Renault Megane R.S.: Sport in ­hoher Dosis

Das Kürzel R.S. steht für Renault Sport. Im Fall des Megane R.S. ist das ganz ­wörtlich zu nehmen, nur darum geht es hier: um Sport. Nicht um mehr und vor allem nicht um weniger.

Zwar sitzt es sich im Renault Megane R.S. Trophy auf seinen optionalen Recaro-­Sportschalensitzen, als sei man als fixer Bestandteil ins Auto mit eingebaut. Alcantarabezogen bietet das Gestühl viel Seitenhalt. Es ist recht hart, aber auch äusserst zweckdienlich. Zusammen mit dem ebenfalls alcantarabezogenen Lenkrad ist dieser Arbeitsplatz ein perfektes Mensch-Maschine-Interface. Die Enden der Nervenstränge am Allerwertesten können sich ungefiltert mit dem Auto vernetzen. Somit wird schon beim ersten Platznehmen glasklar: Der Megane R.S. neuster Ausprägung ist nach wie vor nicht der liebenswürdige Familienwagen, dem die Ingenieure unter Vorgaben der Marketingabteilung etwas stärker akzentuierte Sportlichkeit anerzogen haben. Der Renault Megane R.S. ist ein Sportwagen – einer, der nur wie ein kompakter Familienwagen daherkommt. Und er gebärdet sich dabei auch recht radikal. Zeichen dafür sind die unverblümte Härte seiner Aufhängung, die erforderlichen Lenkkräfte, generell die Signale des Autos an die Person am Lenkrad. Und natürlich auch die Geräuschkulisse. Kurz, das erste Gesamtbild ist stimmig, selbst wenn es je nach Fahrsituation das Gefühl vom Ritt auf der Kanonenkugel hervorruft. Mit seiner breiteren Spur, grossen Lufteinlässen und den rot lackierten Bremssätteln wie beim Testwagen zeigt der R.S. seiner Umwelt schon im Stand, wozu er einlädt, wenn man seinen Startknopf drückt.

Pistenanwärter

Ein Ritt auf einer Kanonenkugel? Der Renault Megane R.S. Trophy TCE 300, so sein voller Name, ist ein herrlich kompromissloses Sportgerät, auf der Piste und auf kurvigen Landstrassen. Das Fahrwerk stützt sich an der Vorderachse auf klassenübliche McPherson-Federbeine mit unteren Dreieckslenkern, hinten aber sorgt die aktiv mitlenkende Achse – Renault nennt das System-4-Control – für Dynamik. Erstaunlich, dass Renault das mit einer Verbundlenkerachse statt der erwarteten Vier- oder Fünflenkerkonstruktion löst. Dank seiner kompromisslos auf Sport getrimmten Abstimmung – die Federn sorgen zwar für ordentliche Fahrwerksbewegungen, die Dämpfer allerdings unterbinden Aufbaubewegungen sehr restriktiv – liegt der Grenzbereich weit jenseits dessen, was sich ein normaler Autofahrer zutraut. Die Grundauslegung des Franzosen bleibt derweil unzweifelhaft jene eines Autos mit Frontantrieb. Bei zu forscher Gangart schiebt der R.S. über die Vorderachse. Die Lenkung offeriert dazu aber viel Feedback. Der Effekt der Allradlenkung macht sich tatsächlich nur mit dem Eindruck sehr hoher Agilität bemerkbar. Die Lenkung meldet dazu auch als erste, wenn es die Vorderreifen nicht mehr schaffen, die Leistung auf den Boden zu bringen. Zerren gehört dazu, wenn dem R.S. kräftig die Sporen gegeben werden.

Bei unseren Messfahrten zeigten sich die Limiten des Fronttrieblers auf nasser Fahrbahn deutlich. Bei der Beschleunigung verlor der R.S. mit 6.7 Sekunden knapp eine Sekunde auf die Werksangabe für den Spurt von 0 bis 100 km/h. Um das Drehmoment von 420 Nm dennoch möglichst vollständig auf den Boden zu bringen, hat Renault Sport dem Megane ein mechanisches Torsen-Sperrdifferenzial verpasst. Das macht sich zwar gelegentlich schon beim Rangieren mit etwas Ruppigkeit bemerkbar. Aber für ungetrübten Fahrspass – es operiert ohne Bremseingriff und damit ganz nach alter Schule, eben mechanisch – ist es eine lustvolle Lösung. Der R.S. fühlt sich damit an wie in steter Bereitschaft für mehr: mehr Performance, mehr Tempo, mehr aktive Teilnahme des Fahrers am Vorwärtskommen. Und wie angesichts aller Eindrücke zu erwarten, verlangt der Megane R.S. einen gewissen Einsatz am Lenkrad. Mit Alcantara bezogen bietet es sich geradezu an, das Volant mit Handschuhen zu bedienen. Die Schaltpaddles dahinter liegen bestens zur Hand.

