«Das war ganze Teamarbeit»

Beim Finale der Schweizer ­Slalommeisterschaft in Ambri gaben die Piloten nochmals Gas. Der Berner Martin Bürki verteidigte den Titel, weil er auch neben der Strecke spurte.

Es ist einer Eigenart des Schweizer Motorrennsports geschuldet, dass am vergangenen Sonntag nach dem zweiten und dritten Lauf zur nationalen Slalommeisterschaft in Ambri TI nicht drei Piloten den Titel feierten. Schliesslich hatten Martin Bürki, Christian Darani und Philip Egli bei den insgesamt drei Rennen in Frauenfeld und eben Ambri jeweils das Punktemaximum geholt. Aber nicht jeder der drei Dominatoren hatte in seiner Klasse eben dieselbe Anzahl Gegner. Egli steht insofern seit Jahren auf verlorenem Posten, der Formel-3-Pilot bekam es beim Saisonfinale im Tessin in seiner Klasse nur mit Marcel Maurer zu tun. Titelverteidiger Bürki in der Kategorie E1 bis 1600 cm3 musste da mit Blick auf Darani (E1 bis 2000 cm3) schon breiter aufgestellt zum Finale anreisen. Falsch gemacht hat der Berner Oberländer nichts, auch wenn dem einen oder anderen weniger gut schmeckte, was Bürki anstellte. Er mobilisierte kurzerhand die Mitglieder seines Klubs MB Motorsport und stockte so das Startfeld seiner Kategorie auf 23 Fahrer auf – Mitte Juli beim Saisonauftakt in Frauenfeld waren es noch 13 Fahrer. Dem hatte Lokalmatador und Vizemeister Darani wenig entgegenzusetzen: «Ich bin mit Platz zwei sehr zufrieden. Martin hatte halt mehr Gegner in seiner Klasse. So ist das Reglement. Und deshalb hat er den Titel auch verdient. Aber ich darf stolz sein auf die Bestzeiten in Ambri.»

Meister Martin Bürki, der in Ambri seinen achten Slalomtitel holte, den siebten in Serie, redete deshalb weniger von seinem Erfolg. Er lobte viel mehr seine Freunde: «Ist das nicht schön, wenn ­eine Familie so zusammenhält? Das war ganze Teamarbeit!» Bürki freute sich umso mehr, als in Zeiten von Corona und Pandemiemassnahmen Gesellschaften auseinanderzubrechen drohen. «Was ich den Mitgliedern in meinem Team all die Jahre lang gegeben habe, haben sie mir nun zurückgegeben. Ein solcher Zusammenhalt ist nicht selbstverständlich.» Der jüngste Titel seiner Sammlung habe deshalb einen ebenso hohen Stellenwert wie die älteren, auch wenn er dafür weniger Rennen fahren und gewinnen musste als vergleichsweise zuletzt 2019, in der Zeit vor Corona: «In den Geschichtsbüchern werde ich trotz allem als Meister aufgeführt sein, und in fünf, sechs Jahren fragt niemand mehr, wie der Bürki damals die Meisterschaft gewonnen hat. Ich hätte den Titel auch lieber über mehrere Rennen ausgemacht. Und: Scharf auf den Titel waren letztlich einige Piloten, gerade weil die Konstellation dieser aussergewöhnlichen Mini-Meisterschaft Ambitionen zugelassen hat. Umso mehr musste ich am Tag X bereit sein.» Ruhe geben wird Bürki voraussichtlich noch länger nicht: Den Rekord von Jo Zeller mit zwölf nationalen Titeln möchte er noch holen.

Egli und der wahre Sieger

Die zwei Tagessiege in Ambri holte aber nicht Bürki, die gingen an den in der nationalen Rennszene nicht weniger bekannten Wiederholungstäter Philip Egli. Der Glarner mit dem gelben Dallara-Formel 3 sicherte sich mit den Tagessiegen Nummer 37 und 38 seiner Karriere zum fünften Mal nach 2014, 2015, 2016 und 2018 den dritten Gesamtrang in der Slalom-SM. Um Tagessiege ging es Egli primär auch, weil er dieses Jahr nach den vielen Absagen 2020 wegen Corona einfach wieder habe fahren wollen: «Mit einer Meisterschaft hatte ich erst gar nicht gerechnet.»

Egli dominierte die Schweizer Slalommeisterschaft auch dieses Jahr und gewann alle drei Rennen von Mitte Juli in Frauenfeld und in Ambri. So jedenfalls wird es ebenfalls in den Geschichtsbüchern des Schweizer Motorrennsports geschrieben stehen. Dass er in Ambri den Lauf vom Samstag gewann, behagte ihm dennoch nicht: «Ich habe den Pokal an Marcel Maurer weitergegeben, den hat er verdient. Er hat mich dafür einmal zum Znacht eingeladen», sagte Egli schmunzelnd. Was war passiert? Maurer wurde die vermeintliche Siegerzeit aus dem zweiten Durchgang am Samstag aberkannt. Der Berner Formel-Renault-Pilot habe ­einen Torfehler begangen, erklärte die Rennleitung. Maurer legte später eine Videoaufnahme seines Laufes vor, die belegte, dass er korrekt gefahren war – doch da war die Protestfrist bereits abgelaufen. «Ich habe das Video gesehen. Marcel ist der Sieger», sagte der faire Sportsmann Egli.

Egli begrüsste zwar unter den gegebenen Corona-Umständen die Lösung mit dem Doppellauf in Ambri, «aber der Stellenwert meines – zugegeben überraschenden – dritten Ranges in der SM ist nicht derselbe, wie wenn wir acht oder neun oder zehn Slaloms fahren». So sollte es auch ab 2022 wieder sein, sagte der Glarner: «Auch mit Blick auf internationale Rennserien gibt es im nächsten Jahr eigentlich keine Ausreden mehr, um Rennen abzusagen. Verschiedene Konzepte zur Durchführung von Rennen gibt es nun gewiss genug.»

Zürcher und Muzzarelli

Auch bei den Markenpokalen war bis zum Schluss Spannung angesagt. Im Renault-Classic-Cup holte sich der Berner Thomas Zürcher zum sechsten Mal den Titel, und im Suzuki-­Swift-Cup setzte sich wie schon 2019 Marcel Muzzarelli durch. Dem Ostschweizer reichten im Swift-Feld nach seinem Sieg beim Auftakt in Frauenfeld ein zweiter Platz am Samstag und ein dritter Platz am Sonntag zur erfolgreichen Titelverteidigung. 

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