So bezahlen wir die Strassen

GELDQUELLE Von jedem Liter Benzin, den wir tanken, nimmt der Bund 84.53 Rappen Mineralöl- plus andere Steuern ein. 2019 waren es total 4.515 Milliarden Franken.

Konkret: 2019 bezahlte pro Liter Bleifrei 95 jeder 43.12 Rappen Mineralölsteuer und 30 Rappen Zuschlag, für den Liter Diesel 45.87 Rappen Mineralölsteuer und ebenfalls 30 Rappen Zuschlag direkt an den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF). Dazu kommen 7.7 Prozent Mehrwertsteuer und Importabgaben. Es spielt dabei keine Rolle, wie hoch der Literpreis an der Tanksäule ist. Tatsache ist, dass bei einem Literpreis von aktuell rund 1.30 Franken mit fast 85 Rappen über 50 Prozent der Treibstoffkosten an den Staat gehen. Der Anteil wird aber prozentual niedriger, sobald die Treibstoffpreise wieder steigen.

Ein Rechenbeispiel aus der Praxis: Fährt man 30 000 Kilometer pro Jahr bei einem Durchschnittsverbrauch von acht Litern pro 100 Kilometer, macht das 2400 Liter Bleifrei 95, das heisst rund 1800 Franken Mineralölsteuer inklusive Zuschlag. Zusammen mit der Vignette hat man dann rund 800 Franken in den NAF einbezahlt, rund 500 Franken in die Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV) und gut 450 Franken in die allgemeine Bundeskasse. Der Autofahrer beschickt den NAF aber auch noch mit dem Erlös aus der Automobilsteuer (Importsteuer). Die kantonale Motorfahrzeugsteuer ist hier noch nicht eingerechnet.

Budgetiert: 4.575 Milliarden
Der Erlös des Bundes aus der Mineralölsteuer machte 2019 rund 6.1 Prozent (4.515 Mrd. Fr.) der «ordentlichen Einnahmen» des Bundes aus. Zum Vergleich: Die Gesamteinnahmen des Bundes belaufen sich auf über 74.5 Milliarden Franken, die direkte Bundessteuer bringt allein 23.3 Milliarden. 2020 sind die Einnahmen aus der Mineralölsteuer mit 4.575 Milliarden Franken budgetiert, wobei laut der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) das Corona-Virus für Mindereinnahmen sorgen wird, deren Ausmass sie aber noch nicht genau beziffern könne.

Die Einnahmen sanken aber schon in den letzten Jahren um 9.5 Prozent, weil moderne Autos immer weniger Treibstoff verbrauchen und zunehmend durch Autos mit alternativen Antrieben ersetzt werden. Und weil die Treibstoffsteuern seit 1993 (+20 Rp./l) und der Mineralölsteuerzuschlag seit 1974 (+10 Rp./l) nicht mehr der Teuerung angepasst, geschweige denn erhöht wurden. Und jetzt kommt noch die Corona-Krise hinzu – die Menschen fahren weniger und tanken auch weniger. Während eine Treibstoffpreiserhöhung auf 2024/25 verschoben wurde (Doris Leuthard 2018 im Blick: «Das Geld im NAF reicht bis 2023»), ist eine Abgabe auf Elektrofahrzeuge vorgesehen, die der Bundeskasse 90 Millionen Franken bringen soll. Der Mineralölsteuerzuschlag von vier Rappen soll erst eingeführt werden, wenn der Bestand des NAF unter 500 Millionen Franken sinkt.

Der Bund muss mehr Geld generieren
Der Bund ist in der Bredouille. Auf der einen Seite hätte er gerne, dass der Konsument auf sparsamere, möglichst saubere und damit auch steuerlich günstigere Fahrzeuge umsattelt, was die Einnahmen trotz Verkehrszunahme senkt. Auf der anderen Seite steigen die Kosten für den Ausbau und den Erhalt der immer stärker beanspruchten Strasseninfrastruktur.

Denn genau dorthin fliessen unsere Treibstoffsteuern, die einen Teil der Gesamtausgaben des Bundes für den Verkehr in Höhe von fast zehn Milliarden Franken ausmachen (13.9 % der Bundesaufgaben). Rund 35 Prozent dieser Ausgaben bekommt der Strassenverkehr, 63 Prozent verschlingen der ÖV und die Schiene. Die Verkehrsaus­gaben sind zweckgebunden – an den Bahninfrastrukturfonds (BIF) und an den NAF, der 2018 in Kraft gesetzt wurde und «Bau, Ausbau, Betrieb und Unterhalt der Nationalstrassen, vom Schneepflug über den neuen Deckbelag zum Ausbau der Nordumfahrung Zürich bis zur zweiten Gotthardröhre, finanziert», erklärt Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Strassen (Astra).

Künftige Ausgaben
Gerade hat das Parlament für dieses Jahr 1.670 Milliarden Franken für den Ausbau und Unterhalt des bestehenden Nationalstrassennetzes verabschiedet, ferner 220 Millionen für Projekte im Rahmen des Strategischen Entwicklungsprogramms Nationalstrassen (Step) sowie 432 Millionen Franken für den Nationalstrassenbetrieb. 190 Millionen fliessen zudem in die Fertigstellung des 1960 beschlossenen Nationalstrassennetzes – alles in allem 2.5 Milliarden Franken.

Strassengeld aus zwei Töpfen
Die Nationalstrassen werden, um das noch einmal zu verdeutlichen, aus zwei Gefässen finanziert: aus der SFSV, der Strassenkasse als dem heutigen Finanzierungsinstrument für die Infrastruktur des Strassenverkehrs also, und aus dem aus dem Infrastrukturfonds hervorgegangenen NAF. Seit 1. Januar 2020 fliessen 40 Prozent des Ertrags aus der Mineralölsteuer in die allgemeine Bundeskasse,
50 Prozent in den SFSV, der auch die Bundesbeiträge für die Kantonsstrassen bezahlt, und zehn Prozent in den NAF. Dies wurde 2017 in der Umsetzungsgesetzgebung nach der NAF-Abstimmung so festgelegt. (Zahlen aus: Eidgenössische Finanzverwaltung 2019, Statista 2019, NAF-Faktenblatt «Entwicklung bei den Mineralölsteuern» 2016, Uvek: Bauprogramme 2020) 

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