EINE (NOCH) SELTENE SPEZIES

Stellplätze sind in der Schweiz noch rar. Für Campertouristen im Transit wären sie aber ein wichtiger Service.

Wer je einmal das Glück hatte, in einem Wohnwagen oder Wohnmobil Europa zu bereisen, wird gleich ein Déjà-vu-Erlebnis haben. Denn jede und jeder war bei einer solchen Fahrt vielleicht mehr als einmal froh, wenn sie oder er relativ spontan einen Stellplatz ansteuern konnte, ohne dass diese eine Nacht auf einem Campingplatz zu verbringen war.
Dies gilt vor allem für Transitfahrten hin zu einem geplanten Endziel. Wenn sich diese Übernachtungsmöglichkeit dann als einigermas­sen «sicherer Hafen» mit anderen, gleichgesinnten Campeuren entpuppte, war das gewiss nicht ungern gesehen. Und hatte man bei dieser Gelegenheit noch den Frischwasservorrat aufstocken und das Grauwasser entsorgen können, war das Caravaning-Glück doch einfach perfekt.

Kein generelles Verbot
Solche «Oasen», wo etwa Wohnmobilisten auf der Durchreise willkommen sind, sind in der Schweiz im Gegensatz zu Frankreich oder Deutschland rar. Und wer sich in Zusammenhang mit dieser Thematik umhört, stösst rasch auf ein Vorurteil: «In der Schweiz ist diese Form der Übernachtung verboten.» Doch es gibt kein generelles Verbot, wonach man nicht den Camper oder Caravan zwecks einmaliger Übernachtung abstellen darf. Wahr ist, dass man auf lokaler Ebene,  sprich im Rahmen von kommunalen Regelungen im Rahmen der Bau- und Zonenplanung Verbote kennt.
«Solange man etwa beim Reisemobil nicht die Stützen herunterfährt, die Stühle rausstellt und die Sonnenstore ausrollt, ist man zum Beispiel LKW-Chauffeuren gleichgestellt», erklärt zu diesem Thema Christoph Hostettler. Der Präsident des Schweizerischen Caravangewerbe-Verbandes Caravaningsuisse führt weiter aus, dass Reisemobilisten «als Durchreisende zu betrachten sind, sofern sie nicht länger als 24 Stunden verbleiben».

dsc_7297Auch für den TCS wichtig
André Aschwanden von Schweiz Tourismus verweist auf Anfrage (s. auch S. 4) darauf, dass auch diese Touristen die Gastronomie und die Ausflugsinfrastruktur in der Schweiz nutzten und deshalb «durchaus wertvoll für die Tourismus-Wirtschaft sind». Diesen Wert der Transit-Touristen mit Wohnwagen und Reisemobilen erkannte ebenfalls der Touring Club Schweiz (TCS). So sieht man laut Oliver Grützner, Leiter TCS-Camping, «Stellplätze als komplementär zu Campingplätzen».
So gibt es auf den TCS-Campingplätzen das «Stop & Go»-Angebot. Laut Produktbeschrieb will man damit Reisende, die etwa vom Norden in den Süden fahren und «kurzfristig einen sicheren, angenehmen und gut ausgestatteten Übernachtungsplatz in der Schweiz suchen», ansprechen. Der Preis von 25 Franken (exkl. Taxen) gilt für eine Nacht, Anreise nach 18 Uhr und Abreise vor 9 Uhr, und beinhaltet für zwei Personen den Stellplatz inklusive Strom und WLAN. Eine Vor­reservation dieses auf allen TCS-Campingplätzen geltenden Angebots ist nicht möglich.

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Ein positives Beispiel
Wem nun auch dieses TCS-Angebot noch immer zu wenig spontan ist, der steuert vielleicht einen der zumeist privat angebotenen Stellplätze an, die sich etwa auf dem Online-Portal «stellplatz.info» finden. Ein beliebter Schweizer Reisemobilstellplatz ist im Weiler Brunnen in der Gemeinde Dürrenroth BE. Betrieben wird der Platz mit Raum für insgesamt fünf Fahrzeuge von Brigitte und Peter Bracher. Und zieht man die Nutzerbewertungen auf dem Portal heran, ist dieser Platz «Blueberry Hill», der Name rührt von Brachers Heidelbeerplantage her, bei den Reisenden sehr gefragt.

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Dies erstaunt nicht, denn zum einen ist der Platz schon fast idyllisch gelegen, zum anderen gibt es mit Stromanschluss, Frischwasserversorgung sowie Entsorgungsmöglichkeiten für Grauwasser und Toiletteninhalt ein komplettes Angebot. Nur eine Toilette hat der Platz in der ländlichen Hügellandschaft keine, dafür kostet er laut Online-Portal auch nur 8.50 Euro. Gemäss Peter Bracher wird der Platz gut frequentiert und das so eingenommene Geld sei «ein schöner Zustupf zu den Erträgen aus dem Hofladen». Abgesehen von seltenen Ausnahmen, dass auf dem Bauernhof die Privatsphäre der Brachers nicht respektiert wurde, machte man in den sieben Jahren «fast ausnahmslos nur gute Erfahrungen». «Wir sind selbst Wohnmobilisten und stellten auf unseren Reisen durch ganz Europa fest, dass solche Plätze in der Schweiz ein grosses Bedürfnis sind», erklärt Peter Bracher. Ob sein Beispiel Schule machen wird?

 

Web-Links zur Online-Stellplatz-Suche und zum Stellplatz «Blueberry Hill»:
www.stellplatz.info
www.campercontact.com
www.top-platz.de
www.stellplatz.ch
www.bracher-spezialitaeten.ch

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