUV ist 4.75 Meter lang und 1.89 Meter breit und überragt damit seine Pre­mium­rivalen BMW X3, Mercedes GLC und Audi Q5 um einige Zentimeter. Der stolze Auftritt wird durch den grossen Kühlergrill unterstrichen, gegen den die hervorragenden, adaptiven LED-Scheinwerfer klein wirken. An den Seiten gleitet der Blick buchstäblich ungehindert über die Flanken, die ohne jede Welle, Wölbung oder Linie auskommen.

Sehr schönes Interieur

Der beste Teil des Autos befindet sich auf der anderen Seite der Türen. Mazda hat sich in den letzten Jahren als Meister der Interieurgestaltung erwiesen, die nicht nur – aber auch – angesichts des Preises der Modelle aus der Masse heraussticht. Der Innenraum des CX-60 bildet hier keine Ausnahme, auch wenn man sich von den hellen Farben unseres Testmodells nicht blenden lassen sollte. Nach dem ersten Staunen kniff der eine oder andere Tester die Augen zusammen, als er die vielen verschiedenen Materialien sah. Chrom, Gold, Kunststoff, Leder, Muster auf den Sitzen, Stoffeinlagen – für manche wirkte die Anhäufung verschiedener Texturen und Oberflächen übertrieben. An der Qualität der Materialien und der Verarbeitung gab es jedoch nichts auszusetzen: Mazda legt die Messlatte erneut sehr hoch.

Der 12.3-Zoll-Bildschirm für das Infotainment­system befindet sich dort, wo man ihn sucht, nämlich hoch oben. Obwohl der Bildschirm in Reichweite wäre, wird er auf altmodische Weise ohne Touchscreen bedient – über die Bedieneinheit auf der massigen Mittelkonsole. In Kombination mit der äusserst simplen Menüstruktur lässt sich so das Infotainment hervorragend bedienen. Die Eingabe einer Adresse für die Navigation, Buchstabe für Buchstabe über das Drehrad, ist jedoch eine Tortur, hier ist ein Touchscreen definitiv die angenehmste Lösung. Anders sieht es bei der Klimaanlage aus, wo Mazda auch auf physische Tasten vertraut.

Diese auf Einfachheit ausgerichtete Philosophie findet sich auch auf dem 12.3-Zoll-Bildschirm des Armaturenbretts wieder, wo sich die Personalisierung auf wenige Optionen beschränkt. Mazda geht damit einen anderen Weg als die ultra-personalisierbaren Armaturenbretter von Mercedes und Audi, wo der Fahrer von der Fülle der Anzeigeoptionen überwältigt wird. Natürlich ist auch dort niemand gezwungen, diese unendlichen Möglichkeiten zu nutzen, aber die Einfachheit von Mazda scheint doch eine sinnvolle Lösung zu sein, wenn es darum geht, die Augen auf die Strasse und nicht auf das Display zu richten. Zu diesem Zweck hat die Marke übrigens ein sehr gutes Head-up-Display entwickelt, das der Fahrer entweder selbst einstellen kann – oder es dem System überlassen kann, sich selbst zu positionieren. Der CX-60 verfügt über das Driver-Customization-System, das die Höhe des Head-up-Displays, die Einstellung der Sitzposition und der Rückspiegel an die Körpergrösse des Fahrers anpasst, die zuvor eingegeben wurde. Alle Einstellungen werden dann in einem individuellen Fahrprofil gespeichert, das auch Radiosender und Klimaanlageneinstellungen enthält. Das System funktioniert gut, auch wenn es eher eine Spielerei ist. Das Einstellen von Sitz und Spiegeln hat noch nie länger als eine Minute gedauert. Vor allem nicht im CX-60, in dem es nicht schwerfällt, eine gute Sitzposition zu finden.

Auf den vorderen Sitzen ist der Komfort einwandfrei, auch dank der belüfteten und beheizten Sitze, während es hinten etwas eng zu und her geht. Die Kopffreiheit ist gut, und die Füsse lassen sich unter die Vordersitze schieben, aber die Kniefreiheit hängt stark von den Insassen in der ersten Reihe ab. Immerhin gestaltet sich das Einsteigen dank der sehr weit öffnenden Türen angenehm. Grosszügig ist der Kofferraum, der mit 570 Litern grösser ausfällt als bei anderen Plug-in-Hybriden. Wenn es mehr sein soll, ist es kein Problem, die Sitze umzuklappen (40:20:40), was ganz praktisch aus dem Kofferraum gelingt. Die Batterie mit einer Kapazität von 17.8 kWh ist im Unterboden des Autos untergebracht.

Längsmotor und Kardanwelle

Während andere Hersteller bei ihren Plug-in-Hybridmodellen mit Allradantrieb vermehrt auf eine Kardanwelle verzichten und die Hinterachse elektrisch antreiben, haben die Ingenieure bei Mazda den 129 kW (175 PS) starken Elektromotor an das Achtgang-Automatikgetriebe gekoppelt. Von da wird die Kraft an Vorder- und Hinterachse abgegeben. Im Falle des CX-60 war dies wohl die naheliegende Lösung, schliesslich ist der Verbrennungsmotor längs eingebaut, und die Varianten ohne Allradantrieb und Plug-in-Hybrid kommen mit Hinterradantrieb. Eine komplette Neukonstruktion von Vorder- und Hinterachse wäre wohl unverhältnismässig gewesen. Der PHEV ist mit 241 kW (327 PS) die stärkste Variante der Baureihe. Der 2.5-Liter-Vierzylinder-Saugmotor trägt 141 kW (192 PS) dazu bei.

