Alles wie früher

Kleine, erschwing­liche Cabriolets, die viel Spass für wenig Geld ermöglichen, sind rar ­geworden. Der Mazda MX-5 hält auch nach 30 Jahren die Fahne hoch.

Mit den MX-5-Fahrern ist es ja ein wenig wie mit den Veganern. Es lassen sich herrliche Witze darüber reissen, dass sie dir lieber früher als später erzählen, dass sie welche sind. Und wieso sie davon überzeugt sind, dass es das Einzige, das Richtige ist. Und vielleicht stimmt das sogar im Fall des MX-5, schliesslich gehört der kleine Mazda mit über einer Million verkaufter Exemplare seit seiner Einführung im Jahr 1989 zu den meistverkauften Roadstern überhaupt. Und auch die Jugend findet Gefallen an dem Auto. Allein auf Instagram gibt es mehr als ­eine halbe Million Posts dazu. Darüber, ob das überraschend sei oder nicht, lässt sich diskutieren, doch auf jeden Fall ist der MX-5 die Antithese zum modernen automobilen Lifestyle, bei dem es immer mehr Auto für immer mehr Geld braucht.

Ganz im Gegenteil, der MX-5 beweist heute auch noch in seiner vierten Generation, dass es nicht mehr Auto braucht für mehr Fahrspass, sondern dass Verzicht an den richtigen Stellen genauso wirksam sein kann. Wenn nicht sogar besser. Vor allem weil es am Ende auch auf den Preis durchschlägt, der beim Mazda MX-5 bei 32 300 Franken beginnt. Dafür gibt es eine Basisausstattung ganz so, wie man sie in einem kleinen Roadster eben erwarten würde: 16-­Zoll-­Felgen, Stoffsitze und Spiegelschalen in unlackiertem Plastik. Und einen Vierzylindermotor mit 97 kW (132 PS), längs verbaut, mit Hinterradantrieb. In der Prestige-Ausführung mit dem Zweilitermotor mit 135 kW (184 PS) wie in unserem Testwagen steigt der Preis auf 41 800 Franken. Dazu bietet Mazda selbst noch allerlei Optionen an, die man sich üblicherweise bei einem Tuner holen würde: Tieferlegungsfeder, Sportauspuff, gefräste Öldeckel mit Schriftzug oder getönte Seitenblinker gibt es gleich ab Werk.

Viel Drehzahl, viel Spass

Unser Testwagen ist ein Skyactiv-G 184, ausgestattet also mit dem Zweilitermotor mit 184 PS und 205 Nm. Der Vierzylinder-Saugmotor ist längs verbaut und überträgt seine Kraft über ein Sechsgang-Handschaltgetriebe an die Hinterräder. Der altgediente Standardantrieb also, der heute allzu oft der Frontmotor-Frontantriebs-­Architektur weichen muss, der aber immer noch der sicherste Garant für Fahrspass ist. In typischer Manier der japanischen Saugmotoren zeichnet sich der Skyactiv-G durch eine hohe Maximaldrehzahl von 7500 U/min und eine linear ansteigende Leistungskurve aus, die erst bei 7000 U/min ihren Höhepunkt findet. Der Motor spricht zwar auch im unteren Drehzahlbereich direkt auf Gasstösse an, der elastische Bereich ist aber erst zwischen 4000 und 7000 U/min erreicht. Zusammen mit dem eng abgestuften Getriebe bedeutet das: Um die Laune hochzuhalten, braucht es viele Gangwechsel. Mit kurzen Wegen und dem knackigen Getriebe bereitet das Schalten an sich schon gute Laune. Ein Zugeständnis an den Purismus: Ein Doppelkupplungsgetriebe sucht man vergebens, und auch den Sechsstufen-Wandlerautomat gibt es bloss noch in der Targavariante MX-5 RF.

Neben der Sportlichkeit hat das Handschaltgetriebe einen weiteren Vorteil: Es ist leicht, was dem MX-5 in die Karten spielt. Unser Testwagen bringt zwar 1080 Kilogramm auf die Waage und liegt damit knapp über der magischen Grenze von einer Tonne, für die Basisausstattung gibt Mazda aber tatsächlich einen Wert knapp darunter an. Das Erfreuliche ist, dass Mazda auch hier gewissermassen eine anachronistische Richtung eingeschlagen hat. Während üblicherweise Modelle mit jedem Facelift an Ausstattung und Gewicht zulegen, geht der MX-5 den entgegengesetzten Weg und wurde fortlaufend abgespeckt. Nicht nur das: Das bisschen Speck, das er auf den Hüften hat, ist nahezu perfekt platziert mit einer Gewichtsverteilung von 52:48. Das Handling der aktuellen Generation ist damit besser denn je zuvor, obwohl diese aktuelle Generation auch schon bald sieben Jahre alt ist.

