HYUNDAI NEXO: AB JETZT GILTS!

Hyundai Nexo Fuel Cell – was klingt wie der Name für ein Konzeptauto, bauen die Koreaner ab Mitte Jahr in Serie.

Ein fixfertiges Serienfahrzeug: Der Nexo mit Brennstoffzelle wurde an der CES in Las Vegas (USA) erstmals gezeigt. Als eigenständiges Modell wird er ab Mai in der Hyundai-Hauptfabrik in Ulsan (KOR) gebaut. © zVg.

Hyundai meint es ernst. Nach dem ersten Serienfahrzeug mit Brennstoffzelle, dem ix35 Fuel Cell von 2013, bringt Hyundai ab Mitte Jahr ein Nachfolgemodell, den Hyundai Nexo. Das wegweisende Auto hat eben erst auf der CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas (USA) sein Debüt gefeiert, die AR durfte vergangene Woche den Wagen im europäischen Hauptquartier von Hyundai in Frankfurt am Main (D) einer ersten Begutachtung unterziehen.

Eigenständig und aerodynamisch

Die Koreaner haben ihren neuen Vorreiter in Sachen CO2-loser Fortbewegung bewusst im Fahrzeugsegment mit dem grössten Steigerungspotential platziert –   bei den Crossover und SUV des C-Segments. Der grosse Unterschied zum ix35 Fuel Cell ist die Tatsache, dass Hyundai mutig genug war, für ihr nächstes Brennstoffzellenauto eine völlig eigenständige Plattform zu entwickeln. Somit fügen sich die Komponenten der Antriebstechnologie nicht wie bisher mit mehr oder weniger Erfolg in ein bestehendes Auto ein, sondern das Auto ist rund um die Brennstoffzelle und, im Prinzip der wichtigere Teil, um die insgesamt drei Wasserstofftanks herum entstanden. Der in Frankfurt gezeigte Vorserienwagen, in einem matten Silbergrau lackiert, präsentiert sich denn auch auffällig unauffällig. Nichts deutet von aussen auf den Exotenstatus hin, der diesem Auto zukommt. Die gefällige Form wirkt sehr harmonisch und zeitgemäss, aber auch weit weniger extravagant als das Innere des Nexo. Nur bei genauer Betrachtung fallen einem jedoch die Ergebnisse intensiver Arbeit im Windkanal auf (cw-Wert knapp über 0.33). Da sind zunächst die Lufteinlässe in der Frontschürze, die für einen optimierten Luftstrom innen und aussen am Rad sorgen. Die seitlichen Türgriffe werden elek­trisch bündig in die Türen versenkt, und die D-Säule hat integrierte Windleitkanäle.

Optik und Technik

Unter der Motorhaube sitzt die gesamte Antriebstechnik mit E-Motor und Brennstoffzellen-Block, die Tanks dagegen befinden sich unter dem rückwärtigen Wagenboden. Musste beim ix35 aufgrund der Bauhöhe seines aus zwingenden Gründen bauchigen H2-Tanks – das Behältnis widersteht einem Innendruck von 700 Bar – noch ein gutes Stück des Kofferraums abgegeben werden, zeigt sich der Gepäckfach­boden im Nexo bündig bis zur Kante des Heckdeckels, die Rückbank lässt sich umklappen. Von seinen drei Wasserstofftanks zu je 52.2 Liter Inhalt sitzt einer hinter dem linken Hinterrad und zwei sind unter der Rückbank. Auch hier deutet also nichts auf den besonderen Status des Autos hin und irgendwelche Einschränkungen im Gebrauchswert sind nicht auszumachen.

Für Fahrer und Beifahrer hingegen outet sich der Nexo als so zukunftsweisend, wie er ist. Hyundai denkt die Idee vom TFT-Digital-Armaturenbrett und zusätzlichem Display in der Mittelkonsole – mittlerweile in fast jedem Neuwagen zu finden – bis zu Ende und präsentiert ein voll digitales Instrumentenbord in seiner letzten Konsequenz. Optisch sind die beiden Anzeigen, ein 7″- und ein 12.3″-Bildschirm,  miteinander verbunden und bilden eine einzige Fläche vor dem Fahrer bis weit hinüber zum Beifahrer. Alles, was das Auto und das Infotainmentsystem zu kommunizieren haben, wird hier angezeigt, das meiste auch via Touchscreen gesteuert. Laut Hyundai sollen dazu auch viele Funktionen mittels Sprachsteuerung bedient werden können.

Auch die Mittelkonsole zeigt sich unkonventionell: Nebst Drucktasten für die Fahrfunktionen (Shift-by-Wire), von Getriebe im eigentlichen Sinne kann man nicht sprechen, gibt es nur wenige Bedienelemente. Eine originelle Lösung ist das beidseitig zu erreichende Staufach, das unter derselben liegt und wohin nebst dem Handy gleich eine ganze Handtasche abgelegt werden kann.

Wunsch und Realität

Knapp über 500 Exemplare des ix35 Fuel Cell konnte Hyundai an Behörden, Institutionen und vereinzelt auch Privatpersonen weltweit verkaufen. Von den 25 in der Schweiz betriebenen Autos ist momentan 1 in privater Hand, die übrigen sind Flottenfahrzeuge. Trotz einem Preisetikett von rund 66 000 Franken gibt Hyundai ihr Auto der Zukunft weit unter den Gestehungskosten ab. Alle bisher gefertigten Wagen entstanden in Handarbeit, abseits einer regulären Produktionsstätte. Für den Nexo hingegen wird aktuell ein eigenes Produktionsband in Hyundais Stammwerk – einer der grössten Automobilfabriken weltweit – in Ulsan (KOR) eingerichtet. Ab Mai läuft die Produktion an, für die Schweiz rechnet Hyundai mit ersten Exemplaren ab der zweiten Jahreshälfte. Zum Preis des 163 PS starken Wagens gibt es noch keine Angaben.

Einer grösseren Verbreitung wird nebst dem zu erwartenden Preis auch das sehr limitierte Tankstellenangebot im Wege stehen. Momentan gibt es nur gerade drei Möglichkeiten, um mit 700 Bar komprimierten Wasserstoff zu tanken – Grund­voraussetzung für die für den Nexo versprochenen 800 Kilometer Reichweite. In Hunzenschwil AG betreibt Coop eine öffentliche Zapfsäule, eine weitere steht bei der Empa in Dübendorf ZH und die dritte findet sich in der Romandie . Zur Not kann der Nexo allerdings auch mit nur 350 Bar betankt werden. Das könnte sich allerdings ändern, denn Coop plant aktuell einen – allerdings moderaten – Ausbau seines Tankstellennetzes.

Hintergrund ist das Bestreben des Grossverteilers, künftig CO2-neutral zu operieren, folglich soll auch die eigene Fahrzeugflotte ohne entsprechende Emissionen unterwegs sein. Für längere Wegstrecken etwa im Aussendienst ist der Brennstoffzellen-Wagen somit ideal und wirkt der bei EV noch immer vor­handenen «Reichweitenangst» mancher Profis entgegen. Das Tanken dauert zudem kaum länger als bei einem herkömmlichen Verbrennerfahrzeug. Damit zeigt sich der Weg, den es für den Wasserstoff zu eröffnen gilt: Ohne Grosskunde und entsprechenden Bedarf wird sich die an sich sinnvolle Technologie nicht vom Fleck bewegen können – das klassische Ei-Huhn-Dilemma.

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