Mit einem Gewicht von 2.1 Tonnen gehört der CX-60 nicht gerade zu den Leichtgewichten. Auf der Strasse kann das japanische SUV dieses Übergewicht jedoch gut kaschieren. Der Antritt der kombinierten 500 Nm ist mächtig, der CX-60 passt sich jedem Tempowechsel mit einer beeindruckenden Souveränität an. So überzeugt auch die Beschleunigung: Sehr schnelle 5.8 Sekunden gibt Mazda für den Sprint von 0 auf 100 km/h an, 6.2 Sekunden waren es in der Realität auf feuchtem Asphalt. Das Drehmoment ist jederzeit verfügbar und hängt nicht vom Ladezustand der Batterie ab, schliesslich behält diese immer zwischen zehn und 15 Prozent ihrer Ladung. Eine volle Batterie ermöglicht trotz des hohen Stromverbrauchs eine elektrische Reichweite von etwa 60 Kilometern. Der CX-60 erträgt übrigens auch einen sportlichen Fahrstil, da das sehr ausgewogene Fahrwerk die Karosseriebewegungen gut unterdrückt.

Teure Erschütterungen

Auf der Strasse fühlt sich das Auto mehrheitlich gut an, nur wenige Punkte geben Anlass zu Kritik. Das dynamische Fahrverhalten kommt auf Kosten einer harten Federung, die für diese Art von Auto wenig passend ist. Hinzu kommt eine schwergängige und schlecht abgestimmte Lenkung: Bei niedrigen Geschwindigkeiten benötigt sie zu viel Kraftaufwand, obwohl von Anschlag zu Anschlag drei Lenkradumdrehungen möglich sind. Bei höheren Geschwindigkeiten ist das Lenkrad nervös, sodass eine ständige Kurskorrektur nötig ist. Der Spurhalteassistent ist sehr präzise und diskret, aber die Warnungen und Piepstöne können auf Dauer etwas nervig werden.

Die grösste Schwachstelle des CX-60 ist jedoch der Hybrid-Antriebsstrang. Verbrennungsmotor und Elektromaschine arbeiten nicht sehr harmonisch zusammen, der Wechsel zwischen den beiden ist recht rau. Auch beim Abbremsen ist der Übergang vom rekuperativen Bremsen auf die Scheibenbremsen wenig sanft. Ist man nur mit Strom unterwegs und gibt der Fahrer plötzlich kräftig Gas, weil er beispielsweise für einen Überholvorgang mehr Leistung abrufen will, dauert es eine kleine Ewigkeit, bis der Verbrennungsmotor einspringt. Der Sport-Modus verbessert dieses Verhalten, da die Reaktion auf das Gaspedal schneller erfolgt, aber er kann den unsaften Plug-in-Hybridantrieb nicht vollständig wettmachen. Ausserdem ist der Verbrauch recht hoch, man muss mit etwa 8 l/100 km rechnen, wenn man ohne konstantes Aufladen fährt. Damit fällt der CX-60 gegen die Topkonkurrenten wie BMW X3 xDrive30e oder Mercedes GLC 400 eMatic ab. Diese Mängel können mit Mazdas Unerfahrenheit mit Plug-­in-Hybriden erklärt werden. Gut möglich, dass die Sache in ein paar Jahren bereits wieder ganz anders aussieht. 

Testergebnis

Gesamtnote 73/100

Antrieb

Die reichlich vorhandene Leistung und das Drehmoment des Mazda CX-60 Plug-in-Hybrid sorgen für eine sportliche Dynamik, aber der Antriebsstrang macht sich durch unsanfte Übergänge bemerkbar.

Fahrwerk

Die Federung ist unpassend für das eigentlich komfortable Auto. Die ­Lenkung ist zu schwergängig und nervös.

Innenraum

Das Interieur ist die Stärke des CX-60. Die Verarbeitungsqualität ist ­beeindruckend, und die Materialien sind hochwertig. Die Ergonomie ist hervorragend und der Platz an Bord ausreichend.

Sicherheit

Die Assistenten sind einwandfrei, wenn man von einigen Meldungen ­absieht, die vorschnell piepsen und warnen. Die Bremsen sind mittelmässig mit einem eher harten Pedal.

Budget

Mazda verlangt einen stolzen Preis: Über 75 000 Franken kostet ein ­vollausgestatteter CX-60. Das ist zwar billiger als die entsprechenden Modelle von Audi, BMW und Mercedes, aber der Abstand ist nicht riesig.

Fazit 

Im Mazda CX-60 lässt es sich gut leben. Der Innenraum ist schmeichelhaft, es gibt viel Platz, und die einfache Ergonomie gefällt. Eine ­entspannte Reise ist garantiert. Leider wird diese Ruhe durch einige Ruckler des Antriebsstrangs und eine schlecht abgestimmte Lenkung ­gestört. Die Mängel sind nicht gravierend, fallen aber auf.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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