MIT GIURA ZUM ERFOLG

Bereits zum zweiten Mal entwickeln Studenten der Berner Fachhochschule in Biel einen Rennwagen, um damit in der «Formula Student»-Rennserie gegen Teams aus der ganzen Welt anzutreten.

Giuria ist eine Weiterentwicklung des vorjährigen "Berna".
Giuria ist eine Weiterentwicklung des vorjährigen „Berna“.

Giura. So heisst der neue Rennwagen von Bern Formula Student. «Mit dem Namen wollen wir den Bezug zur Schweiz wahren. Und mit der rätoromanischen Bezeichnung für den Kanton Jura zeigen wir die Vielseitigkeit des Landes», erklärt Rico Alpiger, Verantwortlicher für Finanzen und Sponsoring, anlässlich der Design-Präsentation im März. Eine Vielseitigkeit, die sich auch im Team widerspiegelt. Als einzige Hochschule in der Schweiz, die ein Ingenieur-Studium mit Schwerpunkt Automobiltechnik anbietet, zieht es Studenten aus der ganzen Schweiz ans «Tech» nach Biel – und somit auch ins Rennteam von Bern Formula Student.

Der zweite Streich

Es ist erst die zweite Saison, bei der die Ingenieure aus Biel, mit Unterstützung aus Neuenburg und Burgdorf, an dem internationalen Wettkampf SAE Formula Student Electric (siehe Kasten) mit dabei sind. Und während das Fahrzeug im vergangenen Jahr, das ganz pragmatisch «Berna» hiess, sozusagen ein Prototyp war, der in einem Jahr aus dem Nichts erdacht, konstruiert und aufgebaut wurde, will man dieses Jahr vieles besser machen.

Auf den ersten Blick fallen dann aber doch die Gemeinsamkeiten von «Giura» mit seinem Vorgänger ins Auge und nicht die Unterschiede. Gitterrohrrahmen, zwei Elektromotoren und eine grosse Lithium-Ionen-Batterie.

Evolution statt Revolution

Im Detail gibt es aber doch deutliche Veränderungen. Optimieren war die Devise, und zwar so viel wie möglich. Im Gegensatz zum Gros der Konkurrenten setzt man denn auch nicht auf die Entwicklung eines Karbon-Monocoques, sondern investierte den Aufwand in eine Verbesserung des Gitterrohrrahmens, der für ein optimales Packaging ausgelegt wurde und nicht mehr, wie im Vorjahr, aus Baustahl, sondern neu aus deutlich leichterem Chrom-Molybdän besteht. Dadurch konnte das Gewicht des Chassis mit einem Schritt um über 40 % verringert werden.

Fahrwerksseitig setzt man weiterhin auf die bewährte Doppelquerlenker-Konstruktion mit Push-Rods und bloss 200 g leichten, verstellbaren Dämpfern aus dem Fahrradbereich, geliefert von DT Swiss aus Biel.

Der kompakte Aufbau von Motor und Getriebe. © BFS
Der kompakte Aufbau von Motor und Getriebe.
© BFS

Auch der Antriebsstrang baut auf den Erkenntnissen auf, die man mit «Berna» gesammelt hat. So kommen weiterhin zwei Hightech-Motoren von AMK zum Einsatz, von denen jeder der beiden 35 kW liefert bei einer Masse von 3,2 kg. Mit einer Leistungsdichte von über 10 kW/kg ist man damit am oberen Ende der Skala und übertrifft sogar die Elektromotoren, die McLaren für die Formula e zur Verfügung stellt.

Und bei Ausdauerrennen ganz wichtig: Die Motoren können auch Energie rekuperieren und so bei jedem Bremsvorgang den Ladezustand wieder ein wenig aufbessern.

Schwachpunkte eliminieren

Nachdem sich im letzten Jahr die Getriebe als Knackpunkt des Fahrzeuges erwiesen hatten, legt man auf deren Entwicklung in Biel natürlich besonderes Augenmerk. Die unzuverlässigen Kettengetriebe werden ersetzt durch neue Stirnradgetriebe, die in Zusammenarbeit mit Maschinenbau-Studenten aus Burgdorf BE entwickelt wurden und die nun bis zu 420 Nm übertragen können.

Als Energiespeicher für den kleinen Power-Boliden dient eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 6,2 kWh und 600 V Spannung. Das Reglement stellt höchste Sicherheitsanforderungen an die Konstruktion der Batterie, was die Truppe aus Biel 2015 mit voller Härte zu spüren bekam. So wurde ihnen schliesslich die Teilnahme an dem Rennen in Italien verwehrt wegen eines Fehlers beim Aufbau des Batteriepakets. Auch überwacht ein selbst entwickeltes Batteriemanagement konstant Spannung und Temperatur der einzelnen Zellen, um im Notfall das ganze Fahrzeug stillzulegen und den Fahrer nicht dem Risiko eines Akku-Brandes auszusetzen.

Computerbilder lassen darauf schliessen, wie das Fahrzeug dereinst aussehen wird. © BFS
Computerbilder lassen darauf schliessen, wie das Fahrzeug dereinst aussehen wird.
© BFS

Vollgas

Noch drei intensive Monate stehen dem Team bevor, während deren wohl der eine oder andere Student mit wenig Schlaf wird auskommen müssen. Aber schliesslich soll alles bereit sein zum nächsten grossen Termin – dem Rollout am 16. Juli in Lignières NE, wenn «Giura» erstmals den Sponsoren und Fans präsentiert wird. Und ab dann ist der Zeitplan eng. Vom 20. bis 25. Juli folgt das erste Rennen in Varano (I) und von dort geht es direkt weiter nach Ungarn.

Nachdem man in der letzten Saison unter dem Motto «Dabei sein ist alles» Erfahrungen sammeln konnte, will man dieses Jahr entsprechende Resultate sehen.

Hightlights aus der Formula Student 2015

 


Formula Student
1981 von der Society of Automotive Engineers SAE in Amerika ins Leben gerufen, ist die Formula Student gleichermassen Autorennen wie Ingenieurswettbewerb für Studenten. Erst 1998 fand der Anlass den Weg nach Europa. Neben den Verbrennern gibt es seit 2007 auch eine Kategorie für Elektrofahrzeuge, die noch einmal ganz neue Anforderungen an die Entwickler stellt.

Mit mehreren Tausend Studenten, die Jahr für Jahr neue Fahrzeuge für den Formula-Student-Wettbewerb entwerfen und bauen, ist der Anlass mehr als bloss Spass. Schon längst hat die Industrie das Potenzial erkannt und nutzt die Veranstaltungen intensiv als Plattform, um motivierte angehende Ingenieure zu finden.


 

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