Der Individualist unter den SUV

ÜBERZEUGENDER AUFTRITT Das kompakte City-SUV von Peugeot bezirzt vor allem durch sein Aussehen. Doch der Allrounder fährt sich auch gut.

Schon bei der ersten Begegnung an der Pressevorstellung des neuen Peugeot 2008 in der Provence sahen wir uns veranlasst, Lorbeeren zu vergeben (AR 51/2019). Nun musste sich das SUV als Benziner-GT-Variante dem Test stellen und beweisen, dass der junge Löwe das Vorab-Lob auch verdient hatte.

Die herbstlich anmutende Testwagen-Lackierung Orange-Fusion, so erklärte eine Kollegin, entspreche dem aktuellen Ethno-Modefarbentrend – klar, der Peugeot ist ein Franzose, und als solcher gibt er schliesslich Modetrends vor. Natürlich ist die Farbe eine Äusserlichkeit, die weniger ausschlaggebend und reine Geschmackssache ist. Knalligblau wäre er auch hübsch. Anders ausgedrückt: Hauptsache, farbig.

Das moderne Interieur mit hübschen Gimmicks täuscht darüber hinweg, dass die Bedienung der Instrumentierung etwas kompliziert ist. Ganz unten: Der ziemlich hohe Einstieg.

Unverwechselbares Design
Das Design des Junglöwen ist ebenfalls Sache individuellen Geschmacks, aber wir stehen problemlos zum bereits im Dezember ausgesprochenen Kompliment – die Linienführung und der Faltenwurf im Blechkleid, das angriffige Gesicht, die bullige Haube, der prägnante Hintern und die pfiffigen Löwenkrallen-Lichtelemente vorne und hinten machen den 2008 unverwechselbar. Das alles sorgt dafür, dass er eindeutig als Mitglied der Peugeot-SUV-Familie zu identifizieren ist – und sich aus der Masse gut hervorzuheben vermag.

Grosse Räder und voluminöse Radhäuser lassen ihn kräftig und für jede Strassenvariante geeignet erscheinen, wobei das auch andere können. Und anzumerken ist, dass er nicht über Allrad-, sondern nur über Vorderradantrieb verfügt. Denoch ist er ein Allrounder, dem dank seiner Bodenfreiheit auch schlechte Strassen und Schlaglöcher nichts ausmachen. Apropos Räder: Die Plastikabdeckungen zwischen den Speichen wirken billig, sind irgendwie unnötig und eher unhübsch.

Gebrauchsanweisung lesen
Hinein ins Interieur, über eine gewöhnungsbedürftig hohe Schwelle. Die Sitzeinstellung erfolgt manuell. Leider ist es auch beim 2008 so: Hat man in dem sehr angenehmen Fahrersitz Platz genommen, muss man sich erst ziemlich lange mit den Bedienelementen und Monitoren und Fahrassistenzprogrammen herumschlagen, bis man – das erste Mal zumindest – endlich losfahren kann. Aber das ist die Krux moderner Autos, die immer mehr zum rollenden Computer mutieren. Sie verlangen eine penible Einweisung durch den Verkäufer, sonst fummelt man zu lange hilflos herum. Denn, ehrlich, wer liest schon die gesamte Gebrauchsanweisungsbibel?

Wir verzichten deshalb bewusst auf eine detaillierte Beschreibung der verschiedenen Funktionen und wie man sie in Kraft setzt. Nur so viel: Die Taste für die Aktivierung des Navis ist die dritte von links hinter dem Klimaanlagenschalter des Tastenklaviers, was ja, unterhalb des Zehn-­Zoll-­Monitors, eine ganz pfiffige Sache ist. Aber eben längst nicht jedermanns Sache. Ganz hübsch sind auch die beleuchteten Leitlinien oder Filets, die den Armaturenträger und den vorderen Türbereich in Griffhöhe optisch verklammern.

Die Anzeigen im Armaturenträger kann man farblich unterschiedlich individualisieren. Es gibt drei Möglichkeiten, um die Instrumentierung für den jeweiligen Fahrer oder die Fahrerin zu programmieren. Eine nette Spielerei, mehr nicht, wie überhaupt das i-Cockpit gewöhnungsbedürftig bleibt. Priorität: Navi. Über dessen Bedienung man nur so viel sagen möchte: Dem einen liegt sie, dem anderen eher nicht. Dafür gefällt die holografische Optik, die den angezeigten Informationen dreidimensionale Tiefe verleiht.

Der Dreizylinder reicht aus
Unter der bulligen Haube werkelt ein eher nicht so bulliger Dreizylinder-Benziner mit 155 PS. Seidenweich ist anders, man hört ihn brummen, wenn er Leistung liefern soll, aber beim lässigen Dahingleiten auf der Autobahn gibt sich die mechanische Geräuschkulisse. Man hört ihn erst beim Pässefahren, wobei der 2008 sich trotz des Gewichts von fast 1300 Kilogramm (inklusive Fahrer) zwar hörbar, aber agil gibt und das EAT8-Getriebe willig und präzise Gangwechsel vornimmt. Auch wenn der Radstand im Vergleich zum Vorgänger durch die CMP-Bodengruppe (Common Modular Platform), auf der auch Opel und Citroën aufbauen,  etwas länger geworden ist, wieselt der 2008 wendig um die Kurven. Das Fahrwerk wirkt eher straff als sänftenartig bequem, die Rückmeldung vom Strassenbelag kommt prompt. Die Lenkung ist leichtgängig, vor allem beim Manövrieren, und wirkt etwas stabiler bei höheren Geschwindigkeiten. Das kleine Lenkrad mit den angedeuteten Griffmulden liegt gut in der Hand. Lenkeingriffe des Spurassistenten nerven ab und zu, vor allem, wenn man, ohne den Blinker zu betätigen, die Spur wechseln will. Aber das tut man ja sowieso nicht. Oder?

Die Übersicht ist dank der nach hinten abfallenden Fensterlinie und massiver Säulen beim Manövrieren nicht optimal, man findet aber Unterstützung durch die Rückfahrkamera und den Parkassistenten, die das Umfeld über 360 Grad überwachen. Einklappbare Rückspiegel sind optional, dafür gefallen die in den Seitenspiegeln integrierten Bodenleuchten nachts in dunklen Parkgaragen. Weil er aufgrund der Abmessungen zu den kleinen SUV zu zählen ist, passt der 2008 gut in jede Parkbucht. Man hat dennoch das Gefühl, man sässe in einem grösseren Auto. Vor allem die Hinterbänkler überrascht das – sie finden sehr viel Beinfreiheit vor. Bei umgeklappten Sitzen wird der 2008 zum Lademeister: Er fasst dann stolze 1647 Liter, doch ist der Boden nicht durchgängig eben.

Apropos Liter: Der Durst des 2008 pendelte sich bei den Testfahrten zwischen 5.8 und sechs Litern Benzin ein, was erfreulich nah am vom Hersteller angegebenen Wert (5.4 l) liegt. Damit lässt sich auf jeden Fall gut leben. 

Die technischen Daten und die AR-Testdaten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.

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