Die Kraft der drei Herzen

AUFBRUCH Der Opel Grandland X Hybrid 4 ist das «erste deutsche elektrifizierte Kompakt-SUV». Mit ihm beginnt die Reise des Herstellers zur Elektrifizierung aller Modelle.

Das Gelände, in dem sich der in Eisenach «auf einer Linie mit den thermischen Grandland» gebaute Hybrid beweisen soll, kann geeigneter nicht sein: der Südschwarzwald. Der sich aber alles andere als winterlich zeigt, bis auf den Feldberg, der schneebedeckt ist. Die Strassen indes sind trocken bis feucht, in engen schattigen Kehren liegen zuweilen Schneereste oder Raureif. Allradantrieb ist deswegen nicht ganz daneben, zumal das Fahrzeug sehr kräftig ist: rund 300 PS kommen mit allen Motoren – einem 1.6-Liter-Turbobenziner mit 200 PS sowie zwei E-Motoren an Vorder- und Hinterachse – zusammen, die es samt dem Drehmoment von 520 Nm sicher auf die Strasse zu bringen gilt. Mit Stromunterstützung in «einer der grünsten Regionen Deutschlands» zu fahren, sorgt zudem für ein reineres Gewissen. Sofern man darüber überhaupt nachdenkt.

Dass Opel nach wie vor auf SUV setzt, hat seine Gründe unter anderem in der starken Nachfrage nach diesem beliebten Fahrzeugtyp. Diese ist, zumindest in Deutschland, 2018/19 um 22 Prozent angestiegen – und sie werde auch nicht nachlassen, meint jedenfalls Christopher Rux von Opel Communications. Zumal Opel auch den russischen Markt damit erobern wolle: «Die Hybrid-Nachfrage wird steigen, der elektrifizierte Markt soll sich bis 2025 sogar verdreizehnfachen.»

Dem Äusseren des Grandland, der auf der sogenannten EMP2-Plattform der PSA-Gruppe ruht, sei hier nur kurz ein Satz gewidmet: Er sieht gefällig aus, nicht hypermodern, in kräftigem Blau oder Rot eher fröhlichen Charakters. Innen dominiert Plastik, das pflegeleicht funktional ist und weniger edel, dafür ist die Instrumentierung ästhetisch und auf das Nötigste beschränkt. Zur Instrumentierung kommen einfach die für den Hybrid­betrieb relevanten Anzeigen hinzu, etwa, in welchem Modus man unterwegs ist. Diese Fahrmodi kann man auf einem Kippschalter in der Mittelkonsole definieren: Elektro, Hybrid, Allrad und Sport. «Haptische Elemente wie Drehknöpfe haben wir beibehalten.»

Reichweitenangst braucht man mit dem Grandland Hybrid nicht zu haben, und das ist sein grosser Vorteil: Geht der Saft aus, hat man immer noch Benzin im 43-Liter-Tank. Man kann ausserdem auch programmieren, ob man elektrische Energie für zehn oder 20 Kilometer als Reserve behalten möchte. Oder eben für die maximale Strecke, gemäss Werksangabe 59 Kilometer.

Charakteristisch für den Opel Grandland X Hybrid 4 ist die schwarz lackierte Kühlerhaube, die ihm zusammen mit den schicken 19-Zoll-Rädern eine sportliche Note verleiht. Im Innern dominiert hochwertiger Kunststoff. Die Plug-in-Steckdose befindet sich links hinten am Auto.

Kurvenspass auf der Landstrasse
Schon in den ersten Kurven des Wehratals von Schopfheim hinauf nach Todtmoos zeigt sich, dass der Grandland ziemlich sportlich ausgelegt ist: Die Kraft aus drei Herzen treibt ihn unwiderstehlich bergauf, die Lenkung ist sehr direkt, und das relativ straffe Fahrwerk hält sicher die Spur. Und es ist so abgestimmt, dass Unebenheiten fast gänzlich geschluckt werden. Der Fahrkomfort ist deshalb ausnehmend gut. Bei dieser sportlichen, aber stromvernichtenden Fahrweise zeigt sich, dass der Seitenhalt der Sitze besser sein könnte, vor allem in der Sitzfläche selbst.

Ein bisschen häufig rief das Auto zur Kaffeepause, es dachte wohl, Kurvenfahren müsse für den Lenker anstrengend sein. Die erwähnte rein elektrische Maximalreichweite erreicht aber nur, wer jede Möglichkeit zur Rekuperation nutzt. Dafür gibt es eine Einstellung über einen Hebel in der Mittelkonsole, die bewirkt, dass bei jedem Heben des Gasfusses oder beim Bremsen Energie zurückgewonnen wird.

Mit Speed über die Autobahn
Die deutsche Autobahn A5 (Freiburg–Abfahrt Mülhausen) verführt dort, wo die Geschwindigkeit unlimitiert ist, zu sportlich unvernünftiger Fahrweise, und hier spielten die Motoren ihre Macht aus. Der Grandland verwandelt sich in einen Sportwagen, dessen Aerodynamik nicht einmal so schlecht ist. Man kann aber auch locker mit 120 km/h cruisen, dagegen ist nichts einzuwenden.

Als Fazit bleibt anzumerken, dass der Grandland X Hybrid 4 tatsächlich etwas Besonderes ist – fürs grüne Gewissen, aber auch für den Fahrspass. Mit einer nicht zu unterschätzenden Fahrsicherheit dank Allradantrieb. Dazu ist er noch wendig und mit Stromantrieb in der Stadt genau richtig: Irgendwie provoziert er einen leichten Will-haben-Reflex. Aber rund 50 000 Franken muss man dann schon investieren. 

Die technischen Daten zu diesem Modell finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Automobil Revue.

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