Kleine elektronische Neuerung

Womit wir bei der gar nicht so grossen Neuerung für das Modelljahr 2022 wären: der Kinematic Posture Control. Sie ist einer der ganz wenigen elektronischen Helfer an Bord des MX-5 und soll, so die Absicht der Entwickler, die Stabilität bei Kurvenfahrt verbessern. Sie ist eine dieser Lösungen, die nur Mazda einfallen kann. Die so subtil eingreift, dass man nie weiss, ob das System jetzt perfekt arbeitet oder gar nicht. Aber Over-Engineering ist ja eine der Stärken von Mazda, man erinnere sich nur daran, wie man damals mit einer Veränderung des Motormoments den Geradeauslauf des Fahrzeugs verbessern wollte …

Kinematic Posture Control hört sich ähnlich abenteuerlich an. Beim Einlenken gibt die Elektronik einen kurzen Bremsimpuls auf das kurveninnere Hinterrad. Durch die Krafteinwirkung auf der Bremsscheibe federt das Rad leicht ein, was den Effekt einer Wankstabilisierung hat, die Seitenneigung des Autos verringert und die Fahrstabilität verbessert. Wirklich spürbar ist das allerdings nicht, und ob der wendige Leichtbau-Road­ster, bei dem gerne auch einmal das ESP ausgeschaltet werden darf, ohne dass man Angst haben muss, von der Hinterachse überholt zu werden, die richtige Anwendung für das System ist, darf vorsichtig bezweifelt werden. Genau das ist wohl auch einer der Gründe – wenn nicht der eine Grund –, weshalb der MX-5 auch bei den Jungen so gut ankommt. Er ist herrlich verspielt, und mit 184 PS und 205 Nm kann nicht viel schiefgehen beim Ausloten der fahrphysikalischen Grenzen.

Immer noch mit manuellem Verdeck

Der Anachronismus zieht sich auch in den Innenraum, schliesslich ist das Auto bereits sieben Jahre alt, damals sahen Cockpits noch etwas anders aus als heute – und daran findet sich absolut nichts Negatives. Zentrales Element hinter dem Lenkrad ist der analoge Drehzahlmesser, flankiert vom ebenfalls analogen Tacho und einem kleinen Multifunktionsdisplay. Das winzige Sieben-Zoll-Infotainment und die Drehregler für die Klimaanlage (eine Klimaautomatik gibt es bloss gegen Aufpreis) wirken herrlich aus der Zeit gefallen und signalisieren unmissverständlich, dass dieses Auto zum Fahren und nicht zum Bedienen gebaut ist. Mit dem Dreh-Drücksteller auf der Mittelkonsole ist das auch gar umständlich. Auch das Dach wird manuell bedient, kein «geöffnet in 17 Sekunden bis 45 km/h» oder dergleichen. Mit einem einfachen Handgriff wird das Dach entriegelt und hinter die Sitze bewegt. Was sich in all den Jahren nicht verändert hat, ist die Tatsache, dass der MX-5 ein kleines Auto für kleine Leute ist. Wer über 1.85 Meter gross ist, wird es schwer haben, eine passende Sitzposition zu finden, und steigt nach der Fahrt bei geöffnetem Dach zwangsläufig mit Sturmfrisur aus dem Auto. Auch sonst gibt es wenig Veränderungen im Innenraum. Das Handschuhfach zwischen den Sitzen ist grosszügig, die Getränkehalter sind fummelig und die in die Kopflehnen integrierten Lautsprecher praktisch bei offenem Verdeck.

Der Mazda MX-5 ist ein Nischenmodell, heute mehr denn je. Er ist die Antithese zum weit verbreiteten Irrglauben, dass der Fahrspass irgendwie direkt mit der Motorleistung zusammenhängen müsse. Das einzige Modell, das aktuell noch ein ähnliches Konzept verfolgt, ist das Duo Subaru BRZ/Toyota GR86, die es aber nicht als Cabriolet gibt. Wenn also alle MX-5-Fahrer ungefragt stolz von ihrem Auto erzählen – wir gönnen ihnen die Freude!

Testergebnis

Gesamtnote 79/100

Antrieb

Der Zweiliter-Vierzylinder im Mazda MX-5 leistet 184 PS, was ausreicht, um das rund eine Tonne schwere Auto flott zu bewegen. In bester Manier japanischer Saugmotoren dreht er hoch (bis 7500 U/min).

Fahrwerk

Dank der geringen Fahrzeugmasse ist das Fahrwerk nicht allzu sehr gefordert. Die Lenkung ist direkt, das Auto agil.

Innenraum

Für grosse Personen ist das Auto zu eng. Punkt. Alle anderen können sich daran freuen, dass sie nicht von Displays und Touchpads abgelenkt werden. Alles ist irgendwie: retro.

Sicherheit

Die Anzahl Assistenzsysteme ist auf ein Minimum reduziert, sogar den Abstandstempomaten gibt es nur gegen Aufpreis.

Budget

Ein Basispreis von 32 300 Franken – mehr Spass für weniger Geld erhält man in einem Neuwagen wohl kaum. Auch der Verbrauch ist akzeptabel, sodass auch die Betriebskosten tief bleiben sollten.

Fazit 

Der Mazda MX-5 ist ein flinkes, kleines Fahrzeug und der Beweis dafür, dass viel Fahrspass auch ohne viel Leistung möglich ist, wenn die Komponenten stimmen. Der hochdrehende Saugmotor und die eng abgestufte Schaltung sorgen dafür, dass es nicht langweilig wird bei der Wochenendausfahrt über die Pässe oder beim gelegentlichen Track-Day.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

1 Kommentar

  1. Als ehemaliger Garagist habe ich viele Autos gefahren. Seit August 2016 fahre ich auch den Mazda MX5 und habe mit ihm schon 106’000′ Kilometer zurückgelegt. Es gibt kaum ein Auto, das einem älteren Ehepaar (87+80) mehr Fahrvergnügen machen kann. Das grösste Problem im Alter ist sicher das Aussteigen aus dem niedrigen Fahrzeug. Über die ganze Strecke verbrauchte ich gut 5 Liter auf 100 Km. Dies ist fast 20% weniger als bei ihren Testfahrten. Allerdings bei niedrigeren Drehzahlen als bei ihrem Test und wenig Autobahnfahrt. Bei unseren Geschwindigkeits-Limiten ist ja auch nicht viel möglich. Ich hoffe, der MX5 macht uns noch lange Spass.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.