Der Bulli T6.1 geht online

FACELIFT Der variantenreiche Transporter von Volkswagen ist nicht nur mit Chrom schick gemacht, sondern auch vor allem digital aufgerüstet und auf den neuesten Stand gebracht worden.

Der Bulli ist genau 70 Jahre alt, aber das hindert ihn nicht, mit der Zeit und da-mit erstmals online zu gehen. Denn will er auf dem Markt bestehen, hat er keine Wahl. Als Facelift-Variante 6.1 dürfte er weiter-hin die Ikone im VW-Nutzfahrzeug-Portfolio bleiben. Denn schon vom T6 sind über 700 000 Stück verkauft worden. Also, was ist am Bulli 6.1 neu? Auf den ersten Blick nicht viel. Auch der Kenner muss genau hin-schauen. O. k., die Frontpartie unterhalb der Motorhaube mit grösserem Kühlergrill, LED-Lichter, edle Chromzierleisten bei den höheren Ausstattungsvarianten etwa, eine neue Instrumententafel mit digitalen Anzeigen sowie ein grosser Monitor neben dem Dashboard und ein neu gestaltetes Multifunktionslenkrad. Lackfarben spielen natürlich auch eine Rolle – in Rot-Grau sieht der Multivan wirklich elegant aus. Schön ist, dass die Typenbezeichnung auf den Kotflügeln nach wie vor Bulli lautet, eine Reminiszenz an den Urahn. Es kommen vor allem neue innere Werte dazu, von denen der Urahn damals nicht einmal zu träumen wagte, und die man nicht sieht, die man aber beim Fahren spürt. Die elektromechanische Servolenkung etwa, die «den Zugang zu zahlreichen Assistenzsystemen öffnet», wie VW schreibt. Aber da-von später. Neu ist, was man als das Nervensystem und die Sinne des Bulli bezeichnen könnte: bis zu 20 Fahrassistenten, ein modernisiertes Infotainment und die ständige Online-Verbindung. Diese erlaubt es dem Fahrer, mit dem Auto zu sprechen – «Hallo, Volkswagen», lautet der Weckruf – und Wünsche zu äussern, etwa wohin man gerne möchte, was man sucht oder ob es einen Stau gibt. Das ist hilfreich und bequem, wenn man eine Tankstelle sucht, ein Restaurant oder eine Werkstatt.

Verchromter Schriftzug, edles Interieur mit unten abgeflachtem
Multifunktionslenkrad, neuer Instrumententafel und Online- Connectivity-Unit.

Im Portfolio ist strikt zu trennen zwischen Multivan, Caravelle und Transporter, wobei vor allem Multivan und Caravelle in mehreren Ausstattungsvarianten orderbar sind. Dazu kommt der California, der in Amsterdam, wo rund 40 Versionen des 6.1 für Probefahrten zur Verfügung standen, fehlte. Varianten der drei erstgenannten Bulli gab es wahrlich genug, was auch die erklärte Absicht des Herstellers bei der Markteinführung 1949 war, nämlich ein praktisches Nutzfahrzeug für jeden erdenklichen Zweck anzubieten. Man sollte nicht vergessen: der Buchstabe T steht nach wie vor für Transporter. Heute sind das etwa die Caravelle als Kleinbus oder Shuttle mit kurzem oder langem Radstand, die Multivan-Familienkutsche in Top-Ausstattung ein- oder zweifarbig, der Paket-Kastenwagen oder der Pritschenwagen für Bau oder Strassenunterhalt, optional mit Doppelkabine. Zu den verschiedenen Anwendungen kamen inzwischen ein Vielzahl von Ausstattungsvarianten, da dürften keine Wünsche offen blieben. Ausnahmslos alle Bulli-Typen bringen ein Gesamtgewicht von 3000 beziehungsweise 3080 Kilogramm mit, das aber keinen der verfügbaren Dieselmotoren irgendwie in Aufregung versetzt – zumal in und um Amsterdam ohnehin alles flach ist. Zur Markteinführung wurde eigens die Variante Multivan Cruise lanciert, bei der LED-Lichter, das Radio-Navigationssystem Discover Media, Velourssitze sowie die neuen Assistenzsysteme Park Assist, Lane Assist und Ausparkassistent Serie sind. Gleichgültig, ob mit automatisiertem Getriebe oder manuell geschaltet, alle Bullis sind sehr schön zu fahren, selbst der raue Fünfgang-Pritschenwagen, wenn man sich wieder an manuelles Schalten gewöhnt hat. Aufgrund der hervorragenden Eigenschaften – auch im ökologischen Sinne – sind die Automatik-Bulli wohl vorzuziehen, vor allem wenn sie mit Doppelkupplungsgetriebe ausgerüstet sind. Zurück zur elektromechanischen Servolenkung: Sie ist bedarfsgerecht ansteuerbar, will heissen, sie arbeitet mit Spur- und Parkassistent zusammen. Ohne diese wäre auch das vereinfachte Rückwärtsrangieren mit Anhänger nicht möglich. Es mutet geisterhaft an: Ohne dass der Fahrer ins Lenkrad greifen muss, stösst der Bulli seinen An-hänger rückwärts um die Ecke in eine Parkbucht – mit maximal acht Stundenkilometern. Der Fahrer jongliert mit dem elektrischen Aussenspiegel-Verstellknopf sowie Gaspedal und Bremse. Die Hände bleiben dem Lenkrad fern.

Die Motoren
Allen verfügbaren Motorisierungen liegt der Zwei-liter-Turbodiesel-Vierzylinder nach Norm Euro 6d-Temp zugrunde. Sie leisten zwischen 90 (statt 84) und – mit Biturbo, der aus dem bestehenden Programm übernommen wurde – 199 PS. Die Caravelle mit langem Radstand, die wir fuhren, hatte 199 PS unter der dunkelgrauen Haube, aber die Kraft fiel erst auf, als man einmal, stadtverkehrsuntypisch, richtig aufs Gas trat. Zwei der insgesamt vier Zweilitermotoren wurden neu konfiguriert. Neu im Transporter 6.1 sind die Triebwerke mit 150 PS und der Biturbo mit 199 PS. Für beide Varianten gibt es als optional Allrad (4Motion) und das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. So viel steht fest: Der Bulli T6.1 steht jetzt aus-rüstungstechnisch dem Personenwagen-Portfolio von Volkswagen in nichts nach: Online-Infotainment und digitale Instrumente mit maximal 10.25 Zoll grossen Bildschirmen, die Möglichkeit, das Auto mit dem Smartphone zu koppeln, aber auch ohne Smartphone stets online sein zu können, Systeme aus dem modularen Infotainment-Baukasten der zweiten und dritten Generation (MIB2, MIB3) samt Online-Connectivity-Unit mit integrierter E-SIM und bis zu 20 Assistenzsysteme inklusive Seitenwind-Assistent und Rückfahrkameras mit statischen und dynamischen Führungslinien bringen den Bulli in die Nähe des autonomen Fahrens. Es fehlt nun nur noch die Elektrovariante, die maximal 400 Kilometer Reichweite leisten soll. Sie wird von Abt aufgebaut und kam auf die IAA. Die Markteinführung des Bulli T6.1 für Deutschland und Europa ist auf die Kalenderwoche 45 angesetzt.

Neue ausdrucksstarke LED-Heckleuchten, hier mit aktivem Rückwärtsgang, charakterisieren
den Bulli 6.1.

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