Smarter Agglo-Flitzer

URBANE LÖSUNG Der elektrische Smart ist fraglos das ideale Stadtauto, sowohl als Fortwo und Forfour: sauber, kurz, wendig, flink und smart. Das Konzept ergibt endlich Sinn.

Die spanische Stadt Valencia ist ein Moloch, sie erstreckt sich über 135 Quadratkilometer, hat fast eine Million Einwohner. Da kann man sich gut auch einmal verfahren. Doch zum Glück gibt es Navis, welche die Orientierungsherausforderungen minimieren. Damit man sich ganz aufs Fahrgefühl konzentrieren kann. Und das bedeutet in unserem Fall: schlechtes Wetter, achtspurige Boulevards, Stadtautobahnen, jede Menge enge Einbahnstrassen, kaum Parkplätze. «Mit den neuen Fortwo- und Forfour-Modellen steigt Smart komplett auf die emissionsfreie, batterieelektrische Antriebstechnologie um. Denn Smart war schon immer elektrisch gedacht», werden wir an die Ursprünge des Smart erinnert. In 40 Minuten kann man ihn am 22-kW-Bordlader von zehn auf 80 Prozent Reichweite aufladen. Beruhigend.Voll elektrisch, also smart? Da kommt zuerst die Frage auf, wie gross die Reichweite ist. In Valencia könnte man bei der Fahrvorstellung die versprochenen 159 Kilometer wohl kaum an einem Tag ausschöpfen, zu viele Staus, zu viele Rotlichter. Zum Glück hat das Smart-Personal die Testrouten hinterlegt.

Platzangst bekommt man kaum im kleinen Auto, selbst im Fortwo nicht – irgendwie gaukelt die den Kleinstwagen-Dimensionen angepasste Ergonomie vor, man sitze in einem Fahrzeug, das grös­ser sei als ein Smart. Selbst der Forfour ist geräumiger, als man glauben möchte: Als Passagier sitzt man im Fond, ohne sich zusammenfalten zu müssen. Der Fortwo ist nur 2.7, der Forfour 3.5 Meter lang, die Wendekreise sind mit knapp sieben beziehungsweise neun Metern so klein, dass man auf einer schmalen Strasse in einem Zug drehen kann. 

Ein Zündschlüssel! Eine Handbremse!
Etwas verwunderlich ist bei der ganzen Elektrifizierung: Es gibt einen konventionellen Handbremshebel. Und einen Zündschlüssel, den man drehen muss, bis ein schüchterner Piepser zurückmeldet, dass die Aggregate laufen. Fahrstufe eingerastet und schon kann es, still, losgehen. Das Schweigen aus dem Motorraum ist das neue V8-Gebrüll. Der neue Macho ist ein leiser Zwerg. Er muss sich vor einem V8-Beschleunigungswert keineswegs verstecken. Typisch elektrisch eben: Kraft sofort und unmittelbar direkt auf die Strasse – umgerechnet 82 PS, 160 Newtonmeter. Aber man spürt trotz des verbesserten Fahrwerks jede Unebenheit. Kurze Radstände können grössere Stras­senschäden nun einmal nicht völlig wegbügeln.

Bei zahlreichen Ampelstarts in Valencia bleiben sämtliche Mitbewerber auf der Strecke, und beim Spanien-typischen, für Schweizer Verhältnisse disziplinlosen Einfädeln zwischen den Spuren, beim Abzweigen etwa, lässt sich so ein Smart frech in die kleinste Lücken bewegen, um gleich wieder der Erste zu sein, der den Boulevard hinunterflitzt. Vorausgesetzt, man hat die spanische Art loszufahren verstanden – sobald die Fussgängerampel auf Rot umspringt (die fürs Auto steht dann noch nicht auf Grün). Das schweizerische Rot ist das spanische Grün, oder so.

An einem Rotlicht auf der Avenida de Blasco Ibañez, für das eine längere Wartezeit programmiert ist, sprechen mich zwei junge Männer in einem schwarzen Kompaktwagen an: «Hübsches Auto», meinen sie zuerst auf Spanisch, dann auf Englisch. Sie haben wohl die Stuttgarter Kennzeichen, die karminrote Metalliclackierung und die schicken Leichtmetallfelgen registriert. Dass das Autölein elektrisch fährt, merken sie nicht. Mir ist es in diesem Moment egal, ich habe es eilig und keine Ahnung, wo ich bin – irgendwie auf dem Weg zur Marina. Tatsächlich bin ich auf der richtigen Spur, muss mich aber auch wieder daran gewöhnen, nach Hinweisschildern Ausschau zu halten. «Immer geradeaus, und viel Glück», sagen die beiden. Es geht nicht immer geradeaus; ich komme trotzdem an. Und habe immer noch genug Strom. Dann noch Smart EQ Cabrio mit offenem Dach zu fahren, verkneife ich mir, dafür ist das Wetter in Valencia zu unspanisch garstig.

Fazit des urbanen Erlebnistages mit dem E-Smart: Es ist unverständlich, warum diese Fahrzeuglösung für die Stadt nicht längst Standard, ja Pflicht ist. Egal, ob Fortwo oder Forfour. Beide liefern Fahrspass und die Garantie, immer irgendeine Lücke zum Parkieren zu finden. Ein Minuspunkt ist der Preis: Bis zu über 30 000 Franken für den Forfour sind eindeutig zu viel. Weniger bezahlt man da etwa für einen Škoda Citigo iV. 

Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.

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