Ein Regierungs rat mit Ecken und Kanten

HANS-PETER WESSELS Dem Basler Verkehrsdirektor bläst ein ziemlich heftiger Gegenwind ins Gesicht. Darum ist er an der Fasnacht auch beliebtes Opfer in den Schnitzelbänken.

Der Basler SP-Regierungsrat Hans-Peter Wessels war wiederum ein dankbares Sujet an der Basler Fasnacht 2019. In den diesjährigen Schnitzelbänken wurde er verschiedentlich aufs Korn genommen, nicht zuletzt wegen seiner Verkehrspolitik, die stark umstritten ist und vorab von bürgerlicher Seite heftig kritisiert wird. Zum Beispiel darum, weil er Strassen sperrt und Parkplätze abbaut. «Veloverkehr und den ÖV fördern, ohne den Autoverkehr zu diskriminieren », lautet sein Credo. Allein, Kritik ficht Wessels nicht an. Zielstrebig und unbeirrt geht er seinen Weg als Vorsteher des Bau- und Verkehrsdepartements seit seinem Einzug in die Regierung im Februar 2009. «Wer Kritik nicht erträgt, ist in der Politik fehl am Platz», lässt er verlauten, denn Kritik und Diskussion gehörten zu einer gut funktionierenden Demokratie. Dass er Kritik aushält, glaubt man ihm aufs Wort.

Automobil Revue: Hans-Peter Wessels, wie haben Sie die Fasnachtszeit in Basel erlebt? In den Schnitzelbänken spielten Sie ja heuer eine der tragenden Rollen.
Hans-Peter Wessels: Ich war während der Fasnacht im Wallis in den Skiferien und habe dieses Jahr fast nichts mitbekommen von der Fasnacht. Bis 2035 rechnet die Basler Regierung mit einer Zunahme der Bevölkerungs- und der Arbeitsplatzzahlen.

Diese Entwicklung soll mit einer stadtgerechten Mobilität aufgefangen werden. Wie stellen Sie sich das in Bezug auf den motorisierten Individualverkehr konkret vor?
Wir haben den gesetzlichen Auftrag, den motorisierten Individualverkehr auf den städtischen Stras sen zu reduzieren. Aus diesem Grund bauen wir den öffentlichen Verkehr stark aus. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Angeboten besteht ein grosses Potenzial. Zudem setzen wir auf konsequente Veloförderung. Diese Politik entlastet den Strassenraum, was auch den Autofahrern zugutekommt. Nicht umsonst gibt es in Basel deutlich weniger Stau als in anderen Schweizer Städten.

Stichwort Tesla: In ganz Europa werden die Basler Polizisten um ihre neuen Elektroautos beneidet. War die Anschaffung richtig?
Zu den Polizei-Teslas befragen Sie am besten meinen Kollegen, Sicherheitsdirektor Baschi Dürr. In meinem Departement beschaffen wir derzeit E-Kehrichtfahrzeuge. Diese entlasten die Wohnquartiere von Lärm und Abgasen. Die Mitarbeiter der Stadtreinigung sind begeistert und freuen sich auf die neuen E-Fahrzeuge.

Könnten Sie sich einen Formel-E-Prix, so wie er im letzten Jahr in Zürich stattfand und heuer in Bern stattfindet, auch in Basel vorstellen?
Gerüchten zu Folge soll das ein Thema sein. Wieso auch nicht? Soweit mir bekannt ist, gab es aber noch keine konkrete Anfrage.

Wie stehen Sie grundsätzlich zur E-Mobilität?
Die Basler Regierung setzt ganz klar auf E-Mobilität. Wichtig ist, das der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt, was bei den Industriellen Werken Basel zu 100 Prozent der Fall ist. Verbrennungsmotoren sind ein Auslaufmodell.

In den Medien werden Sie als Vorsteher des Bau- und Verkehrsdepartements schon seit Jahren kritisiert. Wie gehen Sie damit um? Prallt das alles an Ihnen ab wie an Teflon?
Basel ist in den letzten zehn Jahren als Wohnort, als Arbeitsort und punkto Lebensqualität spürbar attraktiver geworden. Der relativ rasche Wandel bereitet Freude, weckt aber auch Ängste und Widerstand. Kritik und Diskussion gehören zu einer gut funktionierenden Demokratie. Wer Kritik nicht erträgt, ist in der Politik fehl am Platz.

