Die Messe der Konzepte

Die ehemalige Internationale Automobilausstellung öffnet ihre Tore wieder. Mit einem neuen Namen, neuem Standort und neuem Konzept.

Es ist Montagmorgen, 6. September, München (D). Vor dem Stand von Renault herrscht Grossandrang. In wenigen Minuten wird der Schleier über dem neuen Renault Megane E-Tech gelüftet. Die gesamte Führungsriege des Konzerns inklusive CEO Luca De Meo ist dafür an die IAA Mobility nach München gereist. Es ist die allererste grössere Pressekonferenz an der ersten grossen Messe in Europa, seit im März 2020 der Autosalon Genf in letzter Minute abgesagt werden musste. Und es war jedem der anwesenden Journalisten anzumerken, dass er – oder sie – das unsägliche Gedränge vermisst hatte. Dabei geht es natürlich nicht um das Gedränge an sich. Vielmehr geht es darum, möglichst viele Neuheiten und Weltpremieren auf engem Raum anzutreffen, sich hineinzusetzen, die Qualität zu untersuchen und mit etwas Glück noch einen CEO, Designer oder Ingenieur für ein kurzes Interview zu erwischen.

Seit der letzten IAA in Frankfurt (D) vor rund zwei Jahren hat sich jedoch etwas verändert: Anstatt in wenigen Schritten von einem Hersteller zum nächsten flanieren zu können, muss man diese in München regelrecht suchen. Wenn wir uns noch einmal zurückversetzen an den eingangs erwähnten Stand von Renault und gerne weitergegangen wären zu Konzernbruder Dacia, so wird daraus ein komplizierteres Unterfangen. Denn der direkte Nachbar von Renault ist Wayray – ein Schweizer Start-up, das sich auf die Entwicklung von Augmented Rea­lity und Head-up-Displays spezialisiert hat. Etwas weiter hinten gibt es mit Ford doch wieder einen bekannten Namen. Den Stand von Dacia finden wir dann noch weiter weg, etwas abseits vom ganzen Rest.

Diese Mischung von verschiedenen Ausstellern aus dem B2B- und B2C-Sektor ist aber nicht die einzige Neuerung an der IAA Mobility dieses Jahres. Für die Besucher wichtig ist vor allem, dass die Messe nicht mehr eine einzige Messe ist. Es sind mehrere, beinahe von einander losgelöste Standorte. Zusätzlich zu den Messehallen finden nämlich Ausstellungen in sogenannten Open Spaces statt, die über die gesamte Stadt verteilt sind. Auf diesen dezentralen Open-Air-Ständen können die Aussteller noch einmal ihre Neuheiten den Besuchern näherbringen. Frei nach dem Motto: Wenn die Besucher nicht mehr an Messen gehen wollen, bringt man die Messe halt zu ihnen.

Ausserdem gibt es die Blue Lane Road, abgesperrte Fahrspuren durch die Stadt, auf denen interessierte Messebesucher Autos, Fahrräder und autonom fahrende Shuttles testen können – alles elektrisch natürlich. So wurde der Versuch unternommen, den Besuchern ein interaktives Erlebnis zu bieten statt nur simple, ausgestellte Autos.

Zwischen Bank und Stuhl

Nicht umsonst heisst die Veranstaltung nicht mehr Internationale Automobilausstellung sondern neu IAA Mobility. Der Anlass soll sich nicht mehr bloss um das Auto drehen, sondern sich auf alle Player des Mobilitätssektors ausdehnen. Deshalb gibt es in München klassische Kühlergrille neben Lenkergabeln von E-Bikes neben Studien von autonomen Shuttlebussen. So werden Stände von Ausstellern, die sich an Endkunden richten, gemischt mit solchen, die sich an einem Fachpublikum orientieren. Die Veranstalter haben das aktuelle Credo sehr wörtlich genommen und ein Paket geschnürt, das eine vielseitige, multimodale, komplementäre und vernetzte Mobilität beinhalten soll. Dies wurde auf den verschiedenen Fachvorträgen und Präsentationen denn auch unablässig  wiederholt.

Beinahe in der Fülle an Ausstellern untergegangen ist dabei die Autoindustrie. Obwohl die meisten Journalisten offensichtlich vor allem wegen dieser angereist waren. Dass die Autohersteller vor allem vollelektrische Studien und vernetzte Konzepte präsentierten und wenig wirkliche Serienmodelle, war bezeichnend für diese Messe der Konzepte. Genauso wie die Autohersteller mit ihren verschiedenen Concept-Cars die Temperatur fühlen und die Reaktionen der Öffentlichkeit testen, kommt auch der Aufbau der IAA Mobilty daher. Es scheint, als versuchte man mit möglichst vielseitigen Angeboten, Ausstellern und Standkonzepten, die Reaktionen der Besucher abzuholen. Gut möglich, dass der Messe am Ende genau dieses Mischmasch zum Verhängnis wird.

Infos zur Messe

Die IAA Mobility in München (D) findet noch bis 12. September 2021 statt und ist jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Die Open Spaces sind von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Tickets können direkt vor Ort oder online auf www.iaa.de/besucher bezogen werden. Der Tageseintritt kostet an Wochentagen 20 Euro, am Wochenende 25 Euro.

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