Eine Vollzeitstelle

Das Getriebe reagiert sehr schnell auf die Impulse über die Schaltpaddles, die akustische Begleitung vom Auspuff macht besonders bei sportlicher Fahrweise Sinn, die Geschwindigkeit und die Drehzahl des Motors brauchen nicht wirklich über die digitalen Instrumente abgelesen zu werden. In der Tempo-30-Zone hingegen wünschte man sich etwas weniger Röhren von der Klappen-Auspuffanlage.

Der bekannte 1.8-Liter-Vierzylinder-Turbomotor leistet in der schon bisher bekannten Trophy-Spezifikation, der einzigen lieferbaren Option für den R.S., satte 300 PS. Wie ein hochgezüchteter Kraftprotz wirkt er deswegen jedoch nicht. Der Motor gibt sich in jeder Lebenslage willig und bereit, seiner Arbeit falls nötig auch ruhig nachzugehen. Nur ein blaues Kühlwassersymbol leuchtet, solange die Maschine noch kalt ist, und mahnt zu pfleglichem Warmfahren des Vollbluts. Ist die Betriebstemperatur aber erreicht, gibt es keinen Grund mehr, dem Turbomotor nicht die Sporen zu geben – ausser der Sorge um den eigenen Fahrausweis.

Die Leistungsreserven des 1.8-Liter-Turbomotors sind beachtlich. Nein, der Sport-Megane macht nie ein Hehl daraus, dass er ein mit überreichlich viel Kraft versehener Kompaktwagen ist. Die manchen deutschen Produkten trotz herausragender Fahrleistungen anhaftende Ruhe und Überlegenheit geht dem R.S. in weiten Stücken ab. Er wird gebändigt, latent hat man das Gefühl, dass etwas unglaublich schiefgehen könnte, wenn man nicht die völlige, immerwährende Kontrolle über dieses Auto behält. Eine sportliche Abstimmung ist das eine, ein Strassensportler für ambitionierte Fahrerinnen und Fahrer aber etwas anderes. In Frankreich ist der R.S. kein Auto für junge Menschen mit ihrem ersten Anstellungsvertrag, sondern ein Auto für wahre Petrolheads. Er dient Autofahrern und Autofahrerinnen im besten Alter zum Spass und auch zum ernsthaften Sporteinsatz am Wochenende, oft auch als Zweitwagen für besondere Momente. Ja, der Megane R.S. hat alle Anlagen für einen künftigen Klassiker.

Wer also gerne Auto fährt, liegt mit dem Renault Megane R.S. Trophy genau richtig. Als leistungsfokussierter Kompaktwagen droht diese ­Gattung aber leider auszusterben, zumindest was filterfreie Fahrmaschine mit reinem Verbrennungsmotor angeht. Bei aller Freude an einem gelungenen Auto ist man latent geneigt, diese erneute Begegnung mit dem Renault Megane R.S. als Abschiedsfahrt zu interpretieren. Noch ist es aber Gott sei Dank zu früh, um den Trauerflor hervorzuholen.

Testergebnis

Gesamtnote 81.5/100

Antrieb

Kräftiger, drehfreudiger Motor mit hohem Drehmoment. Der Dreh­momentverlauf ist für einen Sportmotor dieser Art angemessen.

Fahrwerk

Hart aber fair – straff abgestimmte Dämpfer mit akzeptablen Federwegen, deutliches Untersteuern, das sich leicht kontrollieren lässt. Antriebseinflüsse in der Lenkung, bei Nässe Traktionsprobleme.

Innenraum

Die optionalen Sportsitze sind bequem und bieten guten Kontakt zum Fahrzeug, zweckmässiges Infotainmentsystem, Klimaanlage muss gelegentlich nachreguliert werden.

Sicherheit

Die Fahrhilfen sind sinnvoll. Adaptiver Tempomat nur als Option, sehr fahraktiv mit kräftigen Bremsen.

Budget

Nur noch als R.S. Trophy lieferbar, für die gebotenen Fahrleistungen ist der Preis attraktiv, aber keine Handschaltung mehr lieferbar.

Fazit 

Der Renault Megane R.S. Trophy nimmt unter den Kompaktsportlern eine Sonderstellung ein. Seine Sportlichkeit ist deutlich akzentuiert, es gibt wenig Konzessionen am Fahrwerk für mehr Komfort. Aber mit dem mechanischen Sperrdifferenzial zeigt der Megane die Limiten seiner Auslegung als reiner Fronttriebler. Andererseits lässt der R.S. reichlich Spielraum für Fahrspass. Man müsste ihm ein Schutzkonzept erstellen oder ihn – wie manche Käsesorten – als französisches Kulturgut deklarieren.

Die technischen Daten und unsere Messwerte zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe und im E-Paper der AUTOMOBIL REVUE.

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