Der Centralbahnplatz vor dem Bahnhof SBB soll eine der gefährlichsten Tramhaltestellen der Schweiz sein. Was macht ihn denn eigentlich so gefährlich?
Auf dem Centralbahnplatz verkehren zahlreiche Tramlinien und viele Fussgängerinnen und Fussgänger, was ihn unübersichtlich macht. Einzelne Tramlinien kreuzen den Fussgängerstrom und die anderen Tramlinien, was Verunsicherung schafft und auch die Kapazität des Tramknotens herabsetzt. Um diese Probleme zu entschärfen, streben wir eine Entflechtung der Tramlinien an.

Am Centralbahnplatz stehen Sie grossen Widerständen gegenüber, dies als jüngstes Beispiel. Haben Sie damit gerechnet, und wie gehen Sie damit um?
Gegen die aktuell notwendige Sanierung der Geleise und die Anpassung der Haltekanten an die Erfordernisse des Behindertengleichstellungsgesetzes hat niemand etwas. Inzwischen wurde die Forderung nach einem Baustopp ja auch zurückgezogen und der Widerstand hat sich aufgelöst.

Auch bei den BVB, den Basler Verkehrs-Betrieben, hatten Sie grosse Probleme. Sind diese nun inzwischen gelöst?
Wie viele andere Transportunternehmen stehen auch die BVB vor enormen Herausforderungen angesichts der tiefgreifenden Veränderungen in der Mobilität. Die BVB müssen sich deshalb modernisieren. Ich habe Vertrauen in den Verwaltungsrat und seine Präsidentin Yvonne Hunkeler, aber es stehen den BVB noch viel Arbeit bevor in den kommenden Jahren.

Weiter soll unter dem Tschudi-Park ein unterirdisches Autoparking entstehen. Auch da erwächst Ihnen Opposition. Überrascht Sie das noch?
Das Universitätskinderspital beider Basel platzt aus allen Nähten. Derzeit sucht es den Dialog mit der Anwohnerschaft. Nur wenn es dem Spital gelingt, das Quartier von der Notwendigkeit der zusätzlichen Parkplätze zu überzeugen, wird auch die Basler Politik mitziehen und das unterirdische Parking gutheissen.

Man gewinnt den Eindruck, Sie seien gegenüber dem motorisierten Privatverkehr eher abweisend eingestellt. Ist dieser Eindruck falsch?
Wie erwähnt, hat die Basler Regierung den gesetzlichen Auftrag, in erster Linie den öffentlichen Verkehr und den Veloverkehr zu fördern. Wir sind uns aber bewusst, dass der motorisierte Individualverksehr auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird, weshalb wir unter der Federführung des Bundes den Bau des Rheintunnels vorantreiben. Dabei handelt es sich um das mit Abstand bedeutendste Strassenbauprojekt der Nordwestschweiz mit einem Volumen von zwei Milliarden Franken. Der Rheintunnel beseitigt die Engpässe auf der Basler Osttangente und entlastet die angrenzenden Quartiere von den Verkehrsimmissionen.

Für den Westring, einen Ringschluss der Autobahn im Westen, den Sie zusammen mit dem Baselbiet und dem Bundesamt für Strassen bauen wollen, wurden Sie gelobt und kritisiert. Sie haben keinen einfachen Job?
Im Gegensatz zum Rheintunnel handelt es sich beim Westring erst um eine vage Konzeptidee. Über die allfällige Realisierung eines Westrings wird eine künftige Generation entscheiden.

Wo sehen Sie Ihre grössten Erfolge als Basler Verkehrsdirektor?
Langfristig die grösste Wirkung hat sicher der massive Ausbau der trinationalen S-Bahn Basel, der inzwischen gut aufgegleist ist in Bundesbern, aber auch bei unseren deutschen und französischen Nachbarn. Von Bedeutung ist auch der grenzüberschreitende Ausbau des Tramnetzes. Basel ist zudem sehr viel velofreundlicher geworden, gemäss dem Städtevergleich von Avenir Suisse sind wir gar die velofreundlichste Stadt der Schweiz geworden.

Fühlen Sie sich als Ostschweizer wohl in der Stadt am Rheinknie?
Keine Ahnung, ich fühle mich als Basler. Ich lebe seit bald 35 Jahren in Basel. Zuvor wohnte ich in Kanada, in St. Gallen und in Zürich.

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